Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (13)

Nach der Sommerpause fragen wir wieder alle zwei Wochen freitags nach Persönlichkeiten aus der Geschichte – nach frechen Frauen, couragierten Männern und überhaupt nach Menschen, die sich für eine bessere Welt einsetzten und dabei nicht selten viel riskierten. Manche sind noch heute bekannt, viele andere aber sind in Vergessenheit geraten – wie etwa jene freiheitsbewusste Engländerin, die auch für die andere Hälfte der Menschheit Bildung einforderte.

Die gottlose Frauenrechtlerin

Als sie 1759 unweit von London als zweites von sechs Geschwistern zur Welt kam, standen ihre Chancen nicht gut: Der Vater hatte das reiche Familienerbe durchgebracht, sie galt weder als gute Partie, noch genoss sie eine Ausbildung. Aber sie war intelligent und las gern – die Bibel natürlich, antike Schriftsteller, Shakespeare –, so dass ein Leben als Gesellschafterin oder Gouvernante vorgezeichnet war. Die neugierige Bürgertochter hatte jedoch anderes im Sinn: Knapp zwanzig Jahre alt, gründete sie mit ihren Schwestern eine Privatschule, ein Experiment, das allerdings bald in einem finanziellen Fiasko endete. Zum Glück hatte sie da bereits ihr erstes Buch über Mädchenerziehung beendet; das bescherte ihr nicht nur ein Auskommen, sondern auch Anschluss an die Welt der LiteratInnen und Wissenschaftler.

Als die Französische Revolution ausbrach, zog es sie als Volkserzieherin nach Paris, wo sie auf die schriftstellerischen Barrikaden ging: In einer Streitschrift legte sie sich mit dem konservativen Staatstheoretiker Edmund Burke an, verteidigte die Revolution, trat für Menschenrechte und eine radikale Demokratie ein. Diese Schrift fand großen Widerhall – bis man herausfand, dass sie von einer Frau stammte. Zwei Jahre später veröffentlichte sie ihr wichtigstes Werk, „Eine Verteidigung der Rechte der Frau“, in dem sie Gleichberechtigung forderte und vom Staat verlangte, für die Ausbildung der Mädchen zu sorgen: Wenn man diese nur auf die Ehe vorbereite, könnten sie keine ernstzunehmenden Bürgerinnen werden und blieben zu einem unglücklichen Leben in permanenter Abhängigkeit verurteilt.

Sie selbst wollte niemals heiraten, doch mit der freien Liebe hatte sie ebenfalls Mühe. Ihre Beziehung zu Johann Heinrich Füssli, einem in London verheirateten Schweizer Maler, endete unglücklich. Dann fiel sie auf einen betrügerischen US-amerikanischen Grundstückmakler herein, der sie mit einer gemeinsamen Tochter sitzen ließ. Ausgerechnet William Godwin, der Theoretiker des Anarchismus, war es dann, der für geordnete Verhältnisse sorgte und sie 1797 heiratete. Noch im selben Jahr starb sie jedoch mit nur 37 Jahren nach der Geburt ihres zweiten Kindes.

Wer war die lange verpönte Frauenrechtlerin, deren Tochter Mary einen weltberühmten Roman über einen wissensdurstigen Italo-Schweizer schrieb, der sich zum Schöpfer aufschwang?

Text und Fotocollage: Brigitte Matern

Die Auflösung erscheint am kommenden Montag.