Demo gegen ACTA

Heute wird weltweit gegen ACTA demonstriert. Auch in Konstanz. Die Demonstration vor Ort, vornehmlich von Studierenden getragen und vom AStA organisiert, zieht am Samstag, 11.2., um 15 Uhr vom Zähringerplatz los über die Fahrradbrücke durch die Altstadt zur Marktstätte. Die Sorge der Studis um die „Freiheit des Internets“ ist groß, wird aber nicht von allen geteilt.

„Harte Sanktionen im Transit sollen z.B. den Zugang zu kostengünstigen Medikamenten, so genannten Generika, erschweren. Die Leidtragenden werden vor allem Menschen in Entwicklungsländern sein, welche sich die teure Medizin aus den Industriestaaten nicht leisten können.“ erklärt Sandro Philippi vom Konstanzer Aktionsbündnis gegen ACTA und sagt weiter: „Daneben wird durch verschiedene Maßnahmen dieses Abkommens die Freiheit des Internets und damit die Meinungsfreiheit angegriffen. Internetanbieter werden sich durch die neuen Regelungen gezwungen sehen, ihre Nutzer zu überwachen und Inhalte heraus zufiltern.“

ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ist ein multilaterales Handelsabkommen auf völkerrechtlicher Ebene, mit dem die Verhandlungspartner (u.a.: USA, EU, Japan, Kanada, Schweiz, Mexiko) gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen vorgehen wollen.  Befürworter, wie z.B. Autoren, Wissenschaftler und Künstler, aber auch die Industrie, fürchten um ihr geistiges Eigentum – Kritiker um die Persönlichkeitsrechte der Internet-Nutzer.  Das abseits von demokratischen Institutionen erstellte Abkommen muss erst noch von den nationalen Parlamenten gebilligt werden; nach Polen, Tschechien und Lettland hat auch Deutschland die Unterzeichnung aber aufgeschoben. Das Justizministerium hat Bedenken angemeldet.

„Damit werden illegitime, polizeistaatliche Maßnahmen vollzogen, die in die Persönlichkeitsrechte der Internetnutzer eingreifen.“ sagt Patrick Stoll vom selben Bündnis: „So würde zukünftig das Briefgeheimnis im Internet ausgesetzt, Festplatten würden durchsucht, und bestimmte Inhalte würden nicht mehr im Internet aufgenommen.“

„Besonders problematisch ist, dass nun die ohnehin schon überkommenen Eigentumsrechte auf Wissen verschärft angewendet werden sollen, sodass dieses nicht mehr ohne weiteres geteilt werden kann. Bei diesen vagen Formulierungen im Abkommen kann sogar wissenschaftliches Arbeiten kriminalisiert werden.“ empört sich Johanna Heuer, die Sprecherin des Bündnisses, und gibt zu bedenken: „Letztlich wird so nahezu jegliche Form der Datenaneignung und Weitergabe in die Kriminalität abgedrängt. Was vormals als Raum von Fortschritt und Freiheit galt, soll nun zu einem Daten-Gefängnis werden.“

„Die Verhandlungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und demokratischer Institutionen statt. Dieses intransparente Verfahren führte dazu, dass der Berichterstatter im zuständigen Haushaltsausschuss des Europaparlaments, Kader Arif, von seinem Posten zurücktrat.“ stellt Stoll klar und ergänzt: “ Nun sollen die nationalstaatlichen Parlamente über das Abkommen abstimmen, ohne dass ihnen alle notwendigen Informationen zugänglich gemacht werden. Wir fordern, ACTA nicht nur deswegen, sondern grundsätzlich abzulehnen.“

„Es ist interessant, wie sehr sich die bürgerliche Öffentlichkeit über das geplante Abkommen echauffiert. Denn letztlich werden hier kapitalistische Logiken aufs Internet übertragen. Nur zeigt sich bei diesem Übergang noch einmal, was für negative Konsequenzen diese Gesetzmäßigkeiten für die Menschen und die Demokratie haben. Daran haben wir uns in der Welt außerhalb des Internets schon gewöhnt.“ erläutert Emel Özgürlük, IT-Expertin im Bündnis, und fordert abschließend: „Es wird Zeit, einen Schritt weiter zu denken und auch die schon in Gesetzesform gegossenen Verhältnisse außerhalb der virtuellen Welt zu hinterfragen!“

Autor:PM/hpk