Hallo Japan – die Alemannen kämpfen noch

Mit diesem Slogan, fast als Kampfruf zu verstehen, schreckte Theater-Intendant Christoph Nix die 2000 Demonstranten auf, die Dienstagnachmittag auf der Konstanzer Marktstätte gegen den Abbau von 710 Arbeitsplätzen bei Nycomed/Takeda protestierten. Damit hob sich Nix von den Appellen der anderen fast dutzend Redner ab, die den Betroffenen kaum mehr als Trost zusprachen. Fragt sich, ob der Nix-Ruf nicht zu spät kommt.

 „Wir geben keine Ruhe mehr. Wir wollen eine Transfergesellschaft und einen verbesserten Sozialplan“ (Betriebsratsvorsitzender Rolf Benz). „Herr Hasegawa aus Osaka hat auf die Briefe der Landesregierung nicht einmal geantwortet“ (Landesjustizminister Rainer Stickelberger). „Über Parteigrenzen hinweg stehen der Kreistag und die Abgeordneten der Region an Ihrer Seite“ (Landrat Frank Hämmerle). „Auch wir haben eine Würde. Und die lassen wir uns von Vertretern der reinen Gewinnoptimierung nicht abkaufen. Wir stehen zusammen“  (Oberbürgermeister Horst Frank). „Das ist schlicht eine Schweinerei, wenn Leistung nicht mehr zählt“ (Rudi Dummel, 80, Alt-Betriebsrat von Byk-Gulden).

Man kannte sie, diese Gemeinplätze, schon von früheren Veranstaltungen, schon von den Demonstrationen vor fünf Jahren, als die selben Beschäftigten demonstrierten und die selben Redner appellierten. Dafür hätte sich die Demonstration durch die Altstadt kaum gelohnt und die zweistündige Kundgebung in klirrender Kälte auf der Marktstätte auch nicht. Wäre da nicht Christoph Nix gewesen.

Der Intendant des Konstanzer Stadttheaters, Juraprofessor mit Clownsausbildung, rüttelte die Demonstranten auf: „Hallo Japan“ morste er die Takeda-Manager an und erinnerte sie daran, dass Takeda ein jahrhundertealtes Samurai-Geschlecht war, das Mitgefühl auf seine Fahnen geschrieben hatte. Und er ermahnte die Betroffenen auf dem Münsterplatz auch an deren Tradition: „Alemannische Angestellte können gegen Samurai kämpfen“. Und, so Nix weiter, „dieser Tiefschlag ist kein Grund, von Utopien Abschied zu nehmen. Ich wollte immer schon eine bessere Gesellschaft. Ich will sie auch heute noch“.

Dazu ein Kommentar: Die Früchte eines frühen Widerstandes

Wäre dieser Kahlschlag an Arbeitsplätzen zu verhindern gewesen? Hätte frühere Gegenwehr etwas bewirken können? Wer weiß…

Sicher ist nur, dass Informationen bis zum Tag der Entscheidung nicht durchsickerten. Zwei Indizien: Noch am Vorabend der Verkündigung des Arbeitsplatzabbaus hüllte sich der Betriebsrat trotz intensiver Nachfragen in Schweigen. Gleichzeitig aber war die Demonstration für den 24.1. schon angemeldet. Wieso? Auch die Stadtverwaltung wusste anscheinend von nichts, setzte aber rechtzeitig einen entsprechenden Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung. Frage also: Wer wusste wann schon was? Und warum wurden solche Informationen offenkundig zurück gehalten?

Was wäre geschehen, wenn im Vorfeld der Entscheidung schon Demonstrationen stattgefunden hätten? Oder Streiks? Oder nur fantasievolle Gegenwehr wie betriebliche Aktionen des Ungehorsams  – verlängerte Mittagspausen zum Beispiel oder plötzliche Betriebsversammlungen oder nur eine Verweigerung von Überstunden? An Betriebsbesetzungen will ich ja gar nicht denken…

Das Beispiel Schlecker zeigt, dass solche imageschädigenden Unbotmäßigkeiten der Beschäftigten – und die Berichterstattung darüber – durchaus Wirkung zeigen können. Die Takeda-Manager, die das Europa-Geschäft erst noch aufbauen wollen, wären womöglich vor einschneidenden Maßnahmen zurück geschreckt, hätten sie Furcht vor derartigen Aktionen gerade in Konstanz haben müssen. Doch solche Aktionen blieben aus – die Furcht der Manager folgerichtig aus. Früchte eines frühen, eines rechtzeitigen Widerstandes wurden vergeudet.  

Autor: hpk