Über Heizpilze, Persönlichkeitsrechte und Arbeitsplätze
Die Wut der Gemeinderäte war riesengroß, aber nach zwei Stunden auch schon wieder verflogen: Der Takeda-Schock über 710 Arbeitsplatzverluste und ausbleibende Steuermillionen hielt den Konstanzer Gemeinderat nicht davon ab, weitere Ausgaben rund um die Konzilfeierlichkeiten zu beschließen. Obwohl: Immer mehr Räte warnen vor hirnspinstigen Plänen und übertriebenen Ausgaben. Allen voran neuerdings OB Horst Frank.
Der Takeda-Schock
Das hat Seltenheitswert: Sogar aus FDP-Reihen gab es in der gestrigen Gemeinderatssitzung im Konstanzer Ratssaal harsche Worte der Kapitalismus-Kritik. Einhellig wurde die Takeda-Politik der menschenverachtenden Proftitorientierung gegeißelt, aber selbstkritisch auch die Ohnmacht der Politiker eingestanden. Eine von der Verwaltung vorgelegte Resolution wurde sogar noch verschärft: Nun ist von Forderungen an den japanischen Pharmakonzern die Rede, den gefeuerten Beschäftigten zu helfen – ein verbesserter Sozialplan und eine Transfergesellschaft werden gefordert. In der Diskussion wurde von allen Fraktionen die Unterstützung des Betriebsrates bekräftigt und zur Teilnahme an der Protestkundgebung am 24.1. aufgerufen.
Aber allein Vera Hemm von der Linken Liste Konstanz forderte als Konsequenz dieses Kahlschlags politische Änderungen in der städtischen Wirtschaftsförderung. Mehr Kleinbetriebe, mehr genossenschaftlich organisierte Betriebe sollten gefördert werden, um sich aus der Abhängigkeit von Konzernen zu befreien.
Erstaunlich die Mahnung von OB Frank, angesichts der verschärften Haushaltslage bei Investitionen zukünftig „die wirtschaftlichste Investition der schönsten vorzuziehen“. Einmütiges Kopfnicken im Gemeinderat. Aber zwei Stunden später war solche Einsicht schon wieder vergessen.
Das Konzilumfeld soll schöner werden
Da ging es nämlich um die Verschönerung des Konzilvorplatzes. Diese „Eingangspforte zur Stadt“ soll nach Vorstellung der Verwaltung rechtzeitig zu den Konzilfeierlichkeiten aufgehübscht werden – 90 000 Euro für die Planung, mindestens 400 000 Euro für die Realisierung sind veranschlagt. Und obwohl OB Frank eine Verschlankung des Architekten-Wettbewerbs und damit eine Kostenreduzierung vorschlug, stimmten 25 von 40 Stadträten für den kostenträchtigeren Vorschlag, 25 Architekten-Büros zu einem Wettbewerb einzuladen. Auch andere Einsparungsmöglichkeiten, von Holger Reile (LLK) vorgebracht, wurden ignoriert: Nach seiner Vorstellung könnte auf ein Mittelalterdorf-Spektakel auf dem Münsterplatz verzichtet werden und statt eines kostenaufwändigen Nachbaus eines Lädine-Seglers sollte man einfach die Lädine aus Immenstaad anmieten. Vor allem kritisierte er, dass trotz mehrfachen Anmahnungen noch immer kein Finanzplan vorgelegt wurde.
Wundern muss man sich allerdings über einen Debattenbeitrag des Altvorderen der SPD-Fraktion, Jürgen Leipold. Der warnte allen Ernstes davor, die durch den Takeda-Crash verursachte Steuerflaute als „Totschlagargument in zukünftigen Haushaltsdebatten“ zu nutzen. Da war der Takeda-Schock schon Vergangenheit.
Die Livestream-Debatte
Sollen Gemeinderatssitzungen per Internet übertragen werden? Ja, meinen die meisten Stadträte und verweisen auf ihre Verpflichtung, als gewählte Mandatsträger auch als „Personen öffentlichen Interesses“ präsent zu sein. Allein die CDU-Fraktion stellt Persönlichkeitsrechte über Informationsrechte und lehnt darum einen Livestream ab. Dummerweise teilt der Datenschutzbeauftragte des Landes solche Bedenken – und die Diskussion endet richtig konstanzerisch: Nichts entscheiden, auf Rechtsgutachten warten, das nächste Mal darüber sprechen.
Ach ja, die Heizpilze
Engagiert wurde auch über Heizpilze vor Gaststätten diskutiert. Und die werden in der gesamten Stadt aus Umweltschutzgründen verboten – nach einer Übergangszeit von zwei Jahren. Man will den erfolgsverwöhnten Gastwirten ja nicht zu nahe treten…
Autor: hpk
Bigotte Politik,
da regt man sich über Arbeitsplatzvcerluste in der „freien“ Wirtschaft auf und zeigt mit dem ausgetreckten Finger auf den Spliiter im Auge des anderen, während man selber in der jüngsten Vergangenheit einige hochqualitfizierte und geschätzte städtische Mitarbeiter von unqualifizierten Leitern und Leiterinnnen so einfach rausgeworfen hat. Die Kosten dafür übernimmt der Bürger.
Also erstmal die eigenen Hausaufgaben erledigen, bevor man den Moralapostel spielt, ist dann doch etwas zu einfach bei allem Mitgefühl für die betroffenen Arbeiter, die ihren Arbeitsplatz aufgrung „globaler“ Motive verlieren. Einfluss nehmen kann die Stadtpolitik auf faire und gerechte Arbeitsbedingungen und – verhältnis auf lokaler Ebene. Genau das hat sie zuletzt weder gesichert, beherrscht oder gewollt.
Armselige Heuchler und HeuchlerInnen!
Kein Wunder ziehen die ersten Führungsleute ab nach Freiburg! Ich würde es keinen Tag in diesem Mief aushalten, auch wenn er grüngefärbt ist!