Junge GEW: Land muss was für Schul-Digitalisierung und pädagogischen Nachwuchs tun
Junge LehrerInnen und ReferendarInnen in Südbaden haben sich im Juli zur „Jungen GEW“ zusammengeschlossen. Antrieb für die rund 20 gewerkschaftlich organisierten Nachwuchs-PädagogInnen ist ihre Kritik an der sich verschärfenden Bildungsungerechtigkeit im Land. Überdies werfen sie der Landesregierung Versäumnisse beim digitalen Unterricht vor, mit schwerwiegenden negativen Auswirkungen für SchülerInnen und Lehrpersonal. Gerade BerufseinsteigerInnen treffe es oft besonders hart, heißt es in einer Pressemeldung der Jung-GewerkschafterInnen.
Nicht erst seit Corona klagen LehrerInnen und Eltern über die nur schleppenden Fortschritte bei der digitalen Ausstattung von baden-württembergischen Bildungseinrichtungen. Die der Pandemie geschuldeten Schulschließungen haben das Ausmaß der Versäumnisse nun aber schonungslos offengelegt.
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Im Land mangele es „an grundsätzlichen Voraussetzungen für ein gutes Homeschooling“, beklagt etwa die Junglehrerin Valerie Jakob aus Freiburg. „Die Bedingungen für eine aktive und erfolgreiche Teilhabe an den Fernlernangeboten waren offensichtlich sehr unterschiedlich. Während in einer Familie ein Drucker und mehrere Endgeräte für die Kinder zur Verfügung standen, hatten andere Haushalte nicht einmal einen ruhigen Ort zum Lernen, ganz abgesehen von der technischen Ausstattung oder der elterlichen Befähigung, bei technischen oder inhaltlichen Problemen auszuhelfen.“ Die schon bestehenden Bildungsungerechtigkeiten vertiefen sich für Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Haushalten so weiter. Die Junge GEW fordert vom Land, solchen Entwicklungen entgegenzusteuern und durch eine angemessene materielle und personelle Ausstattung des Bildungswesens die nötigen Rahmenbedingungen für eine gelingende Digitalisierung der Schulen zu schaffen.
Gerade für BerufseinsteigerInnen, berichten die GewerkschafterInnen, seien die zusätzlichen Arbeitsbelastungen in Corona-Zeiten besonders groß gewesen. „Nicht zuletzt aufgrund der andauernden Beurteilung von DienstanfängerInnen ist nicht jede junge Lehrkraft in einer Position, in der sie sich gegen zusätzliche Aufgaben, die von Eltern oder Schulleitungsseite an sie herangetragen werden, zur Wehr setzen kann“, weiß Lehrer Joachim Schweizer aus Lörrach zu berichten. Durch das Homeschooling sei überdies auch die Trennung von Schule und Privatleben zunehmend schwieriger geworden, ist die Erfahrung von Valerie Jakob. Gerade für junge Lehrkräfte, die mitten im Berufseinstieg stecken und womöglich kleine Kinder zuhause haben, stelle das eine enorme Belastung dar.
Für die Jungpädagogin Kim Schuchhardt aus Stockach ist klar: „Wenn wir im nächsten Schuljahr keine größeren Einbußen in Leistung und Gesundheit der Beschäftigten im Bildungswesen riskieren möchten, müssen die EntscheidungsträgerInnen dringend tragfähige Lösungen für die Frage entwickeln, wie Arbeit und Arbeitszeit im Falle einer zweiten Corona Welle organisiert werden kann.“ Die Junge GEW fordert deshalb Konzepte im Bereich des Personalwesens ein, die auch größere Ausfälle von Lehrkräften verkraften. Dabei müsse darauf geachtet werden, gerade junge LehrerInnen, die ohnedies schon mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kämpfen, nicht noch weiter zu benachteiligen.
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Auf besonders harsche Kritik der Bildungs-GewerkschafterInnen stößt vor diesem Hintergrund die Praxis der Landesregierung, jeweils zu Schuljahrende angestellten LehrerInnen und ReferendarInnen zu kündigen, um sie dann zu Beginn des neuen Schuljahrs wiedereinzustellen. Eine Rotstiftmaßnahme, die besonders junges Lehrpersonal hart trifft, weiß Joachim Schweizer: „Wer kann schon zu Beginn seines oder ihres Berufslebens mal eben einen Monat Sommerferien finanziell überbrücken? Dieses Vorgehen empfinde ich als respektlos gegenüber den oft hochmotivierten und leistungsstarken jungen Lehrkräften.“
MM/jüg (Foto: StartupStockPhotos auf Pixabay)
Zum Thema:
“ die Praxis der Landesregierung, jeweils zu Schuljahrende angestellten LehrerInnen und ReferendarInnen zu kündigen, um sie dann zu Beginn des neuen Schuljahrs wiedereinzustellen“
Diese Art des Frühkapitalismus beinhaltet schlicht Methoden, die einem Tönnies gut zu Gesicht stehen, aber nicht einer öffentlichen Einrichtung.
Es ist schlicht bizarr dass egal ob bei der Personalführung oder bei Ausschreibungen/Einkauf: Die öffentliche Hand (Konkret: deren Entscheider) verhält sich schlicht asozial. Da kann man sich auch nicht hinter durch neoliberalis Lobbying eingerichtete Zwänge (z.B. immer das „billigste“ Angebot nehmen zu müssen) verstecken.