Bühnenkunst aus Kurdistan in der Werkstatt
Zu einem nicht alltäglichen Gastspiel lädt das Theater Konstanz am 30. Januar in die Werkstatt ein. Kurdische SchauspielerInnen und TänzerInnen aus der Stadt Erbil im Irak werden an diesem Abend in der Inselgasse auf der Bühne stehen. Ihre Performance thematisiert die Folgen von staatlicher Gewalt und Krieg, mit denen die KurdInnen tagtäglich zu kämpfen haben. An die Aufführung schließt sich ein kurdischer Abend an, bei dem traditionelle Speisen gereicht werden.
Nicht nur in der Türkei sind Kurdinnen und Kurden mit systematischer staatlicher Diskriminierung und Verfolgung konfrontiert. Auch die Regierungen anderer Staaten drangsalieren Angehörige der Minderheit mit übler Regelmäßigkeit. Im Irak etwa versuchten die Machthaber lange, Forderungen nach mehr Autonomie mit blutiger Gewalt zu ersticken. Immer wieder kam es dabei in den vergangenen Jahrzehnten zu regelrechten Pogromen. So im Jahr 1988, als die irakische Luftwaffe Halabdscha angriff, eine hauptsächlich von KurdInnen bewohnte Stadt im Nordosten des Iraks. Bei dem Giftgasangriff starben, unterschiedlichen Schätzungen zufolge, zwischen 3200 und 5000 Menschen. Das vom damaligen Machthaber Saddam Hussein angeordnete Massaker war Teil zahlreicher Vergeltungsmaßnahmen gegen die Autonomiebestrebungen der kurdischen Bevölkerung.
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An diese Geschehnisse knüpft das Stück der kurdischen KünstlerInnen an. Seine Handlung fasst eine Mitteilung des Theaters zusammen:
Bei einem der Angriffe 1988 hat eine alte Frau ihren Ehemann, ihren Sohn und zwei Brüder verloren. Die Hoffnung auf ihre Rückkehr hat sie jedoch nicht verloren, und so bereitet sie ihnen jeden Tag ihr Essen zu und ihren Schlafplatz vor. Die Frau begegnet zwei Witwen, deren Ehemänner zu Opfern späterer Kriege wurden. Für Frauen ist ein Leben und Überleben ohne Männer in der orientalisch geprägten Gesellschaft äußerst schwierig. Die beiden Witwen spielen sogar mit dem Gedanken, ihre Körper zu verkaufen. Doch die alte Frau will sie daran hindern.
Das Stück steht dem herrschenden Regime in der irakischen Region Kurdistan (auf dem Papier mit Autonomiestatus ausgestattet, de-facto aber Spielball wechselnder Großmachtinteressen, jüg.) kritisch gegenüber und prangert an, dass die Regierung zu wenig für die Familien der Opfer unternimmt und sich auch von den Traditionen abwendet. Traditionen, die die Berge als engsten Freund ansehen, Traditionen der Menschen, die die freie Luft der Berge atmeten.
MM/jüg
Wann? Donnerstag, 30. 1., 20:00 Uhr. Wo? Werkstatt, Inselgasse 2-6, 78462 Konstanz.
Tickets? Hotline 07531 9002150; Ticketshop; E-Mail theaterkasse@konstanz.de.
Oje, ich wäre gerne gekommen!
Das ist doch absolut entsetzlich und geschmacklos, wenn diese Künstler keine Visa erhalten. Aufgrund von Behördenwillkür?
Das tut mir wirklich leid!
Guten Abend,
Wir haben den ganzen Tag versucht, mit dem Generalkonsulat Kontakt aufzunehmen. Wir haben telefoniert, gemailt, auch mit Ishan, der in Deutschland die Reise koordiniert.Das Generalkonsulat hat die Visa verweigert. Auch das Auswärtige Amt in Berlin, das unser Theater seit Jahren unterstützt, ob in Israel, Irak oder Afrika schien machtlos. Es ist unendlich traurig. Wir haben zwei Tage vorher das Gleiche erlebt mit einer Schauspielerin aus Cuba, die hier am 16.2. singen wollte und öfter bei uns war: keine Chance. Müde und verzweifelt.
Das Theater Konstanz musste die Veranstaltung heute (28.1.) leider absagen. Offenbar wurden den kurdischen Kunstschaffenden die Visa verweigert. Wir bemühen uns um weitere Informationen und werden gegebenenfalls berichten. Sehr bedauerlich. jüg