Mahnmal für Martin Katschker

Bei vielen KonstanzerInnen und auch Kommunal­politikerInnen kam es nicht gut an, dass Ober­bürgermeister Burchardt für den unlängst verstorbenen ehemaligen Stadtrat Walter Eyermann eine ehrende Traueranzeige im Südkurier in Auftrag gab. Denn der NPD-Mann Eyermann war der geistige Brandstifter für den Mord an Martin Katschker vor rund 50 Jahren. Daran sollte erinnert werden, und zwar sichtbar, meint unser Kommentator.

Ältere KonstanzerInnen erinnern sich noch sehr genau an den August 1970. „Es herrschte eine Art von Pogromstimmung in Konstanz“, erzählte mir kürzlich ein in Ehren ergrauter Konstanzer Althippie, der damals gerne mit anderen Jugendlichen durch die Stadt zog. Junge Leute, oft unpolitisch, denen aber die damaligen gesellschaftlichen Normen und muffigen Verhaltensmuster in der größten Stadt am Bodensee reichlich zuwider waren. Absolut feindselig sei die Stimmung gewesen gegenüber diesen „Gammlern mit ihrer Negermusik“, die man am besten umgehend in ein Arbeitslager hätte einliefern wollen. Von „langhaarigen Taugenichtsen“ sei die Rede gewesen, von „asozialen Pennern und Rauschgiftsüchtigen“. Da gehöre endlich mal richtig aufgeräumt.

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Das fand Walter Eyermann auch und bei einer Bürgerausschußsitzung forderte er, eine Art freiwillige Bürgerwehr einzusetzen, um die Stadt von den Gammlern zu säubern. „Wenn Sie das machen, Herr Eyermann, bin ich einverstanden“, soll der damalige Oberbürgermeister Bruno Helmle gesagt haben. Kurz darauf, am 29. August 1970, wurde der 17jährige Lehrling Martin Katschker am Blätzleplatz von dem Konstanzer Hans Obser erschossen. Ohne Zweifel war es vor allem Eyermann, der mit seinen öffentlichen Hetztiraden zu dieser Tat wesentlich beitrug. Zeitlebens prägte ihn ein geschlossenes nationalsozialistisches Weltbild. Bei der Besetzung des alten Fernmeldegebäudes Ende der siebziger Jahre kam von ihm auch der Vorschlag, dort eine Hundestaffel reinzuschicken, um das Gebäude von den BesetzerInnen zu räumen, die Eyermann offen als „asoziales Gesindel“ bezeichnete.

Das alles kann man auch als Spätgeborener wissen, zu denen auch Oberbürgermeister Burchardt zählt. Eine schnelle Recherche zum Namen Eyermann hätte zur Klärung beigetragen. Bei dieser Personalie wäre es angebracht gewesen, den Gemeinderat, den Burchardt ungefragt mit der ehrenden Todesanzeige für Eyermann quasi in Sippenhaft genommen hatte, vorab um Meinung zu bitten. Das alles wurde unverständlicherweise unterlassen.

Was also nun tun? Mein Vorschlag: Am Ort des Geschehens eine Mahntafel aufzustellen, die auf den Mord an Katschker hinweist und die Hintergründe benennt. Gerade jetzt, wo erneut braune Mörderbanden durchs Land ziehen und Rechtsradikale in unseren Parlamenten sitzen, stünde der Stadt Konstanz diese Erinnerung gut zu Gesicht.

Holger Reile (Foto: Privatarchiv)

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