Mittwoch ist Streiktag im öffentlichen Dienst

„Die Zeit der Rituale ist vorüber“. So erklärt Berthold Maier, Geschäftsführer im ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee, den frühen Termin für den Warnstreik am morgigen Mittwoch. Der Tarifvertrag lief am 29.2. aus, bei der Verhandlung am 1.3. hat die Arbeitgeberseite kein Angebot vorgelegt – am 7. März wird gestreikt. Am Warnstreik beteiligen sich in Konstanz die technischen Betriebe, die Stadtverwaltung und die EBK

„Wir wollen keinen Verhandlungsmarathon – wir sagen gleich zu Beginn der Tarifauseinandersetzung, was wir unumstößlich fordern: Eine Lohnerhöhung von 6,5 Prozent (mindestens aber 200 Euro) sowie 100 Euro mehr für die Auszubildenden und deren unbefristete Übernahme nach der Ausbildungszeit“, macht ver.di-Chef Maier klar.

Und die Gewerkschafter des öffentlichen Dienstes in Konstanz sind streikbereit. Das zumindest berichten auf einer Pressekonferenz Daniel Babulenko, Vertrauensmann bei EBK, Klaus Hauser, Personalratsvorsitzender TBK, und Felix Lachnit, Personalratsvorsitzender der Stadtverwaltung (auf unserem Foto v.l.n.r.). Der Warnstreik am 7.3. beginnt um 6 Uhr früh und endet nicht vor 24 Uhr. Um 10 Uhr treffen sich die Warnstreikenden auf dem Benediktinerplatz und ziehen dann demonstrierend über die Fahrradbrücke zu einer Kundgebung um 11 Uhr auf die Konstanzer Marktstätte. Die Organisatoren rechnen mit mindestens 200 Teilnehmern.

Busfahrer und Fähre-Mitarbeiter beteiligen sich dieses Mal nicht an dem Warnstreik – sie waren vor wenigen Monaten erst im Ausstand für ihren eigenen Tarifvertrag. Kindergärten bleiben wohl geöffnet; ein Notdienst wurde vereinbart. Und dann noch ein Dementi vom Dementi: Anders als in einer Pressemitteilung der Stadt behauptet, und von anderen Medien leichtfertig übernommen, hat die Gewerkschaft nie von einer Beteiligung der Stadtwerke an dem morgigen Warnstreik gesprochen. Richtig ist allein der Hinweis des städtischen Pressebüros, dass es in den Servicebereichen der Rathäuser zu Einschränkungen kommen kann. Vor allem der Service im Bürgerbüro könnte nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Warnstreiks sind zulässig. Das Bundesarbeitsgericht hat rechtskräftig entschieden: Gewerkschaftliche Warnstreiks sind nach Ablauf der Friedenspflicht auch während noch laufender Tarifverhandlungen zulässig. Wenn die Gewerkschaft zum Streik aufruft, dürfen den Streikenden keinerlei Nachteile entstehen. Maßregelungen durch den Arbeitgeber während der Teilnahme an einem Streik sind verboten. Man braucht sich beim Vorgesetzten nicht abzumelden und muss auch vorher nicht Bescheid geben, wer am Streik teilnehmen oder nicht. Arbeitnehmer sind während des Streiks weiter versichert. Streikgeld für Gewerkschaftsmitglieder: Wenn die Gewerkschaft zum Streik aufruft, ist der Arbeitgeber berechtigt, dafür den entsprechenden Lohn- und Gehaltsabzug vorzunehmen. Alle Gewerkschaftsmitglieder erhalten dafür Streikgeld von ihrer Gewerkschaft ver.di. Wer spätestens am Streiktag noch der Gewerkschaft beitritt, erhält ebenfalls Streikgeld.

„Wissen Sie, was ein Straßenkehrer bei der Stadt verdient? Maximal 1800 Euro brutto, Anfänger nur 1300. Und wissen Sie, dass zahlreiche Beschäftigte der Stadt „Aufstocker“ sind, also zu einem Zweitjob verurteilt sind, um ihre Familie durchzubringen? Da kann es passieren, dass unsere Kollegen abends noch zusätzlich als 400-Euro-Jobber städtische Büros reinigen“.

Aus den Berichten der Gewerkschafter klingt Wut und Entschlossenheit. Daniel Babulenko berichtet, dass er vormals für die selbe Tätigkeit in der Privatwirtschaft 30 Prozent mehr auf dem Konto hatte. Felix Lachnit erzählt von dem Arbeitsdruck in der Stadtverwaltung, wo es immer weniger Beschäftigte für immer mehr Arbeit gibt, „ohne dass sich eine Anerkennung im Portemonnaie zeigt“. Und Klaus Hauser weiß, dass sich qualifizierte Handwerker kaum noch im öffentlichen Dienst bewerben – „bei Hunderten von Euro an Verdienstunterschied zur Privatwirtschaft“.

Und deshalb fordern sie jetzt deutlich höhere Einkommen. Denn seit zwei Jahrzehnten stagnieren die realen – also preisbereinigten – Löhne und Gehälter in Deutschland. Auch deshalb herrsche in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes ein Mangel an Fachkräften. Das gelte nicht nur für die technischen Berufe, sondern auch für den Erziehungs- und Pflegebereich.

Ein besonderes Anliegen ist den Gewerkschaftern in dieser Tarifrunde die Übernahme aller Auszubildenden in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. „Im Ausbildungsbereich erleben wir eine dramatische Entwicklung: Wir sind dabei, eine ganze Generation in die Hoffnungslosigkeit zu entlassen“, warnt Gewerkschaftschef Maier. Denn wenn es überhaupt zu einer Anstellung nach der Ausbildung kommt, winkt in der Regel höchstens ein befristetes Arbeitsverhältnis. „Und das muss sich ändern, nicht nur wegen der Zukunftsaussichten unserer Jugend“, so Berthold Maier. „Auch der öffentliche Dienst leidet an Überalterung, Hunderttausende werden in den kommenden Jahren ausscheiden. Wir fragen: Wo soll der qualifizierte Nachwuchs herkommen, wenn ihm nichts geboten wird?“

Autor: hpk