Herzklinik erneut in der Kritik
Die Kreuzlinger Herzklinik ist wieder einmal Diskussionsgegenstand. Derzeit, weil die Staatsanwaltschaft gegen drei Mitglieder der Klinikleitung ermittelt hat und das Bezirksgericht Kreuzlingen (1. Instanz) voraussichtlich im Mai zu den Vorwürfen verhandeln wird. Dazu haben Thurgauer Kantonsräte einen parlamentarischen Vorstoß eingereicht, was im Gegenzug den Konstanzer „Südkurier“ veranlasste, den Klinikchefs beizustehen.
[the_ad id=’68671′]
Die Vorwürfe gegen die Herzklinik sind nicht neu: Die Klinikchefs, darunter auch der Eigentümer und zwei Geschäftsführer, hatten eine Gesellschaft gegründet, über die sie Herzklappen einkauften. Und weil sie die natürlich nicht für sich persönlich brauchten, verkauften sie sie der Kreuzlinger Herzklinik.
Nach Meinung der Staatsanwaltschaft taten sie das zu überhöhten Preisen und sollen sich dadurch bereichert haben. Die Anklage lautet auf Betrug in Millionenhöhe und ungetreue Geschäftsführung. Laut Regierung umfassen die Ermittlungen inzwischen 40 Ordner mit 32 000 „wesentlichen Aktenstücken“. Einig war man sich natürlich darin, dass bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung zu gelten habe.
Mehrere Thurgauer Kantonsräte (Parlamentarier) aus den Fraktionen der Grünen, der SP, der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) und der CVP wollten dazu Auskunft von der Kantonsregierung, wobei sie etwas provokativ fragten, ob da eine „staatlich geduldete Millionen-Bereicherung“ stattgefunden habe. Schließlich hatte die Regierung immer wieder beteuert, die Herzklinik erfülle ihren Auftrag innerhalb des Thurgauer Gesundheitswesens einwandfrei.
Dabei blieb die Regierung auch dieses Mal – sie räumte aber ein, dass wohl Unterlagen „nie angekommen seien“, die der bekannteste Schweizer Herzchirurg Thierry Carrel 2005 dem Kanton übergeben haben will. Bis vor Kurzem stritt das Gesundheitsdepartement kategorisch ab, dass Carrel solche Unterlagen überhaupt geschickt habe.
Im Grossen Rat (Kantonsparlament) gingen die Meinungen darüber auseinander, ob die Kantonsregierung sich zu wenig um die Vorwürfe gekümmert habe, oder ob der parlamentarische Vorstoß überflüssig sei. Die Interpellanten und weitere Kantonsräte sprachen davon, die Klinik bzw. deren Chefs seien „protegiert“ worden und forderten eine vertiefte Abklärung, vor allem, weil die Herzklinik derzeit in Münsterlingen für 50 Millionen Franken einen Neubau (neben dem Kantonsspital) erstellt. Andere dagegen erklärten, sie seien dieser Diskussionen „überdrüssig“ und unterstellten den Interpellanten „Unbelehrbarkeit“. Außerdem sei deren Vorgehen geradezu geschäftsschädigend.
Und nun eilt auch noch Philipp Zieger, Journalist des „Südkurier“, der Herzklinik zur Hilfe: Die Kantonsräte, schrieb er kürzlich, würden ignorieren, dass die Vorwürfe von Seiten der Staatsanwaltschaft längst entkräftet worden seien und schienen „schon zu wissen, dass sich die Geschäftsführung in einer weiteren Sache schuldig gemacht habe“. Merkwürdig: Die Thurgauer Staatsanwaltschaft hat ermittelt und das Gericht hat gegenüber der „Thurgauer Zeitung“ erklärt, die Verhandlung finde voraussichtlich im Mai statt. Offenbar, anders kann man das nicht verstehen, ist eben doch noch nicht alles „entkräftet“. Vergessen hat Zieger wohl auch, dass es Aufgabe eines Parlamentes ist, darauf zu achten, dass Steuergelder entsprechend der gesetzlichen Vorgaben verwendet werden. Denn in der Schweiz berappen die Kantone rund die Hälfte der Kosten für stationäre Krankenhausbehandlungen aus Steuermitteln, die andere Hälfte übernehmen die Krankenkassen.
Lieselotte Schiesser