Putziputzi, Advent, Winternacht und Kulturförderung

Corona hat den noch vor wenigen Monaten blühenden Wald der Kultur fast rückstandsfrei abgefackelt. Doch jetzt beginnt es hier und da wieder ein wenig zu grünen, erste Ranken schieben sich hervor, und mitten im Winter keimt die Ahnung eines kulturellen Frühlings. In diesen Tagen recht das Angebot vom Adventskalender über Multimedia bis hin zu Live-Musik in Zürich. Ach ja, und höchste Zeit für eine Bewerbung ist’s jetzt wohl auch mal wieder – immer natürlich in der Hoffnung auf bessere Zeiten.

Advent, Advent …

Manchmal bringen neue Situationen auch neue Ideen hervor, und aus dem Chaos entsteht ein Stern. So auch mit dem „Konstanzer Künstlerinnen Adventskalender“, der von 24 Frauen mit 24 Postkarten bestückt wurde.

Das Leben freischaffender Künstlerinnen und Künstlern besteht ja nicht nur aus einsamer Werkelei in Ateliers und Schreibstuben, sondern auch im kreativen Austausch. Dieser kam dieses Jahr sehr kurz. Daher gibt es in diesem verrückten Jahr eine Aktion auf Papier, noch ganz analog und ohne Zoom und Skype und wie sie alle heißen. 24 Künstlerinnen aus Konstanz treffen sich und zeigen sich gemeinsam. Auf Postkarten. Jede hat eine gestaltet, von Fotografie über Malerei, Kunsthandwerk, Design und Text ist alles bunt gemischt. Keine der Künstlerinnen wusste vorab, was die anderen beisteuern und doch passen die Motive von den Farben, Inhalten und der Formsprache zum Teil so gut zusammen, als wären sie kuratiert. In einem goldenen Umschlag mit neon-pinkem Aufkleber werden die Postkartensets präsentiert.

Im kommenden Jahr wird das Projekt weitergeführt: jede Künstlerin darf eine neue Frau nominieren, die ihren Platz einnimmt. Eine Auflage von 100 Stück ist für 15 Euro erhältlich (bei Homburger&Hepp, im Bücherschiff, bei TamTam, ChaCha, Bling und im Klimperkasten – außerdem direkt bei Veronika Fischer). So entsteht ein Adventskalender der anderen Art: Jeden Tag kann frau/man eine Postkarte versenden!

Anmerkung der Redaktion, da so etwas ja niemand mehr weiß: Das Porto für Postkarten beträgt national 60 Cent und international 90 Cent. Noch ist es legal, sie in einen der wenigen Briefkästen werfen.

It’s only Haushalt

Früher war er bekanntlich reine Frauensache, aber heute geht der Haushalt uns (fast) alle an. Eine jede und ein jeder von uns ist von Hausarbeit berührt und damit beschäftigt, zahlreiche Stunden die Woche. Wäscheberge, Spülberge, der Duft von Biomüll – all das kann im Alltag zur Zerreißprobe werden. Medial wird das Thema Haushalt verfälscht: auf Instagram strahlen dänische Designerküchen um die Wette, in der Werbung prallen Putzmittel mit orgastischer Kraft aufeinander, in Literatur, Film und darstellender Kunst dagegen wird das Thema gemieden, ja geradezu tabuisiert.

Aber kann man mit diesem System nicht irgendwie brechen? Könnte der Haushalt als Quelle für Inspiration genutzt werden? Könnte die viele Zeit eine wertvolle Investition sein? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Künstlerinnenkollektiv und präsentiert die Ergebnisse auf Plakaten in der Konstanzer Innenstadt sowie auf einer eigenen Homepage.

Das Unsichtbare wird somit sichtbar, das Private öffentlich, der Haushalt aus den vier Wänden des Zuhauses befreit!

Multikünstler

Die Ausstellung „It’s only Haushalt“, wird zwar von Künstlerinnen getragen, dort ist aber auch (mindestens) ein männlicher Künstler vertreten: Jeremias Heppeler, der einen Essay über Hausarbeit geschrieben und für die Ausstellungs-Homepage einige Hausarbeitsbilder beigesteuert hat. Doch damit nicht genug: Außerdem hat der Künstler etliche seiner Filme ins Internet gestellt, darunter die beiden Dokumentarfilme „Wurzeln“ (Interviewfilm über Integration) und „Die Stadt der vergessenen Kinder“ (über Kindheit in der Mongolei). Wer also Lust auf alternatives Sehen hat, kann sich hier bedienen.

Eine Winternacht

Angesichts der Zeitläufte fröstelt es die meisten von uns zwar innerlich schon kräftig, aber wir sollten nicht vergessen, dass trotz Klimawandels auch da draußen jederzeit die Eiszeit losbrechen kann. Beste Gelegenheit also für eine „Winter’s night“ mit Musik von Purcell, Schubert, Britten und anderen. Es musizieren Simona Ryser (Sopran) und Ina Callejas (Akkordeon). Die offenkundig gerade äußerst romantisch gestimmten Künstlerinnen erklären zu ihrem Programm: „Es werden Geschichten erzählt, Balladen und Romanzen, wie sie in den Volksliedern von Benjamin Britten vorkommen. Da geht es um Sehnsüchte, um mutige Frauen und traurige Männer, um Liebesfreuden und -mühen, um kalte Winternächte, verstohlene Treffen, verpasste und verlorene Lieben. Doch nicht nur in diesen englischen folk tunes, auch in Henry Purcells Musik, von der sich Britten immer wieder inspirieren ließ, wird von den Launen der Liebe erzählt, die so oft von der Musik selbst versöhnt werden. Und kontrastierend wehen Schuberts romantische Lieder durch die Winternacht, in der der Mond ruhig seine Bahnen zieht.“

Wann: 29.11.2020, 17.00 Uhr. Wo: Röslischüür, Röslistrasse 9, CH-8006 Zürich. Wie: Eintritt nur mit Anmeldung.

Hier ist was zu holen

Wer glaubt, das Manna der KünstlerInnen sei der öffentliche Applaus für ihr Schaffen, irrt – das wahre Manna fließt – oder tröpfelt zumindest – aus den öffentlichen Fördertöpfen. Und jetzt ist es wieder soweit, die Stadt Konstanz vergibt wie alle zwei Jahre ihren Förderpreis für junge KünstlerInnen und Künstler in den Sparten Musik, Bildende Kunst und Literatur. „Ziel des Preises ist es, junge Kunstschaffende bis 35 Jahre zu fördern, die in der Stadt oder im Landkreis Konstanz geboren wurden, hier leben oder durch ihre künstlerische Arbeit der Region eng verbunden sind. Einsendeschluss für Bewerbungen um den Förderpreis der Stadt Konstanz – Junge Kunst! für das Jahr 2021 ist der 31.03.2021.

Die Vergaberichtlinien können hier abgerufen werden. Weitere Informationen gibt es bei Angelika Braumann vom Kulturamt der Stadt, Wessenbergstraße 39, 78462 Konstanz unter Tel. 07531 900-2902 und per E-Mail.

MM/red (Fotos: Veronika Fischer, Martin Chollet)