Eilmeldung: Hennemann zieht zurück
(jüg) Andreas Hennemann zieht die Konsequenzen aus dem enttäuschenden Abschneiden in der ersten Runde der OB-Wahl. Der von der SPD unterstützte Rechtsanwalt war am Sonntag mit 14,6 Prozent hinter Luigi Pantisano (38,3 Prozent) und Uli Burchardt (35,8) abgeschlagen nur auf Platz drei gekommen. Heute teilte Hennemann in einer Persönlichen Erklärung mit, zur Neuwahl am 18. Oktober werde er nicht mehr antreten. Zu einer Wahlempfehlung für einen anderen Kandidaten mag er sich nicht durchringen. Die Erklärung im Wortlaut:
Liebe Konstanzerinnen und Konstanzer,
In den letzten Wochen und Monaten des Wahlkampfs habe ich großen Zuspruch erhalten. 5.414 Konstanzerinnen und Konstanzer haben mir am Sonntag ihre Stimme gegeben. Für dieses Vertrauen und die Unterstützung bedanke ich mich.
Ich wäre gerne Oberbürgermeister dieser Stadt geworden. Mit meiner Kandidatur wollte ich Gegensätze ausgleichen und Blockbildung überwinden, den sozialen Zusammenhalt suchen und fördern und frei von Einzelinteressen ein Oberbürgermeister für alle werden.
Ich wollte Ihnen nur das versprechen, was ich halten kann. Ich bin daher enttäuscht über das Wahlergebnis, weil es zeigt, dass ich nicht dieser Oberbürgermeister sein werde. Daher habe ich entschieden, dass ich bei der Neuwahl am 18. Oktober nicht mehr antreten werde.
Viele meiner Unterstützerinnen und Unterstützer haben mich aufgefordert im Rennen zu bleiben. Es tut mir leid, dass ich sie enttäuschen muss.
Ich bitte Sie alle, geben Sie auch bei der kommenden Neuwahl Ihre Stimme für einen der Kandidaten ab. Auch ich werde mich nun entscheiden müssen und ich weiß, dass mir die Entscheidung nicht leicht fallen wird. Ich werde mich aber entscheiden und weiß, dass auch Sie dies ohne Beeinflussung oder Empfehlung tun werden. Es ist unsere staatsbürgerliche Pflicht, uns zu entscheiden. Wir leben zum Glück in einem Land, in dem alle ihre Meinung äußern können, in dem nicht das Geschlecht, das Einkommen, die Konfession, der Beruf oder die politische Überzeugung darüber entscheiden, ob man überhaupt ein Stimmrecht hat und in dem jede Stimme gleich viel zählt.
Sie haben es in der Hand! Sie können mitentscheiden!
Andreas Hennemann
Herr Schroff: Auch Sie haben immer noch nicht verstanden, dass Herr Partisano ein Kandidat von Bürgern ist und nicht Kandidat der Linken. Dass diese ihn unterstützen, ebenso wie die FGL und Junges Forum, ist kein Schaden, war die Linke Liste doch in den letzten Jahrzehnten die Partei, die fast immer im Sinne der Allgemeinheit gedacht, vor allen Dingen, wenn es um soziale Belange ging.
Welches „Lager“ meinen Sie, wenn Sie von „bürgerlich“ sprechen? Von jenen, die ihren Vorteil aus der Politik Burchhardts ziehen? Ich glaube, dass 38,3 Stimmen gezeigt haben, dass die Akzeptanz Pantisanos quer durch sämtliche Lager geht – und eben das ist es, was Konstanz braucht: Verbundenheit und Miteinander durch alle Schichten und politisch schön bunt. Es ist ganz offensichtlich der Mensch Pantisano, der anspricht, und nicht „der Linke“. Im Übrigen, was ist denn so schlecht am gesunden Linkssein?
Ein sehr gutes Statement von Andreas Hennemann, das zeigt, dass er die beste Wahl im ersten Wahlgang war. Schade, dass das nur knapp 15% der Wählenden erkannt haben.
Gräben zuschütten, verbinden, ausgleichen – wo die Linken reflexhaft in das „Wer hat uns verraten“-Lied einstimmen, bleibt Andreas Hennemann so, wie ich ihn kennenlernen durfte: Auf die ganze Stadt bedacht, und eben nicht nur auf Partikularinteressen einzelner schauend.
Bei der Wahl einer Person zum OB geht es in erster Linie um dessen Persönlichkeit, und nicht um die Politik der Partei, zu der er gehört. Das versucht übrigens auch Luigi Pantisano windmühlenartig zu wiederholen – ob man ihm das im bürgerlichen Lager abnimmt, darf bezweifelt werden.
Dass Herrn Heinemann „die Entscheidung nicht leicht fallen wird“ und er sich bei einer für die Zukunft so wichtigen Frage wie die Besetzung des OB-Postens mit Allgemeinplätzen begnügt, zeigt einmal mehr, warum die SPD da steht, wo sie ist: weit unten.
In meinem Markt-Gespräch mit Herr Hennemann habe ich festgesgtellt, dass dieser Luigi Pantisano zwar als „netten symphatischen Kerl“ empfindet, ihm jedoch nicht zutraut, unsere Stadt zu lenken. Da sah er doch sich selbst als geeigneter. . Ist ja klar, wenn man sich zur Wahl stell, sollte man diese Einstellung vertreten. Aber von daher hoffe ich sehr, dass er die Situation jetzt neutral bewertet. Auch wenn es ihm schwer gefallen ist, hat er die richtige Entscheidung getroffen. Er hat ja sein Standbein in KN, und Menschen wie er, können nur hilfreich sein auf dem Weg in die Zukunft.
Gewiß ist das aller Ehren wert, auf eine Wahlempfehlung zu verzichten und mit – leider etwas ausgelutschten – Textbausteinen an den Wahl – aka Staatsbürger zu appellieren, Verantwortung zu übernehmen. Aber warum sich ständig raushalten? Und nicht selber öffentlich Verantwortung übernehmen, für das was, man wirklich denkt, mag, will? Wann kapieren die guten alten Sozialdemokraten endlich, dass die Rolle des ewigen Vermittlers nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun hat, was geneigte Wähler gerne mit der SPD assoziieren würden. Mut. Aufbruch. Wagnis. Nicht mehr Steigbügelhalter sein müssen. Wer Agonie mit Ruhe verwechselt, Wohlbedachtheit mit mangelden Mut gleichsetzt und nach dem Ausgleichstor in der 60. Minute seine Angriffsbemühungen einstellt, der darf sich nicht wundern, wenn die Zweite Liga seine politische Heimat wird. Wie sangen einst die Alten? „Hennemann, geh Du voran, vielleicht hast Du noch rote Schuhe an.“ (Mit grünen Streifen, selbstredend!)
Wenn die Konstanzer Hennemann WählerInnen sich an sozialdemokratischen Werten orientieren oder sich auch nur im geringsten Maß gewerkschaftlichen sowie sozialen Werten wie ArbeitnehmerInnenrechte, Friedensarbeit oder sozialer Gerechtigkeit verpflichtet fühlen, ist ihnen bestimmt klar, dass sie diese Eigenschaften nur noch bei Pantisano und seinen links bis liberalen UnterstützerInnen mit stark ökologischer Orientierung und Interesse an ArbeitnehmerInneninteressen finden können.
Zumal es Luigi Pantisano gelungen ist NichtwählerInnen zu erreichen, die man längst verloren glaubte, wie auch die Hälfte der im Gemeinderat vertretenen Parteien.
Die Stimmen der NichtwählerInnen, immerhin 44,2 Prozent, können durchaus Wahl entscheidend sein. Wenn sie den Menschen gehören, die den Vorstellungen von Burchardt und seinem Millionärsparadies am See nicht folgen wollen, die die Stadt Konstanz und Umgebung als ihre ureigene Heimat begreifen, die es gegen Spekulanten und Hedge-Fonds wie BlackRock zu verteidigen gilt. Hennemann hat für die SPD gezeigt, dass da noch schwaches Leben ist. Jetzt werden Hennemanns SPD- ParteigängerInnen zugunsten von Miet- und sozialen Rechten für die nächsten acht Jahre Farbe bekennen müssen und zeigen, dass in Konstanz sowohl die Linke als auch die SPD eine gemeinsame politische Heimat, unterstützt von vielen Initiativen und BürgerInnen haben.
Die Erklärung von Herrn Hennemann entspricht dem wie ich ihn seit Jahren als Kollege kenne und auch seinen Wahlkampf erlebt habe: ruhig, sachlich, unaufgeregt und wohl bedacht. Und wer seinen Wahlkampf von Anfang an auf Ausgleich geführt hat, kann auch keine Wahlempfehlung abgeben. Das ist nur folgerichtig und konsequent! Chapeau!
Ich bewundere gerade diese Botschaft Herrn Hennemanns, uns Wählerinnen und Wählern eine eigene Entscheidung zuzutrauen.
Eine OB Wahl ist keine Parteienwahl und hat mit Parteiprogrammen viel weniger zu tun als manche denken. Es ist eine Persönlichkeitswahl mit dem persönlichen Programm des Bewerbers, mit seiner Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit, mit seinen persönlichen Kompetenzen und seiner Beliebtheit. Deswegen kann uns keiner diese Entscheidung abnehmen.
Dass viele das nicht so sehen, hat Herrn Hennemann sicher geschadet, die SPD steht zur Zeit nicht so sehr in der Gunst der Menschen. Wenn man die Partei in den Vordergrund rückt, entstehen schnell Grabenkämpfe, welche Herr Hennemann laut seinem persönlichen Programm vermeiden wollte. Deswegen ist es nur folgerichtig, dass er keinen Wahlaufruf für einen anderen der drei verbliebenen Kandidaten startet.
Ein wenig nachdenken und für sich selbst entscheiden kann niemals schaden – hat auch bei der ersten Wahl nicht geschadet!
Schade, dass Herr Hennemann und die SPD zurückzieht, ohne Luigi Pantisano zu empfehlen. Wenn ich mir sein Programm anschaue, so ist dieses doch ursozialdemorkatisch. Warum also keine Wahlempfehlung?
Schade, dass die SPD nicht den Schulterschluss zu den anderen progressiven Parteien und Gruppierungen sucht. Falls Burchard jetzt mit einer knappen Mehrheit gewinnen sollte, so kann man dies sicherlich auf die hier ausbleibende Empfehlung zurückführen.
Schade, Herr Hennemann, vielleicht überlegen sie es sich ja noch einmal und machen ihre Wahlentscheidung öffentlich, so dass ihre WählerInnen eine Orientierung haben, wer ihren Zielen denn am nächsten ist.