Waffenwerbung: Stadtwerke reagieren

Nach mehreren Protesten aus der Bevölkerung, die von der Linken Liste aufgegriffen wurden, haben die Konstanzer Stadtwerke die Werbung mit „Flintenoma“, wie sie in der Bildzeitung genannt wurde, entfernt. Hier geht es zur Pressemitteilung der Stadtwerke. Doch damit ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende erzählt, meint unser Kommentator.

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Die Pressemitteilung

Die Werbung auf der Heckfläche eines Busses wurde entfernt.

Wir haben die Werbeflächen auf den Bussen bekanntlich an Schwarz Außenwerbung (SAW) vermietet. SAW nutzt und vermarktet die Werbeflächen in Eigenregie. Vertragsgemäß darf auf den Bussen u. a. keine Werbung platziert werden, die gegen geltende Gesetze oder die guten Sitten verstößt. Insbesondere darf keine Werbung für Tabak und Alkohol angebracht werden. Ferner ist die Beklebung der Fensterfläche mit sog. Windows-Folie stark eingeschränkt, sodass für Fahrgäste keine Sichtbehinderungen entstehen. Wir werden den aktuellen Fall nunmehr zum Anlass nehmen, gegebenenfalls weitere erforderliche Einschränkungen vorzunehmen.

Es stellt sich hierbei die praktische Frage: Welchem Unternehmen erlaubt man Werbung und welchem nicht? Eine Beurteilung birgt das Risiko, in Beliebigkeit abzudriften, was den Ausschluss bestimmter Branchen und/oder Produkte von Werbeflächen anbelangt. Das möchten wir vermeiden. Es ist nicht einfach, objektive Kriterien anzuwenden, da auch individuelle Einstellungen zu bestimmten Themen sowie individuelle Werte eine Rolle dabei spielen, ob Werbung als positiv, neutral oder negativ empfunden wird. Es gilt daher, dieses Thema mit hoher Sensibilität zu regeln.

Dies würde natürlich auch für viele von uns nicht beeinflussbare Werbemöglichkeiten in der Stadt ebenso gelten, wie bspw. Reklame an Bushaltestellen oder auch in diversen Medien.

SAW legt bislang einen Entwurf hinsichtlich Inhalt, Form und Farbgebung zur Genehmigung vor. Die inhaltliche Genehmigung bezieht sich nach gemeinsamen Verständnis von SWK und SAW lediglich auf die vertraglich vereinbarten Inhalte und auf die Gestaltung der Werbung. Eine Genehmigung des werblichen Inhaltes ist durch uns bisher nicht vorgenommen worden. Wir prüfen die anzubringende Werbung hinsichtlich technischer Belange, die Einfluss auf das Fahrzeug und die Fahrzeugsicherheit haben. Hier behalten wir uns vor, Entwürfe zurückzuweisen und auf die Gestaltung Einfluss zu nehmen. Stets aber nur im Hinblick auf technische Auswirkungen.

Wir werden nunmehr mit SAW darüber verhandeln, wie o. g. Inhalte künftig gestaltet werden können.

Stadtwerke Konstanz


Der Kommentar

Am Thema vorbei

Vor allem in den (a)sozialen Medien wurde die Waffenwerbung auf einem städtischen Bus heiß und kontrovers diskutiert. Auffällig: Männer finden nichts Verwerfliches daran, wenn eine flintenbewehrte Seniorin mit der Knarre in der Hand zur Selbstbewaffnung auffordert. Frauen hingegen können damit rein gar nichts anfangen und lehnen diese martialische Werbung fast ausnahmslos ab. Was sagt uns das? Herbert Grönemeyer sang schon vor rund 35 Jahren: „Männer führen Kriege/ Männer sind schon als Baby laut/ Männer rauchen Pfeife/ Männer sind furchtbar schlau/ Männer bauen Raketen/ Männer machen alles ganz genau/ Wann ist ein Mann ein Mann?“

Wenn nun die Stadtwerke in ihrer Pressemitteilung erklären, man wolle auch in Zukunft keine inhaltliche Prüfung der jeweiligen Werbung vornehmen und achte nur auf deren „technische Auswirkungen“, dann ist das ziemlich erbärmlich. Angesichts dieses laxen Umgangs kam es dazu, dass Ende 2019 auf städtischen Bussen für Billigflüge geworben wurde, obwohl die Stadt mehrere Monate zuvor den Klimanosttand ausgerufen hatte. Das klingt schon sehr nach organisierter Heuchelei.

Fragen muss man sich aber vor allen Dingen: Macht es weiterhin Sinn, die Werbung auf städtischen Flächen der Firma Schwarz zu überlassen? Zur Erinnerung: Schwarz Außenwerbung plakatierte vor rund drei Jahren großflächig für den rechtlastigen Kopp Verlag und warb ebenso umfangreich auch für die AfD. Wie ist das in Einklang zu bringen mit der vom Gemeinderat einstimmig verabschiedeten Resolution unter anderem gegen Rassismus und Fremdenhass. Schon vergessen, werte GemeinderätInnen?

Doch damit nicht genug. Bei Schwarz Außenwerbung ist laut Auskunft mehrerer Mitarbeiter auch noch Dominik Böhler beschäftigt. Böhler ist einer der führenden Köpfe der rechtsextremen Hipster-Gruppe „Identitäre Bewegung“ (IB), die hier vor Ort für mehrere fremdenfeindliche Aktionen und Hetze übelster Art verantwortlich zeichnet, und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Schon vor einem Jahr erklärte Firmenchef Christian Schwarz auf seemoz-Anfrage, davon habe er keinerlei Kenntnis und es sei auch nicht seine Aufgabe, sich um den politischen Background seiner Mitarbeiter zu kümmern.

Das sollte er aber schleunigst tun, zumindest bei dieser heiklen Personalie.

H. Reile