In Egg brodelt es
Vor rund zwei Jahren hat sich die Egger Bürgergemeinschaft an die Stadtwerke gewandt und Verbesserungen für BusfahrerInnen vorgeschlagen. Nach einem kurzen Briefwechsel ist der Dialog damals wieder eingeschlafen. Jetzt wendet sich die Bürgergemeinschaft, erkennbar enttäuscht, in einem weiteren Schreiben an die Stadtwerke und kritisiert insbesondere deren Tarifpolitik, der sie eine „soziale Schieflage“ attestiert. Wir dokumentieren diesen Brief nachfolgend in vollem Wortlaut.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor exakt zwei Jahren haben wir uns in einem Schreiben an Sie gewandt und verschiedene Anregungen formuliert, die den Busbetrieb betreffen, insbesondere mit Blick auf unseren Ortsteil Egg. Auf Ihre Antwort vom 28.02.2019 durch Herrn Wolf haben wir am 10.04.2019 geantwortet und unseren Standpunkt argumentativ nochmals bekräftigt.
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Leider haben wir seither nichts mehr von Ihnen gehört. Im Schreiben vom 28.02.2019 hatten Sie unter anderem auf noch laufende Erhebungen/Klärungen verwiesen, die aber inzwischen abgeschlossen sein müssten.
Diesen Vorgang inklusive der Presseberichterstattung und den nachfolgenden Initiativen im Gemeinderat haben wir auf unserer Website dokumentiert.
In seiner Sitzung vom 3.12.2019 befasste sich dann der Gemeinderat und am 12.12.2019 der TUA mit dem „Kurzstreckenticket“ bzw. den „Strategien und Planungen ÖPNV“. Der Gemeinderat hat dabei beschlossen, dass das Kurzstreckenticket „ab sofort“ auch bei Busfahrern zum Verkauf angeboten werden soll und die Verwaltung beauftragt, zusammen mit den Stadtwerken die nötigen organisatorischen und technischen Maßnahmen zu ergreifen.
Ein weiteres Jahr nach diesen Debatten müssen wir heute leider feststellen, dass eine Umsetzung unserer Anregungen und Vorschläge nach wie vor nicht in Angriff genommen wurde, im Gegenteil.
Kurzstreckenticket: Der Auftrag des Gemeinderats vom 3.12.2019 wird offenbar ignoriert und nicht umgesetzt.
Infoanzeigen an Haltestellen Egg/Universität: Im November/Dezember 2020 wurde die beiden Haltestellen einschließlich der Zufahrtsbuchten von Grund auf umgestaltet und damit faktisch neu errichtet. Es ist unverständlich, dass bei dieser Gelegenheit die Infoanzeigen nicht eingerichtet oder zumindest baulich vorbereitet wurden.
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Tarifpolitik: Immerhin in diesem Bereich gibt es Aktivitäten, allerdings leider nicht in dem von uns vorgeschlagenen Sinne einer Verbesserung des Angebots wie bei einigen dabei genannten vergleichbaren Städten. Stattdessen müssen wir feststellen, dass die Stadtwerke abermals auf die aus ihrer Sicht wohl „bewährte“ Form regelmäßiger Preiserhöhungen zurückgreifen. In der Stellungnahme an den Gemeinderat vom 10.11.2019 zum Antrag der FGL vom 10.09.2019 hatten die Stadtwerke noch angekündigt: „Keine Tariferhöhungen als Kompensation für gestiegene Personal- und Treibstoffkosten“. Diese begrüßenswerte Entscheidung wurde jetzt durch die Tariferhöhung zum 1.01.2021 konterkariert und im wahrsten Sinne des Wortes wieder einkassiert, indem die Buspreise um 2,6% erhöht wurden, während die Erhöhung bei der Fähre, wo es wie bisher üblich auch 2020 die obligatorische Preiserhöhung gegeben hatte, sich auf 1,6% und damit auf einen Inflationsausgleich beschränkte.
Darüber hinaus wurden einzelne – besonders sensible – Fahrscheine teilweise deutlich überproportional verteuert. Das Umweltmonatsticket wurde erneut um € 1,50 teurer, 3,1% mehr. Und ausgerechnet der erst Ende 2019 erfreulicherweise neu eingeführte 20er Block für Senioren wird von € 1,80 auf € 1,90 pro Fahrt verteuert, eine Steigerung von 5,55%!
Auf diese soziale Schieflage bei vorherigen Tariferhöhungen hatten wir bereits in unserem Schreiben vom 10.04.2019 hingewiesen, ohne Erfolg wie wir jetzt sehen. Dabei hatten die Stadtwerke im erwähnten Schreiben vom 10.1.2019 doch ausdrücklich eine „Attraktivierung“ von Zeitkarten und Vielfahrten angekündigt. Leider nur leere Versprechungen!
Vor diesem Hintergrund kann es nicht erstaunen, dass die neuerliche Tariferhöhung bei den Betroffenen in der Stadt auf Protest und breite Ablehnung gestoßen ist.
Im Ergebnis können wir unsere Enttäuschung über die mangelnde Bereitschaft der Stadtwerke, auf unsere Vorschläge und Anregungen einzugehen und sich mit ihnen argumentativ auseinanderzusetzen, nicht verhehlen. Wir meinen, dass die Stadtwerke ihrer Verantwortung für eine kundenfreundliche und klimaschonende Weiterentwicklung des Öffentlichen Nahverkehrs bisher nicht gerecht werden. In einer Stadt, die den Klimanotstand ausgerufen hat und gegenwärtig zahlreiche Maßnahmen zum Schutz des Klimas und deren zeitnahe Realisierung diskutiert, sollte man von einer städtischen Einrichtung deutlich mehr erwarten können.
Wir freuen uns auf ihre Antwort und würden es begrüßen, wenn wir mit Ihnen in einen Dialog mit dem Ziel eintreten können, eine deutliche Verbesserung der Situation für die Nutzer der Busse zu erreichen.
Manfred Witznick Schriftführer Egger Bürgergemeinschaft e.V.
Prof. Dr. Andreas Marx, 1. Vorsitzender Egger Bürgergemeinschaft e.V
MM/red (Bild: O. Pugliese)
Einmal mehr zeigt sich, dass die im wahrsten Sinne des Wortes ver-„antwortlichen“ Entscheidungsträger der Stadtwerke in punkto Kundendienst eine Ignoranz an den Tag legen, die man nur als beschämend bezeichnen kann. Der Kundendienst eines Unternehmens hat nicht zuletzt immer mit der grundsätzlichen Fähigkeit zu „Sozialer Kompetenz“ zu tun. Diese Fähigkeit spreche ich den Herrschaften der Stadtwerke schon längst komplett ab. Wenn man dann noch die (weitaus überwiegend negativen) Beurteilungen dieses Unternehmens auf Google anschaut, dann mutet es zudem wie Hohn an, wenn die einzelnen Antworten der Stadtwerke auf die zahlreichen kritischen Stimmen grundsätzlich in der inzwischen leider immer penetranter verwendeten kumpelhaften „Du“-Form erfolgen und so den Eindruck vermitteln (sollen), als wäre man ganz nah am Kunden. Verlogener und anbiedernder geht’s nicht.