Kohleausstiegsgesetz: „Unsere Zukunft wird beerdigt“
Der Bundestag stimmt heute über das Kohleausstiegsgesetz ab. Das von KlimaschützerInnen heftig kritisierte Regierungsvorhaben hatte in Konstanz bereits tags zuvor die lokale Fridays-for-Future-Gruppe auf den Plan gerufen. Vor dem Büro des CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung begruben jugendliche AktivistInnen symbolisch ihre Zukunft unter einem Haufen Kohle.
Der Grund für das demonstrative Kohleschaufeln: Das Gesetz würde das Aus für den klimazerstörenden Abbau hierzulande auf das Jahr 2038 vertagen. Dabei machen die Energieerzeuger heute oft schon nur wegen massiver staatlicher Subventionen noch profitable Geschäfte mit der Kohleverstromung. Eine von uns redaktionell überarbeitete FfF-Medienmitteilung liefert weitere Informationen:
Wer am Donnerstag in Konstanz an der Hofhalde 12 vorbei kam, dem bot sich ein ungewöhnliches Bild. Junge Menschen errichteten ein provisorisches Grab und begruben einen Sarg, der mit dem Wort „Zukunft“ beschriftet war, mit Kohle. Auf dem Grabstein stand als Todesdatum der 03.07.2020 und als Todesursache „das Kohleausstiegsgesetz“. Damit möchten sie vor den „tödlichen“ Konsequenzen bei einer Verabschiedung des Gesetzes warnen.
Das Gesetz soll regeln, wie und wann Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigt. Den darin vorgesehenen Ausstiegstermin 2038 kritisieren Klimaschützer*innen und Expert*innen scharf. Denn auf Grund des höheren europäischen CO2 Preises, aber vor allem wegen den hohen Produktionskosten, ist die Braunkohle heutzutage oft schon nicht mehr rentabel. Daher wird der fossile Brennstoff staatlich stark subventioniert. „Würde man diese Subventionen streichen, käme der Kohleausstieg deutlich vor 2038. Daher steigen wir mit dem sogenannten Kohleausstiegsgesetz nicht aus der Kohleverstromung aus, sondern halten diese zukunftszerstörende Technologie unnötig lange am Leben“, erklärt Jared Schiffer von Fridays for Future Konstanz.
Sieben der zehn größten CO2 Emittenten in der EU sind deutsche Kohlekraftwerke. Daher ist der deutsche Kohleausstieg von existenzieller Bedeutung für die Einhaltung der 1,5 Grad Grenze. Allerdings müsste Deutschland, um seinen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimavertrag gerecht zu werden, deutlich vor 2038 aus der Kohle aussteigen.
„Mit dem KohleEINstiegsgesetz wird unsere Zukunft beerdigt.“ empört sich Manuel Oestringer von Fridays for Future. „Wenn der Bundestag dem Kohleausstiegsgesetz morgen zustimmt, ist das ein Todesstoß für unsere Zukunft. Daher begraben wir heute symbolisch unsere Zukunft unter Kohle, diese Bilder sollen den Bundestagsabgeordneten, besonders Andreas Jung aus Konstanz, eine Mahnung sein.“ Die jungen Klimaschützer*innen fordern von ihrem Wahlkreisabgeordneten Andreas Jung und der Wahlkreisbetreuerin der SPD, Rita Schwarzenlühr-Sutter, am Freitag gegen das Gesetz zu stimmen, damit es über die Sommerpause überarbeitet und anschließend ein zukunftstaugliches Kohleausstiegsgesetz verabschiedet werden kann.
Parallel zur Aktion in Konstanz fanden diese Woche bundesweit Protestaktionen von Fridays for Future statt, um die Bundestagsabgeordneten dazu aufzufordern, gegen das Gesetz zu stimmen.
Abgesehen von der Missachtung der Klimaziele kritisiert Fridays for Future auch die formale Umsetzung des Kohleausstiegs. Die konkreten Pläne sollen mit den Kohleunternehmen in sogenannten öffentlich-rechtlichen Verträgen beschlossen werden. Das Problem: Um diese Verträge zu verändern, müssen beide Vertragspartner zustimmen. „Sollte eine zukünftige Bundesregierung einen absolut notwendigen früheren Kohleausstieg beschließen, so müsste sie den Vertrag einseitig aufkündigen und deshalb hohe Summen Steuergelder an die Kohlekonzerne zahlen. Das kann nicht sein und ist absolut undemokratisch“, empört sich die Schülerin Frida. Allerdings blickt sie hoffnungsvoll auf die morgige Abstimmung: „Diesem Gesetz zuzustimmen, und damit die Zerstörung unser Zukunft in Kauf zu nehmen, wäre so unverantwortlich, dass wir optimistisch sind, dass die Bundestagsabgeordneten nach ihrem Gewissen handeln und dagegen stimmen werden.“
MM/red (Fotos: Fridays for Future Konstanz)