Eine Reise zum Spanischen Bürgerkrieg
Einst galt Barcelona als Hochburg des spanischen Anarchismus, heute ist die Stadt eine moderne Metropole, in der noch immer Menschen leben, denen die Geschichte nicht egal ist ¡No pasarán! Sie werden nicht durchkommen, war während des Spanischen Bürgerkrieges die Parole. Aber Sie können wenigstens hinkommen. Denn die WOZ, unser Schweizer Partner, lädt Sie zu einer LeserInnenreise ein – eine Reise zu den Wurzeln des Spanischen Bürgerkrieges.
So viel Begeisterung und so viel Solidarität habe er noch nie erlebt, schrieb der britische Journalist George Orwell, als er Ende 1936 nach Barcelona kam. Die Stadt, die seit der anarchistischen Revolte 1909 den Beinamen «Rosa de foc» (Feuerrose) trägt, war oft Schauplatz sozialer und politischer Auseinandersetzungen gewesen. Aber so was gab es auch in Barcelona noch nie: «Man hatte das Gefühl, plötzlich in einer Ära der Gleichheit und Freiheit aufgetaucht zu sein», notierte Orwell: «Menschliche Wesen versuchten, sich wie menschliche Wesen zu benehmen und nicht wie ein Rädchen in der kapitalistischen Maschine.» Belegschaften hatten ihre Betriebe besetzt, die Revolution war in vollem Gang. Die Begeisterung riss auch den Briten mit. Orwell trat den republikanischen Milizen bei, ging an die Front, um gegen die Faschisten zu kämpfen, und hungerte und fror einen Winter lang in den Schützengräben von Aragonien.
Als er im Frühling 1937 zurückkehrte, fand Orwell ein ganz anderes Barcelona vor: «Eine gewöhnliche Stadt», in der «sich wieder die normale Unterscheidung der Gesellschaft in reich und arm, Ober- und Unterklasse» behauptete. Es wurde immer deutlicher, dass die Kontrolle durch die Arbeiterklasse eine verlorene Sache war», schrieb er in seinen Erinnerungen an den Spanischen Bürgerkrieg («Mein Katalonien»). Die Armut nahm wieder zu, die basisdemokratischen Milizen wurden allmählich durch eine hierarchisch strukturierte Armee ersetzt (deren Offiziere jene Waffen durch die Straßen trugen, die an der Front fehlten), und die kleinbürgerlichen Kommunisten machten zusammen mit rechten Sozialistinnen Jagd auf AnarchistInnen und nichtstalinistische Linke.
Der Dreieckskampf
Dieser tragische Konflikt, der den franquistischen Putschisten nutzte, kulminierte in der Schlacht von Barcelona vor fast genau 75 Jahren: Im Mai 1937 lieferten sich die beiden Lager, die eigentlich die Spanische Republik gegen die Faschisten verteidigen wollten, Feuergefechte, bei denen Hunderte starben. Wie konnte es dazu kommen? Was war in den wenigen Monaten geschehen? Warum bekämpfte die Kommunistische Partei die Revolution, wie Orwell schrieb? Nur auf Stalins Geheiss? Oder gab es bessere Gründe? Gefährdeten die in Spanien traditionell starken AnarchistInnen den antifaschistischen Widerstand gegen Francos Truppen, weil sie weiterhin Fabriken und Grossgrundbesitz vergesellschafteten?
Die Frage, welche Strategien die Linke verfolgen und welche Bündnisse sie eingehen soll, ist noch immer aktuell – wenn auch nicht drängend wie damals nach dem Putsch der GroßgrundbesitzerInnen, der Militärs und der Kirche im Sommer 1936. Deren reaktionäre Konterrevolution, die den Spanischen Bürgerkrieg auslöste, hatte internationale Bedeutung: Die faschistischen Regierungen von Deutschland und Italien unterstützten die Franquisten mit Waffen und Truppen, während sich alle anderen Staaten (mit Ausnahme von Mexiko und der Sowjetunion) scheinbar neutral verhielten, aber nicht neutral waren.
Somnio Hostels: Einfaches Hostel, im Zentrum Barcelonas, Doppelzimmer mit Frühstück: Doppelzimmer, Reise mit Zug: Fr. 1707.00; Doppelzimmmer, ohne Zugreise: Fr. 1420.00
Hotel Paral.lel: Nettes Zweisterne-Hotel, zentral gelegen, mit Bad/Dusche und mit Frühstück. Doppelzimmer, Reise mit Zug: Fr. 1842.00; Doppelzimmer, ohne Zugreise: Fr. 1555.00. Einzelzimmer, Reise mit Zug: Fr. 2172.00, Einzelzimmer, ohne Zugreise: Fr. 1885.00
Individuelle Wünsche wie Aufenthaltsverlängerungen, andere An- und Abreisezeiten, andere Transportmittel usw. können nicht über die WOZ organisiert werden.
Gerne nehmen wir Ihre Reservation sobald wie möglich, spätestens aber bis 12. März 2012 entgegen: unterwegs@woz.ch oder Telefon 0041 (0)44 448 14 83. Weitere Informationen und Links finden Sie auf der WOZ-Website http://www.woz.ch/unterwegs/
Der republikanische Widerstand wäre also auf sich allein gestellt gewesen, wenn er nicht die Unterstützung von Zehntausenden Freiwilligen aus der europäischen Arbeiterbewegung gehabt hätte: zumeist einfache Lohnabhängige, die sich den Internationalen Brigaden oder anderen Verbänden anschlossen. Eine so breit aufgestellte Solidarität hat es seither nicht mehr gegeben. Was trieb die Freiwilligen um, welche Erfahrungen machten sie, wie reagierten die Regierungen ihrer Heimatländer – beispielsweise auch die der Schweiz?
Annäherungen vor Ort
Der Bürgerkrieg endete 1939 mit dem Sieg des Generalísimo Francisco Franco, doch der Konflikt war damit nicht beendet. Während der langen Jahre seiner Diktatur (bis 1975) tötete das Regime rund 200 000 Menschen: Sie wurden verschleppt, hingerichtet oder starben unter der Folter. Doch nicht alle ließen sich in den 36 Jahren von Francos Herrschaft entmutigen: Vor allem im Baskenland und in Katalonien regte sich Widerstand. Aber wie sah der aus? Welchen Spielraum gab es?
Heute gilt Spanien als demokratischer Staat. Aber es ist ein Staat, der noch immer Mühe mit der Aufarbeitung der Geschichte hat. Denn schon kurz nach Ende der Franco-Diktatur (deren Fortsetzung kein demokratischer Aufstand, sondern eher die baskische Untergrundorganisation Eta mit ihrem Attentat auf den designierten Franco-Nachfolger Luis Carrero Blanco verhinderte) trat 1977 eine Generalamnestie in Kraft, die heute noch gilt. Diesen Schlussstrich unter die Aufklärung der faschistischen Verbrechen soll der Richter Baltasar Garzón mit seinen Ermittlungen gegen Altfranquisten missachtet haben, weshalb ihm der Prozess gemacht wird. Wie steht es um die Aufarbeitung der Geschichte? Was sagen die Angehörigen der Opfer? Wie versuchen sie, die Erinnerung an die Schrecken der Diktatur aufrecht zu erhalten – nun, da in Madrid wieder die franquistische Nachfolgepartei Partido Popular regiert?
Mit all diesen Fragen (und noch ein paar mehr) wollen wir uns auf der WOZ-LeserInnen-Reise beschäftigen, die im April 2012 nach Barcelona führt. Wir sehen die alten Stätten, hören Historiker, treffen ZeitzeugInnen, sprechen mit Experten wie dem WOZ-Mitarbeiter Ralph Hug, der häufig auch auf seemoz zu lesen ist, wandern auf Flüchtlingspfaden und werden vom Team des erfahrenen lokalen Stadtführungsveranstalters Cultruta.com begleitet. Kommen Sie mit!
4. Tag: Frühmorgens: Fahrt nach Corbera d’Ebre, 1938 Schauplatz der Schlacht am Fluss Ebro. Besuch des 115-Tage-Museums, das den Geschehnissen an der Front gewidmet ist. Mittags: Rundgang durch den alten Ortskern von Corbera d’Ebre, der durch Bombardierungen komplett zerstört wurde und jetzt ein Kulturdenkmal ist. Nachmittags: Besichtigung der ehemaligen Front und Besuch eines kleinen Museums, das an die Internationalen Brigaden erinnert. Abends Rückfahrt nach Barcelona.
5. Tag: Morgens: Gespräch mit Josep Prats und anderen TeilnehmerInnen des Spanischen Bürgerkriegs. Mittags berichtet WOZ-Mitarbeiter und Buchautor Ralph Hug über die Schweizer Spanienfreiwilligen. Der Nachmittag steht zur freien Verfügung.
6. Tag: Frühmorgens: Fahrt zur französischen Grenze. Nach Ankunft mehrstündige Wanderung auf Gebirgswegen, über die am Ende des Bürgerkriegs 1939 Hunderttausende flüchteten. Mittagessen in Portbou, danach ein kleiner Exkurs zu Walter Benjamin, der hier 1940 starb. Nachmittags: Besuch des Museums für die Erinnerung an das Exil in La Jonquera. Anschliessend kurze Ausführungen über die Rolle Spaniens im Zweiten Weltkrieg und Rückfahrt nach Barcelona.
7. Tag: Morgens: Gespräch mit Mitgliedern der Associació d’Expresos Polítics (Vereinigung von ehemaligen politischen Gefangenen in der Franco-Zeit) über den Widerstand gegen die Franco-Diktatur. Mittags: Diskussion über die Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung der Geschichte (mit Mitgliedern der Organisationen Memorial Democràtic und Associació de Memória Histórica). Der Nachmittag ist frei.
8. Tag: Diskussion über linke Konzepte und neue Bewegungen mit dem Historiker Daniel Cortijo, dem Journalisten Josep Maria Coll und AktivistInnen katalanischer Organisationen und der Indignado-Bewegung 15-M. Mittags endet das Programm.
9. Tag: Zur freien Verfügung.
Alle Gespräche und Debatten werden übersetzt.
Autor: Pit Wuhrer/WOZ