Stadt: Handlungsprogramm Radverkehr wirkt
Naturgemäß gibt es Wahrnehmungsunterschiede zwischen den PlanerInnen, die die städtischen Radverkehrsanlagen pflegen und erweitern sollen, und den RadfahrerInnen, die sie benutzen müssen. Während Autos auf breiten Prachtboulevards nur so dahinrauschen, sehen sich RadfahrerInnen auf handtuchbreite, löcherige, scherbenübersäte Treidelpfade direkt am Rand einer Kloake verwiesen. Wie aber sehen die MacherInnen ihr Werk? Hier ein Überblick der Stadt zum Stand des Handlungsprogramms Radverkehr.
Mit dem Handlungsprogramm Radverkehr baut die Stadt Konstanz die Infrastruktur für Radfahrende kontinuierlich aus. Der städtische Radverkehrsbeauftragte Gregor Gaffga stellte jetzt die umgesetzten Maßnahmen der vergangenen anderthalb Jahre vor.
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Weitere Verbesserungen geplant
Neue Regeln hat die Stadt in der Petershauser Fahrradstraße getestet. Der Abschnitt der Jahnstraße zwischen Moltkestraße und Steinstraße wurde als Einbahnstraße mit Freigabe des Radverkehrs in Gegenrichtung ausgewiesen. Hier soll nun eine dauerhafte Lösung gefunden werden.
In der Wollmatinger Straße, Höhe Taborweg, wurde der Radfahrstreifen verbreitert und in der Goebelbeckerstraße an der Ampel zur Wollmatinger Straße ein Aufstellstreifen für Radfahrende markiert. Am Homberg sowie an den Radwegen Wollmatingen-Litzelstetten und Dettingen-Langenrain wurde der Fahrbahnrand weiß markiert, um die Orientierung im Dunkeln zu verbessern. Am Homberg wurde zusätzlich der Belag saniert.
Rad- und Fußweg eröffnet
Ende April 2019 wurde der neue Rad- und Fußweg Konstanz-Tägerwilen eröffnet. Der an vielen Stellen unbefestigte und nur knapp 1,00 Meter breite alte Rad- und Fußweg wurde im Rahmen einer geförderten Baumaßnahme (Schweizer Bund, Kanton Thurgau, Gemeinde Tägerwilen, Stadt Konstanz) auf durchgehend 3,50 Meter ausgebaut. Im Bereich der Grenze wurde auf deutscher Seite der Anschluss an die Gottlieber Straße neu hergestellt.
Weitere Verbesserungen gab es in der Heinrich-von-Tettingen-Straße, am Fischmarkt, am Neuwerk sowie in der Seestraße. Im Herosépark wurde eine neue Beschilderung (Gehweg, Rad frei) angebracht und durch die Markierung „Bitte Rücksicht“ zur vorsichtigen Fahrweise aufgerufen.
Neue Radabstellplätze
Seit September 2018 hat die Stadt rund 370 neue Radstellplätze geschaffen, allein 196 am Ellenrieder Gymnasium, 60 am Döbele und 50 am Schänzle.
Ebenfalls 2018 ist der neue Fahrradstadtplan mit vielen wichtigen Infos unter anderem zum Radwegenetz der Stadt, Fahrradabstellanlagen, Verleihstationen, Werkstätten, Regelungen zur Fahrradmitnahme in Bus, Bahn und Schiff und wichtigen Kontaktadressen erschienen.
Geplante Maßnahmen
Weitere Verbesserungen sind in Planung. Dazu zählen für das Jahr 2020 Radschutzstreifen in der Radolfzeller Straße, Tempo 30 in mehreren Straßen (u.a. Kindlebildstraße, Max-Stromeyer-Straße, Sonnenbühlstraße), der Neubau des Geh-/Radwegs im Weiherhof-Areal sowie die Markierung der Radschutzstreifen in der Fürstenberstraße nach Abschluss der dortigen Sanierungsarbeiten.
Zu den mittelfristig vorgesehenen Maßnahmen zählen Tempo-30-Zonen in der Eichhorn- und Schwaketenstraße, die Einrichtung einer Radstraße in der Schützenstraße, Radabstellanlagen am Haltepunkt Petershausen oder der geplante Radweg Dingelsdorf-Dettingen.
Arbeitskreis Radverkehr
Der Arbeitskreis Radverkehr tagt fünfmal jährlich. In seiner Sitzung am 30. Januar 2020 hat er über Maßnahmen zur Beseitigung einer Gefahrenstelle in der Langenrainer Straße sowie über die Erweiterung der Fahrradabstellanlagen am Haltepunkt Petershausen beraten. Außerdem hat er mit Norbert Wannenmacher (für Ciclo) ein weiteres Mitglied in den Arbeitskreis aufgenommen und sich für die Buslinie 6 ausgesprochen.
Stadt Konstanz/red (Bild: O. Pugliese)
Den Fahrradstadtplan gibt es übrigens zum kostenlosen Download hier (nach unten scrollen). Gedruckt kostet er 3 Euro und ist im Baupunkt, Obere Laube 24, 3. Etage erhältlich.
Was mich ärgert, dass bei allen respektablen Änderungen und Verbesserungen im Radverkehr der Weg über die Rheinbrücke bis in die Innenstadt am Hafen und zurück, der sehr stark frequentiert wird, immer noch als gelungene Fußgänger – und Radverbindung angesehen wird. Meiner Ansicht nach ist diese Verbindung vollkommen ungenügend und gefährlich und muss total anders geplant werden!
Rheinbrücke
—Der einzige Radweg über die Rheinbrücke mit direktem Gegenverkehr ist zu schmal. Er entspricht in beiden Richtungen nicht einmal der unteren Norm für die Breite von Radwegen.
—Die Auf- und Abfahrten zum Radweg auf der Rheinbrücke sind teilweise unübersichtlich und daher gefährlich. Ebenso wie die bei bestimmten Lichtverhältnissen dunklen Unterführungen mit Kreuzungen von Rad- und Fußverkehr.
Konzilstraße
Der gesamte Fuß- und Radweg in der Konzilstraße mit eng angelegtem Gegenverkehr birgt viele irritierende Gefahrenzonen bei dem Miteinander von Fußgängern und Radfahrern:
—An der Ampelanlage am Übergang zum Inselhotel (mit oft willkürlicher automatischer Ampelschaltung, die nicht auf die geschlossenen Schranken achtet) werden vor allen Dingen Fußgänger gefährdet und behindert. Wenn sie die Konzilstraße bei grün über die Ampel zum Inselhotel oder in Gegenrichtung queren wollen, fährt der Radverkehr -von beiden Richtungen kommend- auf dem Radweg vor ihnen vorbei. Sie müssen diesen Radverkehr queren, um die Konzilstraße bei grünem Licht überqueren zu können. Dabei haben die stadtauswärts fahrenden Radfahrer -im Gegensatz zu den stadteinwärts fahrenden Radfahrern (!)- hier keine Ampel mit Rotlicht, um den Fußgängern den Vorrang zu garantieren. Eine ganz besonders irritierende Spezialität.
— Fußgänger müssen sich vor dem Turm der altkatholischen Kirche auf engstem Raum vorbei bewegen. Eine sehr unübersichtliche Stelle, wo streng genommen nur eine Person passieren kann.
—Bei der Bushaltestelle „Theater“ behindern sich Radfahrer und aussteigende Busgäste gegenseitig. Radfahrer müssen auf den Fußgängerweg ausweichen oder absteigen.
—Beim Ausgang der Zollernstraße in Richtung Konzil befindet sich eine Ampelanlage mit dem einzigen geschützten Übergang zum Seeufer. Hier ballt sich der Rad- und Fußverkehr sehr unübersichtlich auf kleinem Raum: Ein Radweg begleitet den Fußgängerüberweg. Da Radler und Fußgänger aus verschiedenen Richtungen ankommen und kreuzen, gibt es dort oft ein großes Durcheinander.
Vorschlag:
Der gesamte Radweg über die Brücke und die Konzilstraße bis in die Innenstadt soll auf die Autospur verlegt werden. Fußgänger bekommen auf dem ehemaligen Radweg mehr ungefährlichen Bewegungsraum.
Begründung:
Der Kraftfahrzeugverkehr wird sich auf diese Weise naturgemäß verlangsamen und verringern. Zum Schutz und zur Gleichstellung von Fußgängern und Radfahrern.
Eine wahre Philosophin hat in den sozialen Medien einen umwerfenden Kommentar zu diesem Artikel geschrieben, der uns zu denken Anlass gab:
»Das Schild ist diskriminierend … Wenn es in einer anderen Sprache als in der Landessprache geschrieben ist, müsste es in jeder anderen Sprache geschrieben sein, um die anderen Völker nicht zu diskriminieren.«
Ja! Das ist wahre Gleichberechtigung. Und wir in der Redaktion hatten uns schon ganz andere Sorgen gemacht: Das abgebildete Fahrrad ist ein Herrenrad und damit frauendiskriminierend. Das Schild ist ein optisches Signal und damit blindendiskriminierend. Das Schild zeigt auch Text, und das stellt eine massive Diskriminierung von Analphabeten dar.
Am Ende haben wir dann entschieden: Wir machen weiterhin seemoz, auch wenn das eine klare Diskriminierung all jener ist, die nicht seemoz machen …