Heute wieder Warnstreik bei Bus und Fähre

Rund 300 Beschäftigte bei Bus und Fähre sind heute in Konstanz wieder im Ausstand. Der seit drei Uhr heute Morgen laufende, erneute Warnstreik ist eine Reaktion der Dienst­leistungs­gewerkschaft ver.di auf die Weigerung der kommunalen Arbeitgeber, ein Angebot für einen bundesweiten Manteltarifvertrag vorzulegen. Im Südwesten beteiligen sich auch in Freiburg, Offenburg und Lörrach ÖPNV-Beschäftigte an den Arbeitsniederlegungen.

Die Gewerkschaft verhandelt mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) gegenwärtig nicht nur über Gehaltssteigerungen, sondern will endlich bundesweit gültige Standards etwa bei Arbeitszeiten, Überstunden- und Schichtregelungen, Urlaubsansprüchen oder Ausbildungsvergütungen für die mehr als 87.000 Beschäftigten bei kommunalen Nahverkehrsunternehmen vereinbaren. Bei der Verhandlungsrunde am vergangenen Wochenende lehnte die VKA erneut Gespräche darüber ab.

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Dabei hat die Gewerkschaft für die Forderung nach einem einheitlichen Flächentarif schlagende Argumente. Seit Jahren arbeiten die Beschäftigten im ÖPNV unter großem Druck. Die seit den 2000er Jahren waltenden staatlichen Deregulierungs- und Privatisierungsmaßnahmen haben die Dienstherren weidlich für Personalabbau, Lohndrückerei und Arbeitsverdichtung genutzt. Die Folge der oft miesen Arbeitsbedingungen ist ein dramatischer Fachkräftemangel in der Branche; insbesondere BusfahrerInnen werden händeringend gesucht.

Ein fatales Imageproblem zur Unzeit: Soll nämlich der aus Klimaschutzgründen unerlässliche massive Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gestemmt werden, sind in der Branche Expertenschätzungen zufolge bis 2030 bundesweit rund 100.000 neue Beschäftigte nötig. Ohne dauerhaft bessere Berufsperspektiven für die KollegInnen am Steuer, in den Depots und den Verwaltungen von Verkehrsbetrieben ist das indes nicht zu schaffen. Kein Wunder, dass die Forderungen der ÖPNV-Beschäftigten in der Klimabewegung zusehends Gehör finden, und beispielsweise Fridays for Future sich im Kampf für mehr Personal, bessere Einkommens- und Arbeitsbedingungen im öffentlichen Nahverkehr mit ver.di verbündet hat.

Wer sich also heute geärgert hat, dass sein Bus nicht kam, sollte in Betracht ziehen: Die Anliegen der Beschäftigten sind nicht nur berechtigt, ihre Durchsetzung ist für uns alle (überlebens-)wichtig.

MM/jüg (Foto: ver.di, C. v. Polentz)

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