Die Volkshochschule steht vor Gericht
Der zweite große Kündigungsskandal nach der Müller-Esch-Causa erreicht diese Woche einen vorläufigen Höhepunkt: Die fristlose Kündigung von Reinhard Zahn als Hauptstellenleiter der Konstanzer Volkshochschule noch während der Probezeit. Am morgigen Dienstag gibt es die erste Verhandlung im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Radolfzell. „Die Kündigung ohne Begründung“, so Arbeitsrichterin Dr. Adam im Gütetermin, wird erneut für Ärger sorgen – juristisch wie politisch. Bürgermeister, Vorständler, aber auch Gemeinderäte werden sich bei den Diskussionen in den nächsten Wochen und Monaten warm anziehen müssen
Denn soviel steht vorab schon fest: Die Zahn-Kündigung ist nur die Spitze des Eisbergs, der sich über allen Problemen der Volkshochschule Konstanz-Singen auftürmt (seemoz berichtete mehrmals): Finanzierungs- und Strukturprobleme, die noch ausstehende externe Prüfung der Finanzen, Proteste aus der Dozentenschaft, einbrechende Teilnehmerzahlen, eine neuerliche Diskussion im Gemeinderat, Unzufriedenheit mit dem Führungsduo, vielfach kritisierte Defizite in der Programmauswahl.
Und Reinhard Zahn (s.Foto) wird keine Ruhe geben. Er wolle „bis zum Äußersten kämpfen“ und habe „nichts mehr zu verlieren“, bestätigte er seemoz gegenüber kurz vor dem Verhandlungstermin am Dienstag. Einige Indizien sprechen dafür, dass seine Chancen trotz schwieriger, juristischer Ausgangslage so schlecht nicht stehen: Die Aussage von Arbeitsrichterin Adam, dass am Dienstag tragfähige Kündigungsgründe auf den Richtertisch kommen müssten, durchkreuzt nämlich die bisherige Strategie der vhs-Leitung, waghalsig eine Kündigung ohne Kündigungsgründe auszusprechen.
Chancen für Reinhard Zahn
Die Zusage der Rechtsschutzversicherung von Reinhard Zahn, die Kosten für diesen Prozess zu übernehmen, spricht ebenfalls für seine Erfolgsaussichten – bei erkennbarer Aussichtslosigkeit des Verfahrenes nämlich würde die Versicherung den Rechtsschutz verweigern. Letztlich: Er wird von einer exzellenten Anwältin vertreten, was man vom Rechtsbeistand der Volkshochschule nicht sagen kann.
Klar ist, dass butterweiche Begründungen der vhs-Leitung, z.B. „die Chemie ist gestört“ oder „es gibt unüberbrückbare Ansichten in der Programmgestaltung“ das Gericht nicht befriedigen dürften. Wie sagt der Hamburger Fischhändler bei solchem Zwist? „Da muss Butter bei die Fische“.
Probleme für den Vorstand
Auch die politische Bewertung der Auseinandersetzungen um die Volkshochschule Konstanz-Singen wird vom Ausgang dieses Verfahrens am Dienstag beeinflusst: Wie stünde der Vorstand mit Landrat Hämmerle an der Spitze bei einer Niederlage da? Kann man dann noch dem Führungspersonal mit Nikola Ferling und Dr. Dorothee Jacobs-Krahnen einen Umbau und die Lösung der aktuellen Probleme der vhs zutrauen?
Mehr noch: Wie auch immer der Dienstag-Prozess ausgehen wird – es wird eine Fortsetzung geben. Beide Prozessbeteiligten scheinen entschlossen, es mit einem Spruch der ersten Instanz nicht bewenden zu lassen. Das Landesarbeitsgericht in Freiburg wäre die nächste Station, das Bundesarbeitsgericht in Erfurt die letzte Instanz; monatelang würde der Fall die Schlagzeilen beherrschen. So oder so – wie schon die Müller-Esch-Schlappe droht auch das Zahn-Verfahren für Bürgermeister Boldt, den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung, wie auch für die Stadt Konstanz und ihren Gemeinderat zu einer schmerzlichen und teuren, vor allem aber zählebigen Blamage zu werden.
Nebenbei: Noch immer ist die Stadtverwaltung die Antwort auf eine Anfrage aus dem Gemeinderat schuldig: Was eigentlich hat das unnötige, juristisch unverantwortliche, weil von vornherein aussichtslose Müller-Esch-Verfahren den Steuerzahler gekostet? 700 000 Euro oder mehr oder eine Million? Mittlerweile sollten selbst säumige Kämmerer die Rechnungen an Anwälte und das Gericht beglichen haben. Gleichwohl fehlt die Antwort der Beamten an die Volksvertreter.
Das Zahn-Verfahren könnte Kosten in ähnlicher Höhe verursachen. Und wer zahlt die Zeche?
Autor: hpk
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