Heute Warnstreik für besseren Nahverkehr
„Am Dienstag stehen alle Räder still“, kündigt die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di an. Weil der Kommunale Arbeitgeberverband KAV nicht bereit war, bei den Tarifverhandlungen seinen Katalog mit Verschlechterungen zurückzuziehen, ruft ver.di nun zu ersten Warnstreiks im Ländle auf. Neben Freiburg hat die Gewerkschaft dabei Konstanz im Visier. Seit drei Uhr heute Morgen sind die rund 100 Beschäftigten der Stadtwerke bei Bus und Fähre zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen.
Ver.di verhandelt gegenwärtig mit den Arbeitgebern über den Manteltarifvertrag im kommunalen Nahverkehr in Baden-Württemberg. Für die rund 8.600 Beschäftigten will die Gewerkschaft dabei unter anderem Entlastungstage, deutlich bessere Überstundenregelungen sowie die Anhebung des Urlaubsgeldes erreichen. Für Angestellte in sieben kommunalen Verkehrsbetrieben, darunter auch Konstanz, geht es daneben auch um kürzere Arbeitszeiten.
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Ver.di zufolge haben die Arbeitgeber bei der Verhandlungsrunde am 16. September in Stuttgart statt eines Angebots einen zweiseitigen Katalog mit Gegenvorschlägen auf den Tisch gelegt, mit denen die Gewerkschaftsforderungen kompensiert werden sollen. „Die kommunalen Arbeitgeber wollen die Arbeitsbedingungen in etlichen Punkten verschlechtern, anstatt mit uns gemeinsam den ÖPNV für das nächste Jahrzehnt aufzustellen“, kritisiert ver.di-Verhandlungsführer Andreas Schackert. Die Gewerkschaft sei aber nicht bereit, „den völlig unzureichenden Status Quo mit einem Nullsummenspiel auf viele Jahre festzuschreiben.“
Ver.di will deshalb jetzt ein klares Signal an die Arbeitgeber senden. „Für eine Verbesserung und Stärkung des ÖPNV stehen wir bereit, für eine Verschlechterung nicht“, betont die zuständige ver.di Fachsekretärin Gabriele Fieback. „Die Arbeitgeber haben uns zu diesem Schritt durch ihr Verhalten gezwungen. Wir hoffen, dass der Widerstand der Beschäftigten von den Arbeitgebern verstanden wird und sie zum Einlenken veranlasst.“
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Schon seit Jahren herrscht – auch aufgrund der hohen Belastung durch die Verantwortung am Steuer und den Schichtdienst – massiver Fachkräftemangel in der Branche, insbesondere Busfahrer*innen werden überall dringend gesucht. Bundesweit ist in den letzten 20 Jahren die Anzahl der Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr um 24 Prozent gestiegen, jedoch haben die Verkehrsbetriebe massiv Stellen abgebaut. Schon heute fehlen Verkehrsexpert*innen zufolge 15.000 Beschäftigte im ÖPNV. Bis 2030 werden demnach 100.000 neue Beschäftigte benötigt, denn jeder zweite geht bis dahin in Rente. Die Gewerkschaftsforderungen nach besseren Arbeitsbedingungen sind deshalb nicht nur mehr als berechtigt, sie haben vor dem Hintergrund der klimapolitisch dringend benötigten Verkehrswende auch breite gesellschaftliche Unterstützung verdient.
MM/jüg (Foto: O. Pugliese)
Peter Stribl, ich finde den Streik absolut gerechtfertigt, trotzdem sollte es möglich sein SchülerInnen in die Schule und Heim zu fahren, zumal es sich um die Schwächsten der Gesellschaft handelt, für die in der Regel die höchsten Fahrpreise bezahlt werden müssen, mit denen also etwa die Gratisfahrten für Touristen subventioniert werden. Die Echt Bodensee Card beispielsweise kostet für das Bodo Gesamtnetz 1 Euro. Für die Kinder, es sind meist sehr junge Kinder, die früh am Morgen einer völlig unsicheren Situation ausgeliefert sind braucht es eine Sonderlösung. Die Eltern sind weg und in der Regel nicht erreichbar. Das ist für Kinder, möglicherweise auch Kindergartenkinder ein extremer Stress. Besser wäre die Busse strikt als Schülerverkehr auszuweisen und eben keine weiteren Fahrgäste zuzulassen. Übrigens zu Subventionen fiele mir etliches an Unsinn mehr ein, etwa das Galeristen mit 16 Millionen gefördert werden sollen etc.
Peter Köhler,
Ihr Unverständnis läßt den Umkehrschluß zu, daß Streiks vorzugsweise in der Freizeit der betreffenden abhängig Beschäftigten veranstaltet werden sollen/müssen. Eine wirksamere Garantie für tatsächliche Änderungen fällt Ihnen nicht ein?
Gerne halte ich Ihnen aber mein Unverständnis für das Verhalten der „öffentlichen Hand“ entgegen. Daß die Lufthansa mit Subventionen vom Staat Entlassungen sanktioniert, halte ich für eine bodenlose Frechheit. Geht es doch um Aktionäre, deren unternehmerisches Risiko verstaatlicht, sozialisiert wird. Nur ein Beispiel von vielen.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass mitten in der Krise Schülertransporte bestreikt werden. Überhaupt keins. Egal, ob das Anliegen nachvollziehbar ist (die Berechnungen scheinen aus der Vor-Covid-Ära zu stammen).