Eine seltsame Koalition verjagt das Päpstlein

Scheuklappen aufgesetzt und durch! Nur so kann die Parole geheißen haben, die letzte Woche den Aufsichtsrat der Tourist Information Konstanz dazu bewogen hat, mit knapper Mehrheit für die Entfernung des Päpstleins zu stimmen. Der Schwank hält sich weiterhin ganz oben in der bundesweiten Peinlichkeitsskala.

Die Vorgeschichte muss hier nicht nochmal ausgebreitet werden, sie wurde auch auf seemoz mehrfach beschrieben. Vielmehr spannend ist, wie die knappe Mehrheit für die selbsternannten Skulpturenstürmer zustande kam. Fünf StadträtInnen hatten Stimmrecht, dazu Oberbürgermeister Horst Frank, zumindest auf dem Papier Mitglied der FGL. Desweiteren noch fünf Stimmberechtigte von Kon Tour, Treffpunkt Konstanz und Wirtekreis, von denen vier pro Päpstlein stimmten. Es waren die politischen Entscheidungsträger, die der Lenk-Figur fast einstimmig ein Bleiberecht verweigerten.

Nur Brigitte Leipold (SPD) ging mit dem Zirkus halbwegs souverän um. Schon im Vorfeld der Abstimmung hatte sie sich öffentlich für den Verbleib des Gnoms im Konstanzer Bahnhof ausgesprochen. Die anderen, Heinrich Fuchs (CDU), Anselm Venedey (FWG), Tatjana Wolf (FDP), Charlotte Dreßen (FGL) und OB Horst Frank (FGL) als Aufsichtsratsvorsitzender plädierten für die Abräumung des steinernen Publikumslieblings.

Bei Frank muss man sich seit seinem KKH-Niederschlag über gar nichs mehr wundern. Aber bei Venedey, für den Lenk „eine künstlerische Null“ ist, tauchen dann doch Fragen auf. Der Betreiber des Wessenbergcafes ist Mitglied bei der kirchenkritischen Giordano-Bruno-Stiftung und dennoch machte er sich zum Steigbügelhalter für all jene, die scheinheilig vorgaben, mit dem Päpstlein würden religiöse Gefühle verletzt. Das alleine hätte Venedey eigentlich dazu bringen müssen, für den Verbleib einzutreten. So aber vollzog er den Schulterschluss mit Figuren, die ihm ansonsten zutiefst zuwider sind. Wer den bigotten Wortbrei des im Volksmund als Münster-Taliban bezeichneten Mathias Trennert-Helwig kurz vor der Abstimmung in der Tagespresse gelesen hat, fühlte sich ins Mittelalter versetzt.

Ähnlich schwer zu verstehen war das Nein zu Lenk von Neu-Stadträtin Charlotte Dreßen (FGL). Nach OB Frank die zweite grüne Stimme, die der Figur an die nichtvorhandene Wäsche ging. Die Mehrzahl von Dreßens Fraktionsmitgliedern hätte der umstrittenen Skulptur übrigens ein Bleiberecht eingeräumt, wie auf Nachfrage zu erfahren war.

Doch seit dem Bürgerentscheid gegen das KKH zieht sich ein ziemlich tiefer Riss durch die stärkste Fraktion im Konstanzer Gemeinderat. Fraktionschef Peter Müller-Neff hat alle Mühe, den Laden einigermaßen zusammen zu halten und nach außen den Eindruck zu vermitteln, bei der FGL herrsche eben eine lebendige Debatten-und Streitkultur.

Öffentlich äußern zu ihrem Abstimmungsverhalten wollte sich Charlotte Dreßen, im Hauptberuf Kulturmanagerin, übrigens nicht. Courage sieht anders aus.

H.Reile