Forschungsprojekt zu Opfern der Euthanasie in Singen
Mit einem Forschungsprojekt zur Geschichte der Opfer der NS-Euthanasie-Aktion und Zwangssterilisierung will Singen ein dunkles Kapitel, welches auch in seiner Stadtgeschichte zu finden ist, intensiver aufarbeiten und die Biografien sowie das Leiden dieser Menschen der Vergessenheit entreißen. Bürgerinnen und Bürger können diese Studie mit Hinweisen unterstützen – aber auch Hilfe bei der Suche nach Betroffenen aus der eigenen Familie erhalten.
Recherche unter Mithilfe der BürgerInnen
Axel Huber, Historiker und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Singen, sucht in einem ersten Schritt nach Opfern der „Euthanasie“ und ihren Lebensgeschichten. Nach jahrelanger gesellschaftlicher Ausgrenzung von Menschen mit Einschränkungen und Problemen hatten die Nationalsozialisten ab Oktober 1939 ihre systematische Ermordung beschlossen. In sechs Tötungsanstalten ermordeten Ärzte und Pflegepersonal in ganz Deutschland bis 1941 mindestens 70.000 Menschen. Nach dem offiziellen Ende der Aktion wurden noch bis Kriegsende zahlreiche weitere Menschen in Heilanstalten verdeckt ermordet.
Aus Singen und den Ortsteilen ergibt sich nach ersten Voruntersuchungen eine Zahl von mindestens 32 Getöteten in der Altersspanne von sechs bis 72 Jahren. „Es ist eine deutlich höhere Zahl an Opfern zu erwarten“, so Axel Huber, der bereits 2018 die Geschichte der Singener Sinti-Familie Winter detailliert erforscht hat. Die Euthanasie-Opfer zu finden sei sehr mühsam, da die Nationalsozialisten viele Spuren verwischt haben. Er bittet deshalb um Hinweise aus den Familien von Betroffenen und von BürgerInnen.
Förderung durch „Demokratie leben!“
Die Forschungen werden durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert. Auch Oberbürgermeister Bernd Häusler unterstützt das Projekt: „Für die Stadt Singen ist die Aufarbeitung der Nazi-Zeit auch 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein sehr wichtiges Anliegen. Gerade in einer Zeit, wo Rassismus in Deutschland, Europa und der Welt wieder an Macht gewinnt, ist es unsere Aufgabe, auf die Schrecken von Nationalismus und Rassismus hinzuweisen. Aus der Geschichte lernen ist dabei ein wichtiger Bestandteil. Aber um daraus lernen zu können, muss man die Geschichte auch kennen.“
PM Stadt Singen/UP (Bild: ANKAWÜ, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)
Bild: Stolperstein für eines der ermordeteten Opfer aus Singen.
Kontakt: Wer das Forschungsprojekt unterstützen möchte, kann sich an Axel Huber bei der Stadtverwaltung Singen wenden: per Telefon 07731/85311 oder per E-Mail axel.huber@singen.de.