Mehr Zeit für Stadelhofen
Der Gemeinderat hat am Donnerstag die Sanierung Stadelhofens in den zuständigen Ausschuss verwiesen. Auch andere Tagesordnungspunkte wurden abgesetzt, so dass die Debatte über Sanierung oder gar Abriss der Lago-Brücke der augenfälligste – und unterhaltsamste – Sitzungspunkt wurde. Hat sich die damalige Stadtverwaltung von den Lago-Betreibern über den Tisch ziehen und eine Schrottbrücke liefern lassen? Darf Konstanz das Ding überhaupt abreißen oder gar sperren und als bröckelnden Garten begrünen?
Der Gemeinderat hat am Donnerstag die Debatte über die Sanierung Stadelhofens an die zuständigen Ausschüsse verwiesen, um mehr Zeit für ausgiebige Beratungen zu haben. Trotzdem soll über die Sanierung recht zeitnah debattiert und entschieden werden, da einige Förderanträge bis zum 1.10. gestellt werden müssen. Es ist abzusehen, dass insbesondere das Thema Verkehr noch intensiv debattiert werden dürfte, und es besteht damit auch weiterhin die Gelegenheit für AnwohnerInnen, sich zu Wort zu melden und ihre Vorstellungen einzubringen.
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Bröckelbrücke
Die grundlegende Sanierung der Lago-Brücke nur anderthalb Jahrzehnte nach ihrer Errichtung droht teuer zu werden, sehr teuer sogar. Deshalb hatte die Linke Liste (LLK) deren Abriss vorgeschlagen, da es ja nur 130 Meter weiter nördlich eine zweite Brücke über die Bahngleise gibt. Die Idee des Abrisses hat natürlich Charme – und wurde im Vorfeld nach Angaben des Oberbürgermeisters auch innerhalb der Verwaltung debattiert. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn erläuterte dem Gemeinderat die Rechtslage, die allerdings äußerst verwickelt ist und sich in etwa so darstellt: Es gibt ein eingetragenes Wegerecht für die KonstanzerInnen durch das Lago-Einkaufszentrum und über die Brücke in Richtung Hafen. Da aber die Deutsche Bahn Planungshoheit über die Gleise und den Luftraum darüber besitzt, musste damals für die Brücke ein separater Vertrag geschlossen werden.
In diesem Vertrag hat sich das Lago verpflichtet, auf seine eigenen Kosten diese barrierefreie Brücke zu planen und zu errichten. Die Stadt ihrerseits hat sich verpflichtet, diese Brücke nach deren Fertigstellung zu unterhalten, zu reparieren, in einem verkehrssicheren Zustand zu halten und dreimal wöchentlich zu reinigen. Die Stadt und der Rat wollten damals wohl unbedingt (so genau weiß das niemand mehr), dass man von der Otto-Raggenbass-Straße ohne nennenswerte Umwege barrierefrei an den See kommt – und das Lago wollte sich mit der Brücke vermutlich der schweizerischen Laufkundschaft andienen. Seit ihrer Fertigstellung ist die Brücke also Sache der Stadt, und das heißt: Brücke bröckelt – Stadt saniert. Und ein Abriss ist wohl aus vertraglichen Gründen nicht ganz einfach, abgesehen mal von den Kosten.
Karl Langensteiner-Schönborn behauptete zudem (ziemlich kühn), dass man nach dieser Sanierung erst einmal auf lange Zeit Ruhe haben werden, denn dieses Mal solle ein dauerhaftes System verwendet werden. Solche Äußerungen gaben natürlich der Vermutung Raum, dass die Lago-Betreiber damals der Stadt eine möglichst billige Schrottbrücke hingestellt haben, um ihren vertraglichen Verpflichtungen irgendwie zu genügen und so der Stadt gekonnt den schwarzen Peter zuzuschieben nach dem Motto: Wer die Musik hören will, soll sie auch bezahlen. Jan Welsch (SPD) stellte die Frage, ob man nicht eine Anpassung dieses Vertrages verlangen könne, weil die Brücke schon so schnell marode geworden sei und außerdem das Hauptinteresse an deren Instandhaltung nicht bei der Stadt, sondern beim Lago liege. Heinrich Fuchs (CDU) bekundete „leichte Schluckbeschwerden“ seiner Fraktion beim Gedanken, Millionen in die Sanierung dieser Brücke zu stecken, wo es wenige Meter weiter eine zweite Brücke gibt. Er wollte deshalb wissen, ob die Stadt denn nicht irgendwie aus diesem Vertrag rauskommen könne.
Kunstwerk Lago-Brücke
Erhebliches Bauchgrimmen bekundete auch Ewald Weisschedel (FWK), denn hier sei seitens der Stadt damals nach dem Motto verfahren worden, „einem geschenkten Gaul schaut man nicht in s Maul“. Er hat aber auch eine Lösung parat, die das Herz jedes Kulturmenschen schneller bumpern lässt: Die Brücke zu sperren und als Kunstwerk stehen zu lassen. Was er nicht erwähnte, ist ein möglicher charmanter Nebeneffekt einer solchen Kunstbrücke: Mit ihr hätte man genug Kunst in diesem Revier und könnte endlich die lächerliche Kunstgrenze wenige Meter weiter abbauen, deren Anblick bei Mensch wie Tier unweigerlich Augenkrebs verursacht.
Holger Reile (LLK) schließlich verwies darauf, dass andere Projekte wie die Sanierung des Bürgersaals oder des Aufzugs im Stadttheater wesentlich wichtiger seien. Er erinnerte an die jüngere Geschichte des Konstanzer Brückenbaus: Die Z-Brücke am Bahnhof Petershausen wurde deutlich teurer als geplant, und die „Seufzerbrücke“ am Bahnhof sei gar doppelt so teuer geworden wie veranschlagt, da niemand vorher gewusst haben wolle, „dass eine Lage am Wasser mit Feuchtigkeit verbunden sein“ könne. Für die Sanierung der Lago-Brücke seien jetzt in der Kostenschätzung unter „Unvorhergesehenes“, nur 2,5% der Gesamtsumme vorgesehen, nach den jüngsten Erfahrungen werde das aber nie und nimmer reichen.
Viel Feind
Freunde hat diese Brücke nicht, zumindest nicht in Verwaltung und Politik, wo ihr viele Akteure nach dem Leben trachten, und selbst Uli Burchardt gab zu Protokoll, dass ihn die ganze Angelegenheit sehr verärgert habe. Aber es sei unbestreitbar, dass die Brücke sanierungsbedürftig sei und dass die Stadt Konstanz vertraglich verpflichtet sei, für diese Sanierung aufzukommen. Am Ende der Debatte sagte er zu, die Vorlage zurückzuziehen und um einen juristischen Teil zu ergänzen, in dem es auch um das Eisenbahnkreuzungsgesetz und ähnliches gehe. Außerdem wolle er die Abrisskosten schätzen lassen, damit man sehe, ob der Rückbau wirklich eine Option sei. Also wird das Thema die KonstanzerInnen wohl noch einige Zeit beschäftigen.
Das erinnert an die Geschichte anderer Konstanzer Brücken: Nachdem die traditionelle Rheinbrücke von der Rheingasse hinüber nach Petershausen 1856 wieder einmal abgebrannt war, wurde 1860 ein Neubau auch für die Eisenbahn eröffnet. Heute ist dieser Neubau die uns allen vertraute „Alte Rheinbrücke“. Mal abwarten, ob die Lago-Brücke lange genug steht, um dereinst als „Alte Schweizerbrücke“ in die Stadtgeschichte einzugehen.
O. Pugliese (Text und Bild)
Mehr zum Thema:
25.06.20 | Lago-Brücke: LLK will Abriss prüfen lassen
14.03.18 | Die Z-Brücke ist (immer noch nicht) fertig
22.06.17 | Z-Brücke: Von Lust und Last des Bauens
Das ist natürlich erstmal nur eine Idee. Ob es machbar ist habe ich keine Ahnung. Ich weiß bspw. nicht wie die Besitzverhältnisse sind (DB-Gelände?) oder ob der Untergrund hier überhaupt geeignet ist.
zu 1. Anlegen verstehe ich nicht ganz was sie meinen. Momentan funktioniert es auf freier Fläche auf dem Döbele ja auch ganz gut. Das Hinkommen wird durch das C-Konzept, von dem ich kein Fan bin, in Zukunft verschlechtert werden. Ich hätte mir eine Einbahnstraßen-Lösung Laube-Bodanstraße-Bahnhofplatz-Konzilstraße-Rheinsteig gewünscht. Dadurch hätte man um die komplette Altstadt eine reine Busstrecke gewinnen können und zusätzlich auf einer Seite der Laube Freifläche (für was auch immer).
In Zukunft wird es wohl so aussehen, dass die Anfahrt durch die Bodanstraße, ohne dedizierte Busspur, weiterhin schwierig sein wird.
zu 2. Braucht er nicht. Aber Abreißen wird nicht möglich sein. Und für zig Millionen renovieren, ohne zusätzlichen Nutzen zu generieren, wäre auch rausgeschmissenes Geld. Mit der Idee die ich hatte könnte man eventuell auch die Betreiber des Lagos mit ins Boot holen, da auch das Lago profitieren würde.
Ich stelle mir ein Gebäude vor wie bspw. der ZOB an der Hackerbrücke in München ( https://de.wikipedia.org/wiki/Zentraler_Omnibusbahnhof_M%C3%BCnchen#/media/Datei:Zentraler_Omnibusbahnhof_M%C3%BCnchen_2014.jpg ). Natürlich nicht in der Größe. Unter dem Gebäude wäre genug Platz für Fernverkehr und die Busse der Stadtwerke. Im ersten Stock wäre Platz für eine Fahrradgarage. Im zweiten Stock wäre der Anschluss an die Brücke und ein Kaffee mit Terrasse und Blick auf den Bodensee. Und es wäre noch genug Platz um auf der gegenüberliegenden Seite die Parkplätze für Reisebusse beizubehalten.
Gegen die Kunstgrenze gibt es bessere Argumente als „lächerlich“ und „Augenkrebs verursacht“, z.B. dass die Figuren so abstrahiert sind, dass man erst die Schilder lesen muss, um zu erfahren, was sie darstellen sollen.
#Florian Enderlin
Da habe ich schon schlimmere Rohkonzepte gehört.
Aber zwei Fragen habe ich gleich:
1. Die Fernverkehrsbusse, wo bitte sollen die anlegen, und wie dahinkommen?
2. Braucht ein wie auch immer gearteter neuer Verkehrsknotenpunkt 2 Fußgängerbrücken, und warum?
Ich hätte eine dritte Idee, was man mit der Brücke machen könnte. Wie wäre es sie als Verbindung zu einen Verkehrsknotenpunkt umzubauen?
Unsere Klimapioniere in Verwaltung und Gemeinderat arbeiten derzeit daran einen innerstädtischen Knotenpunkt nachhaltig zu verhindern. So soll der Fernbusverkehr aus der Stadt verbannt und am Brückenkopf Nord neu eingerichtet werden. Wie wäre es stattdessen endlich mal das Gelände um Klein Venedig herum zu entwickeln.
So könnten die bereits vorhandenen Busplätze am Parkplatz Hafenstrasse ausgebaut werden. Dadurch wäre es möglich hier einen Verkehrsknotenpunkt zu schaffen. Die Brücke würde in ein neues Gebäude münden, welches beispielsweiße ein Fahrradparkhaus beinhaltet. Damit hätte man fußläufig Fernbus, Zug, Hafen/Kat, Fahrrad und Auto (Parkhaus Lago) miteinander verbunden.
Die Nähe zur Grenze und zum See hin wäre ebenfalls von Vorteil. Weiter gedacht könnte man endlich die Brachfläche auf Klein Venedig als Park, Naherholungsfläche und Veranstaltungsort aufwerten. Niemand braucht eine Festzelt auf einem Kiesplatz direkt am Seeufer, gleichzeitig wären Kulturveranstaltungen genauso möglich wie der Hamburger Fischmarkt, Street Food Festivals, o.ä.. Und es schließt sich endlich die Lücke für den Fuß- und Fahrradverkehr nach Kreuzlingen. Ich ärgere mich jedesmal wenn ich in den Kreuzlinger Park gehe, wie hässlich die hier anschließende Konstanzer Seite ist.
Gerne darf dann auch Herr Burchardt seine Seilbahn hier enden lassen.
Warum dieser vergiftete Seitenhieb auf unsere Kunstgrenze, Herr Pugliese?
Unsere ansonsten nur spärlich kunstsinnige Universitätstadt erscheint in diesem, Ihrem Licht geradezu armselig.
Da bekanntlich der Betrachter die Kunst macht (Duchamp), empfehle ich Ihnen den Besuch einer der wunderbaren Führungen entlang der Kunstgrenze – https://hier-in-mir.de/tarot-grenze_2020-06/ – das wird auch Ihren Augen guttun.