Harrison: Ministerium lehnt Härtefallantrag ab
Groß war vor rund einem Jahr die Solidarität mit dem Asylsuchenden Harrison Ejike Chukwu, den das Land nach neun Jahren in Konstanz abschieben wollte. Der gebürtige Nigerianer ist in der Stadt bestens integriert und unter anderem ein wichtiger ehrenamtlicher Mitarbeiter im Café Mondial. Nach der behördlichen Rücknahme einer zusammen mit UnterstützerInnen erwirkten Ausbildungsduldung musste Chukwu seine Hoffnung in einen Härtefallantrag beim Innenministerium setzen. Vergeblich, wie jetzt bekannt wurde: In Stuttgart haben die Zuständigen den Daumen gesenkt.
Daniela Winkler und Doris Künzel vom Café Mondial haben deshalb nun einen Brief an alle UnterstützerInnen von Harrison Chukwu geschrieben, der parallel zudem an den Oberbürgermeister, die Ratsfraktionen sowie die Integrations- und den Flüchtlingsbeauftragen der Stadt ging. Wir veröffentlichen ihn im Wortlaut:
[the_ad id=“70230″]
Liebe Freundinnen und Freunde von Harrison Ejike Chukwu,
vor etwa einem Jahr konnten wir die Zusage zur Ausbildungsduldung mit unserem Freund Harrison Chukwu feiern. Leider wurde diese Zusage nur zwei Wochen später von den Behörden wieder zurückgenommen. Uns blieb nur noch die Möglichkeit einen Härtefallantrag beim Innenministerium zu stellen.
Nun waren wir ein 3/4 Jahr zuversichtlich und konnten uns bei all den guten Entwicklungen schon fast nicht mehr vorstellen, dass es soweit kommt: Leider haben wir heute die Ablehnung für unseren Härtefallantrag für Harrison vom 5.8.19, erhalten. Gegen diese Entscheidung sind leider keine Rechtsmittel mehr möglich. Wir sind sehr bestürzt und können nicht begreifen, warum unser gut integrierter Freund Harrison Chukwu nach 10 Jahren in Konstanz, Deutschland wieder verlassen soll und nach Nigeria zurück gehen muss.
Letzten Herbst sind in unserer Stadt hunderte Konstanzer auf die Straße gegangen, um aufgrund der Abschiebung von Luckmann Lavall für den Verbleib von gut integrierten, arbeitenden Geflüchteten zu demonstrieren. Momentan setzen sich überall auf der Welt Menschen gegen Rassismus und für die Gleichheit aller Menschen ein. Trotzdem ist es für Asylsuchende in unserm Land unsagbar schwer ein Bleiberecht zu erwirken, selbst wenn sie sich 10 Jahre lang hier integrieren und berufstätig sind. Unsere ganzen jahrelangen Bemühungen als Ehrenamtliche, Flüchtlinge bei uns zu integrieren, werden nicht gewürdigt. Genauso wenig die Bemühungen der Arbeitgeber, die den Menschen die Möglichkeit geben, in ihren Betrieben Fuß zu fassen.
Harrison arbeitet seit Dezember letzten Jahres (zuvor hatte er keine Arbeitserlaubnis) im Restaurant burro burro und ist dort im Team sehr gut integriert. Dies bestätigt ihm auch sein Arbeitgeber der ihn sehr gerne behalten will. Er wohnt in einer WG, zusammen mit einem deutschen Architekten und engagiert sich weiterhin an seinen freien Tagen beim Café Mondial, kümmert sich um seine Landsleute und hilft auch ihnen sich hier zu integrieren.
Nach all dem positiven Feedback in der Öffentlichkeit durch die Petition, die deutlich gemacht hat wie viele Freunde und Unterstützer Harrison in Konstanz gefunden hat, möchten wir nicht einfach so aufgeben.
Wir hoffen, dass wir weiter auf Euch zählen können. Wir bitten Euch alle sehr dringend, wenn Ihr irgendwelche Kontakte oder Ideen habt, meldet Euch bitte bei uns. Wir informieren Euch, wie es weitergeht!
Im Anhang findet ihr die Ablehnung und noch einmal unseren Härtefallantrag sowie die Petition!
mit sehr enttäuschten Grüßen
Daniela Winkler und Doris Künzel (Cafe Mondial Konstanz e.V.)
MM/jüg (Foto: Luciana Samos)
Mehr zum Thema:
18.07.19 | Harrison bleibt Konstanzer
12.07.19 | Zensur beim Amtsblatt?
28.06.19 | „Harrison ist Konstanzer“
@Dirk Kirsten
Grundsätzlich ist der Hinweis auf die zunehmende Ablehnung von Härtefallersuchen (positive Empfehlungen der HFK durch das Innenministerium) richtig. In diesem Fall liegt die Verantwortung allerdings tatsächlich bei der Kommission, die, wie im Schreiben aufgeführt, kein Härtefallersuchen an das IM gerichtet hat. In den Fällen, in denen das IM einer positiven Empfehlung der HFK nicht gefolgt ist, sind die Ablehnungsschreiben entsprechend anders formuliert. So kann nachvollzogen werden, an welcher Stelle der Antrag abgelehnt wurde. Und in diesem Fall war es eben (leider!) bereits in der Härtefallkommision.
Eine empörende Entscheidung. Aber es liegt nicht an der Härtefallkommission, sondern diese wissen ganz genau, dass selbst wenn diese es gutheißen würde die Entscheidung dann der Innenminister Strobl trifft. Und hatte man früher mehr als 95% Zustimmungen der Innenminister zu den Entscheidungen der Härtefallkommission, so ist dies unter IM Strobl dramatisch eingebrochen.
Und ein Skandal, dass es überhaupt so weit kommt: Warum Harrison nicht regulär einfach eine Aufenthaltserlaubnis erhält ist mir ein Rätsel. Es wird immer von Eigenverantwortung geschweafelt und das man sich nur anstrengen muss und sich integrieren soll. All das hat er gemacht, und es war trotzdem nie möglich. Deutschland hat hier ein strukturelles, latentes Problem, dass in den deutschen Amtsstuben gerne Verantwortungen hin- und hergeschoben werden und es leider viel zu selten im Interesse der Leute steht, den Asylsuchenden zu helfen. Den Rechtsauslegern der AfD wird hier gerne Vorschub geleistet, indem man ihre Positionen einfach vorschnell übernimmt.
Eine Schande, dass dies unter einer grünen Landesregierung passiert.
Es sitzen leider offenbar auch Nazis im Innenministerium.
Solche Entscheidungen sind ein Signal an die mittlerweile rechte Mitte.
Recht, Gesetze, Verordnungen sind angepasst worden oder werden es, siehe neues Polizeigesetz!
Deutsche Politik, auch und besonders die der Grünen, will unser Land nicht nur irgendwie aufrüsten, es geht um atomare Teilhabe, um gezielte Tötung z.B. durch Drohnen. Auch die US-Drohnen werden von Deutschland, Rammstein aus gesteuert.
So werden weitere Geflüchtete „produziert“.
Wir sind mit allen, die unsere Welt als eine sehen, enttäuscht und gleichzeitig empört!
Traurig was hier geschieht. Eine Begründung ist nicht vorgesehen, es gibt keine Rechtsmittel mehr. Solche Entscheidungen sind ein fatales Signal. Welche Hoffnung bleibt, wenn alle Integrationsbemühungen vergeblich sind?
Offenbar ist die Ablehnung der Beitrag der grün-schwarzen Landesregierung zum Thema „Black Lifes Matter“.