Luigi Pantisano tritt an: David gegen Goliath

Luigi Pantisano hat gestern seinen Hut in den Ring geworfen: Er wird als unabhängiger Kandidat bei der OB-Wahl am 5. Juli gegen Amtsinhaber Uli Burchardt antreten. Pantisano ist seit seinen Jahren als Quartiersmanager im Berchengebiet in Konstanz politisch gut vernetzt und als Mitglied des Stuttgarter Gemeinderates ein erfahrener Kommunalpolitiker. Er hat ein rot-grünes Profil und will um Unterstützung aus diesem Lager werben. Wer ist der Mann? Was will er? Hier ein erster Überblick.

Dass Luigi Pantisano als Kind auf Rosen gebettet gewesen wären, lässt sich nicht behaupten. Der heutige OB-Kandidat wurde 1979 in Waiblingen geboren und zog als Fünfjähriger mit seinen Eltern und seinen drei Brüdern nach Süditalien. Als die Familie zwei Jahre später wegen der trostlosen Verhältnisse in Kalabrien nach Deutschland zurückkehrte, fand er sich unvermittelt ohne Deutschkenntnisse in der zweiten Schulklasse wieder.

Er hat sich dann aber durchgebissen und auf dem zweiten Bildungsweg die Ochsentour von der Hauptschule über die Realschule bis zur Fachhochschulreife absolviert. Bei seinem Studium der Architektur und Stadtplanung in Stuttgart und Tokio erkannte er schnell den Zusammenhang zwischen seinen Fachgebieten und den sozialen Verhältnissen in einer Stadt: In einem Vortrag erläuterte er vor einigen Jahren sehr anschaulich, wie etwa die Freiraumplanung in Wohngebieten darüber entscheidet, ob und wie Menschen sich begegnen, und dass eine schlecht geplante Straße für mobilitätseingeschränkte Menschen zur Vereinsamung führen kann, weil sie sie nicht zu überqueren wagen. Für ihn ist Stadtplanung zugleich Sozialpolitik.

Noch heute ist Pantisano sichtlich stolz auf seine Konstanzer Zeit als Quartiersmanager Berchen-Öhmdwiesen. Er war an der Gründung des Vereins „Miteinander in Konstanz“ beteiligt, der bis heute im Quartierszentrum wirkt, hat an der HTWG in Konstanz Städtebau unterrichtet und sich ehrenamtlich im Zebra-Kino engagiert.

Autofreie Innenstadt

Neben der sozialen Komponente ist er sich auch der Bedeutung der Stadtentwicklung für Ökologie und Lebensqualität bewusst, wie er gestern bei seiner ersten Pressekonferenz betonte: „Ich möchte für Menschen, die gerne zu Fuß gehen, mit dem Rad einkaufen sowie mit Bus und Seehas zur Arbeit fahren, ein lebenswertes Konstanz gestalten. Eine autofreie Innenstadt ist endlich nötig, um die Altstadt vom hohen Verkehrsaufkommen zu entlasten.“ Luigi Pantisano glaubt, dafür auch den stets skeptischen Einzelhandel gewinnen zu können, der teils immer noch von Kunden träumt, die direkt vor der Ladentür parken.

Nach Pantisanos Angaben gibt es vielmehr zahlreiche Beispiele dafür, dass Fußgängerzonen und fahrradfreundliche Innenstadtbereiche sogar die Umsätze gesteigert hätten, er nannte etwa Kopenhagen und die Königstraße in Stuttgart, wo zu Anfang auch Zeter und Mordio geschrien wurde. Doch auch für die KonstanzerInnen ist es wohl kaum mehr vorstellbar, dass die Marktstätte noch bis in die achtziger Jahre hinein nicht etwa Lebensraum, sondern einfach nur ein großer Parkplatz voller Autos und Busse war.

Soziale Kommunalpolitik

Luigi Pantisano schwebt für Konstanz ein gemeinsam mit BürgerInnen und Fachleuten entwickeltes Leitbild 2030 vor. Darin spielt das Wohnen eine ebenso wichtige Rolle wie das Versprechen, Konstanz bis 2030 klimaneutral zu machen.

„Studierende, junge Familien und alteingesessene Konstanzerinnen und Konstanzer sind seit Jahren gezwungen, unsere Stadt zu verlassen, weil sie sich die hohen Mieten nicht mehr leisten können. Als Oberbürgermeister werde ich keine städtischen Grundstücke und Immobilien mehr an Investoren verkaufen und mich stattdessen dafür einsetzen, dass diese nur gemeinnützig in Erbpacht vergeben werden.“ Ausnahmen soll es nur für die Wobak und genossenschaftliches Bauen geben. Pantisano schloss ausdrücklich aus, in einem Fall wie dem des Siemens-Geländes zugunsten privater Investoren auf das städtische Vorkaufsrecht zu verzichten, und will im Laufe der Zeit mehr Grundstücke zurückkaufen, um so den städtischen Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu stärken und die Mieten in Konstanz wieder auf ein sozial verträgliches Maß zurückzubringen. In diesem Zusammenhang verwies er auf erfolgreiche Modelle etwa in der Schweiz und Österreich.

Gegen rechts

Keinen Zweifel gibt es an Pantisanos Haltung gegenüber sozialer Ungerechtigkeit und Ausgrenzung. Er plädiert für eine solidarische Stadt, in der Rassismus keine Chance hat. Dafür nimmt er nach seinen Angaben auch Morddrohungen gegen sich und seine Familie in Kauf. Aus seiner Lebensgeschichte und seinen beruflichen und politischen Erfahrungen heraus will er Menschen mit Migrationsgeschichte unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ein lebenswertes Dasein in Konstanz ermöglichen.

Ein weiterer Schwerpunkt gilt der Linderung der Armut, auf deren Ursachen die Kommunalpolitik nur sehr begrenzt Einfluss nehmen kann. Er kennt nicht erst aus seiner Zeit im Berchengebiet die Probleme armer Menschen aus eigener Anschauung und fordert deshalb eine kostenlose Kinderbetreuung, Stadtteilzentren mit einer effektiven Gemeinwesenarbeit und für alle bezahlbare Eintrittspreise etwa für die Schwimmbäder.

Unabhängiger Kandidat

Pantisano tritt nicht als Kandidat einer Partei, sondern als unabhängiger Kandidat an. Das heißt, dass er sich für den Wahlkampf Verbündete suchen muss, die ihn unterstützen. Darüber will er mit der Freien Grünen Liste (FGL), dem Jungen Forum Konstanz (JFK) und der SPD ebenso wie mit der Linken Liste (LLK) sprechen. Wobei Pantisano bei letzterer offene Türen einrennen dürfte, ist aus deren Reihen doch seit längerem zu hören, er sei ihr Wunschkandidat. Pantisano jedenfalls hofft angesichts seines politischen Profils und seiner kommunalpolitischen Arbeit für ein sozial-ökologisches Bündnis (SÖS) im Stuttgarter Gemeinderat auf Hilfe aus dem rot-grünen Lager. Außerdem hat sich ein BürgerInnen-Bündnis zu seiner Unterstützung gebildet. Die Kosten für den Wahlkampf will er aus Spenden aufbringen, was sicher nicht ganz einfach werden dürfte, denn nach seinen Angaben kostet eine Minimallösung 20.000 Euro, ideal wären aber 50.000 Euro.

Man darf davon ausgehen, dass sich das bürgerliche Lager für die Wahl ziemlich geschlossen hinter Uli Burchardt und gegen den Linken Pantisano stellen wird, falls nicht noch überraschend KandidatInnen auftauchen, die Burchardt Konkurrenz machen können. Es ist auch anzunehmen, dass man in diesen Kreisen 50.000 Euro nur ziemlich müde als Peanuts belächelt. Mit ein bisschen Glück könnte es also ein spannender Lagerwahlkampf der Goliaths gegen den David werden.

O. Pugliese (Text & Bild)


Luigi Pantisanos Website finden Sie hier.

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