„Schöne Chérisy“ gibt keine Ruhe

Die Initiative „Schöne Chérisy! Für den Erhalt eines lebenswerten Quartiers“ übt sich in Lobbyarbeit. Rechtzeitig vor der Entscheidung im Konstanzer Gemeinderat zur Zusatzbebauung auf dem Gelände der ehemaligen Chérisy-Kaserne diskutieren Bernadette Meessen und Rudy Haenel, Sprecher der Initiative, ihre Bedenken in den Fraktionen des Gemeinderats. Ihre Furcht: Aus den geplanten Studentenbuden könnten bald schon Eigentumswohnungen werden. Ihre Kritik: Ein Verkehrskonzept fehlt immer noch

Solche Bedenken versucht Roland Jerusalem, Leiter des Amtes für Stadtplanung und Umwelt, schon im Vorfeld zu widerlegen. Auf Anfrage bestätigt der Amtsleiter auf Absprung (voraussichtlich zum Juli wechselt Jerusalem nach Freiburg): „Es geht um einen ‚vorhabenbezogenen Bebaungsplan‘, in dem studentisches Wohnen vorgeschrieben ist. Wir haben juristisch prüfen lassen, dass diese Vorschrift wasserdicht ist“. Allerdings verschweigt auch Roland Jerusalem nicht, dass jeder Bebauungsplan auch wieder verändert werden kann, „aber das geht nicht ohne das politische Votum des Gemeinderates“.

Fraglich, ob diese Auskunft die aufmüpfigen Chérisianer befriedigen wird. Denn sie befürchten durch den Bau von zwei Studentenwohnheimen für etwa 240 Studenten mit bis zu acht Geschossen, mind. 1400 qm Gewerbeflächen und mind. 170 Autostellplätzen durch Privatinvestoren eine schlimme Beeinträchtigung ihrer Wohn- und Lebensqualität. Und deutlich formulieren sie ihre Bedenken:

Ein Verkehrskonzept fehlt

„Die Initiative „Schöne Chérisy! Für den Erhalt eines lebenswerten Quartiers“, bestehend aus Bewohner/innen und Vertreter/innen der Sozial-, Studenten-, Senioren- und Behindertenwohnungen und der zahlreichen kulturellen, sozialen und gewerblichen Einrichtungen auf dem Gelände, ist unter den aktuellen Bedingungen gegen dieses Projekt:

  • Die Bewohner und die 39 kulturellen, sozialen und gewerblichen Einrichtungen  wurden  von der Stadt Konstanz und den Investoren nicht frühzeitig in die Planungen einbezogen.
  • Die zwei Gebäude mit bis zu 50 oberirdischen und bis zu 120 unterirdischen Stellplätzen führen zu einer weiteren Verdichtung und Verbauung des Quartiers. Eine ohne Beteiligung der Stadt Konstanz gewachsene, selbst geschaffene und kostenlose „Begegnungszone“ im Eingangsbereich des Geländes wird erheblich beeinträchtigt.
  • Die größte von vier noch verfügbaren Wiesen, ein Bolzplatz, wichtiger Freiraum für Kinder und Jugendliche, wertvoller Baumbestand und die Grünbrücke zwischen Gewann Häspel und Fürstenberg werden vernichtet.
  • Demgegenüber gibt es weniger sensible in Frage kommende bauliche Standorte für zwei Studentenwohnheime, die von der Stadt Konstanz nicht in Erwägung gezogen werden.
  • Es ist keinerlei Verkehrs- und Lärmschutzkonzept für die neue Verkehrssituation und das, trotz Verkehrsberuhigung, bereits mit dem jetzigen Verkehr überlastete Quartier, vorgesehen.“

Und weiter argumentiert die Initiative: „Wenn  Privatinvestoren hier ohne öffentliche Förderung bauen und vermarkten, gibt es keinen Schutz vor Überhöhung des Mietpreises, vor Spekulation, alsbaldigem Leerstand der Gewerbeflächen und alsbaldiger Umwidmung von studentischem Wohnen zu sonstigem Wohnen und Wohnungseigentum. Bereits jetzt gibt es konkrete Hinweise darauf, dass eine spätere Umwidmung Bestandteil der Kalkulationen der Investoren ist.  Diese Kalkulation wird von den Investoren geheim gehalten, bei realistisch geschätzten Grundstücks- und Baukosten von 4,5 Mio € lässt sich jedoch bei alsbaldigem Verkauf zu den derzeitigen Preisen in Konstanz (2.800,00 €/qm) ein Gewinn von 2,5 bis 3 Mio € erzielen. Keiner der beiden Investoren ist dafür bekannt, dass er Studentenwohnheime betreibt, sondern es handelt sich um reine Bauunternehmungen oder Finanzinvestoren, deren einziges Ziel es ist, gewinnbringend das gesamte Objekt oder Wohnungseigentum zu verkaufen.“

Studentenbuden kommen zu spät

Auch den Vorwurf, dringend benötigte Studenten-Wohnungen zu verhindern, kontert die Initiative, wenn sie schreibt, „dass die hier geplanten Studentenwohnheime zu spät kommen für den Doppeljahrgang der Abiturienten 2012 (optimistisches Bauende beider Gebäude laut Investoren: Mitte/Ende 2014). und die Studentenzahlen bis 2015 stabil bleiben und ab 2017 „stark zurückgehen“  sollen (Prognose der Universität Konstanz vom November 2011).“
Wenn dieses Thema in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen auf die Tagesordnung kommt, wird also genügend Streitstoff die Diskussion anheizen. Die Initiative „Schöne Chérisy! Für den Erhalt eines lebenswerten Quartiers“ zumindest wird bis dahin kräftig Überzeugungsarbeit leisten und für lebenswertes Wohnen in ihrem Quartier werben. Und keine Stadträtin, kein Stadtrat wird sagen können, über die Konsequenzen nicht ausreichend informiert gewesen zu sein.

Autor: PM/hpk

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