Mit Scheinbesetzungen gegen Leerstand und Geflüchtetenlager
Den Protest gegen die diskriminierende Behandlung von Geflüchteten und den Wohnungsleerstand verbanden am Wochenende unbekannte AktivistInnen in Konstanz. Zwei von mehreren leerstehenden Objekten in der Kernstadt wurden von der Gruppe mit Transparenten versehen, die auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Wir veröffentlichen eine zeitgleich zu den „Scheinbesetzungen“ verbreitete Erklärung, die unter anderem eine menschenwürdige Asylpolitik sowie Maßnahmen gegen die Wohnungsnot einfordert.
An Europas Außengrenzen werden Geflüchtete in menschenunwürdigen Massenunterkünften zusammengepfercht. Ein Beispiel dafür ist das Sammellager Moria auf Lesbos, in dem zurzeit mindestens 20.000 Menschen ohne Wasser und hygienische Versorgung eingesperrt sind. Gleichzeitig weigern sich die Länder und Kommunen Menschen in Not aufzunehmen. Die 50 aufgenommenen Kinder und Jugendlichen seit Anfang dieses Jahres sind ein schlechter Scherz.
In Konstanz wurde durch den Gemeinderat ein Beschluss erwirkt, der die Stadt zu einem Sicheren Hafen erklärt, was die Aufnahme von Menschen in Seenot bedeuten sollte. Doch der Konstanzer OB Uli Burchardt erklärte dem Landesminister Kretschmann in einem Brief, dass aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes eine Unterbringung nicht möglich sei [1].
Stattdessen werden Geflüchtete auch in Konstanz in überfüllten Sammelunterkünften untergebracht, welche wegen der Corona-Krise sogar eingezäunt wurden [2]. Dieser wurde zwar durch den öffentlichen Protest, allen voran durch die „Seebrücke Konstanz“, wieder abgebaut, allerdings ist schon ein neuer Zaun geplant [3].
Tatsächlich ist der Mietspiegel in Konstanz einer der Höchsten in Deutschland. Viele Menschen ohne Kapital sind daher gezwungen wegzuziehen, horrende Mieten in Kauf zu nehmen oder, im schlimmsten Fall, auf der Straße zu leben. Gleichzeitig stehen in Konstanz mehrere Häuser seit langem leer. Gerade dieser Widerspruch zeigt, dass die kapitalistische Logik nicht auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht und dass Artikel 14 Absatz 2 („Eigentum verpflichtet.“) [4] des Grundgesetzes faktisch nicht gilt.
Daher haben wir uns entschlossen, mit einer Scheinbesetzung auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Wir haben Transparente an der Bodanstraße 34 angebracht, ein Haus, das seit über drei Jahren leer steht. Zudem haben wir mit einem Transparent an der Außenfassade auf den Leerstand in der Brauneggerstraße 25 aufmerksam gemacht.
Wir fordern:
– Die sofortige Evakuierung der Geflüchteten-Lager an Europas Grenzen!
– Eine dezentrale, menschenwürdige Unterbringung aller bereits angekommenen Geflüchteten!
– Bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen!
– Enteignung aller Profiteure des Wohnungsmangels!
Weitere Aktionen werden folgen.
MM/jüg (Fotos: privat)
Anmerkungen
[1] https://archiv.seemoz.de/lokal_regional/ob-burchardt-unterlaeuft-gemeindera…
[2] https://archiv.seemoz.de/lokal_regional/seebruecke-schutz-statt-diskriminie…
[3] https://archiv.seemoz.de/lokal_regional/eilmeldung-landratsamt-will-gefluec…
[4] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html