Dieter Meiers Rinderfarm

Im Oktober des vergangenen Jahres ist Jeremias Heppeler nach Buenos Aires geflogen und hat dort mit dem Thurgauer Rapper DAIF und der Autorin Jessica Jurassica aus dem Appenzell den experimentellen Dokumentarfilm „Dieter Meiers Rinderfarm“ gedreht, der Ende Januar seine Premiere feiert und unter anderem in Frauenfeld, Konstanz und Tuttlingen zu sehen sein wird. Es geht um Politik, um Tourismus, um Kolonialismus und um die Frage, was Kunst noch wert ist, wenn drumherum alles zu brennen beginnt.

Argentinien, Ende Oktober 2019. Ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Die Inflation ist allgegenwärtig. Während es in Chile zu massiven Ausschreitungen kommt, setzen die Argentinier all ihre Hoffnungen auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen.

Mitten in diese Zeit fällt das Atelierstipendium des Schweizer Rapper DAIF, der sich während seines sechs Monate langen Aufenthalts in Buenos Aires zusehends moralischen Fragen ausgesetzt sieht: Darf ich als hyperprivilegierter, mitteleuropäischer Künstler hier überhaupt Kunst machen? Ist das moralisch fragwürdig? Oder ist es sogar meine Pflicht?

Ein Filmkollektiv

Gemeinsam mit der Schweizer Literatin Jessica Jurassica und dem deutschen Filmemacher Jeremias Heppeler geht DAIF auf Spuren- und Antworten-Suche. Der Film zeigt Interviews mit Argentiniern, gibt Einblicke in Wahl-Büros, Proteste und auch die ausgelassenen Feiern nach dem Sieg der Peronisten. Trotzdem bleiben die drei Akteure, die den Film im Kollektiv umgesetzt haben, zunächst ratlos und irritiert ob der eigenen Rolle im fremden Land. Da tut sich ein neuer Subtext auf: Der Schweizer Künstler und Popstar Dieter Meier, Sänger von Yello, der in Argentinien riesige Rinderfarmen und Weingüter betreibt und unzählige Arbeitsplätze geschaffen hat. Das Filmteam versucht Meier, den Multimillionär, zu kontaktieren. Als alle Stricke reißen und sich die Fäden zusehends im Sand verlaufen, entscheidet sich das Trio zu einem finalen Schritt: Der Gründung einer politpoetischen Punkband.

Ein anderer Film

„Dieter Meiers Rinderfarm“ ist ein radikales Dokumentarfilm-Experiment, das zunächst den Anschein einer wilden, postpostmodernen Reisecollage erweckt, sich aber zusehends zu einer politisch aufgeladenen Reflektion entwickelt. Jessica Jurassica beschreibt das Projekt so: „unser lowbudget projekt wurde ende oktober während zwei wochen in argentinien gedreht, drehbuch gab es keins, nur eine grobes konzept. die meisten entscheidungen wurden organisch im kollektiv getroffen, also mit einem anti-hierrarchischem, anarchistischem ansatz des zusammenarbeitens. stilistisch wie formal ist das ganze ziemlich wild und eklektisch, was jeremias heppeler, daif und mir als kunstschaffenden entspricht. wir arbeiten alle interdisziplinär, breit gestreut irgendwo zwischen rap, spoken word, musik, noise, medienkunst, social media, film, coding, literatur, performance und journalismus.“

Das deutsch-schweizerische Projekt arbeitet sich durch zahlreiche Verfremdungen am Medium Film ab und sucht den gezielten, genreübergreifenden Dialog in Richtung Literatur und Musik. Die Aufführung wird mit einem kurzen Konzert der im Film gegründeten Band verknüpft.

MM/red (Fotos: Jeremias Heppeler)


Den Trailer sehen Sie hier.

Die Termine:
31.01.2020, 20.00 Uhr | Frauenfeld (CH) | Cinema Luna
04.02.2020, 20.45 Uhr | Konstanz | Zebra
06.02.2020, 20.00 Uhr | Tuttlingen | Scala

Über seinen Aufenthalt in Buenos Aires hat Jeremias Heppeler auch einen Artikel verfasst, den Sie hier lesen können.