Der Südkurier, das Geld und die AfD
Für viel Wirbel sorgte in den letzten Tagen die AfD-Wahlbeilage, die der Südkurier in hoher Auflage verbreitete. Offenkundig ist den Herrn der Heimatzeitung kein Euro zu klebrig, auch wenn er von der Rechten stammt, und ihre Profitgier schlägt ihr Gewissen. Jetzt haben auch die Linke Liste, Die Linke sowie die Freie Grüne Liste öffentlich ihr Befremden über diese Art der Werbung für eine solche Partei geäußert und die Zeitung aufgefordert, sich in Zukunft klar nach rechts abzugrenzen.
Hier die Stellungnahme der Linken Liste Konstanz sowie des Kreisverbands der Partei DIE LINKE:
Journalistische Arbeit sollte unabhängig, neutral und seriös erfolgen, was die Mehrheit der Journalist*innen in Deutschland beherzigt. Öffentliche Medien, von den Bürger*innen mit Gebühren bezahlt, unterliegen darüber hinaus einer gesetzlichen Neutralitätspflicht, wenn sie Parteibeiträge veröffentlichen. Printmedien, gemeinhin in privatwirtschaftlicher Hand müssen eine solche nicht beachten. Sie können und sollten, unserer Auffassung nach, Haltung zeigen und Stellung beziehen.
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Die FAZ bezog Stellung, als sie „froh“ war, dass ein „roter“ OB in Konstanz verhindert wurde. Verhindert wurde er auch durch eine sehr am Wahlkampf der CDU und U. Burchardt orientierte Berichterstattung des Südkuriers, einhergehend mit einer Diffamierung der Person und des politischen Programmes von Luigi Pantisano. Gegen politisch progressive Kandidat*innen wird offen Stimmung gemacht, ohne dass sich Redaktionen konservativer Zeitungen durch eine angebliche Neutralitätspflicht daran gehindert sähen.
Nun legt der Südkurier seiner aktuellen Ausgabe und dem wöchentlich erscheinenden kostenlosen „Anzeiger“ eine „Wahlzeitung“ der AfD bei, die in ihrer Ausgestaltung von der Zeitung selbst nicht zu unterscheiden ist.
Das allein ist schon ein Tabubruch. Eine seriöse Tageszeitung bietet einer rechtsradikalen Partei Freiraum, um ihre Hassbotschaften zu verbreiten. Dass dafür aber offensichtlich auch noch Geld geflossen ist, stellt ein Armutszeugnis für die Zeitung dar.
Es muss an dieser Stelle nicht diskutiert werden, welche Inhalte der AfD dort der Zeitung beigelegt wurden. Das alles ist weithin bekannt und es muss ein Schlag in die Gesichter derer sein, die für das Medienhaus Südkurier arbeiten und vielleicht anders denken. Gerade die Mitarbeiter*innen, die in der Hausdruckerei für Niedriglohn arbeiten, vielmals mit Migrationshintergrund, und keinen Anteil am befleckten Geld der Kreis-AfD bekommen werden, müssen sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Gleiches gilt für die seriösen Journalist*innen, die täglich recherchieren und Fakten zusammentragen, um den Lügen der Rechtsradikalen Information entgegenzusetzen. Diese berechtigte Empörung teilen viele Konstanzer*innen durch alle politischen Lager und sozialen Schichten.
Die Leser*innen des Südkurier stellen sich zu Recht eine Vielzahl von Fragen: Wie kann es sein, dass Einnahmen über die politische Richtungsentscheidung einer Zeitung bestimmen? Wie viel Geld ist da geflossen? Was verspricht sich das Verlagshaus von dieser Entscheidung? Soll etwa eine neue Leser*innenzielgruppe gewonnen werden?
Die Linke Konstanz und die Linke Liste Konstanz bedauern ausdrücklich, dass die lokale Tageszeitung das eigene Profitstreben einer klaren Haltung zu Antifaschismus, Antirassismus und gegen Antisemitismus vorzieht.
Für uns Linke ist eine Maxime unverhandelbar: Mit Rechtsradikalen machen wir keine Geschäfte.
Hier die Stellungnahme der Freien Grünen Liste:
Mit großem Entsetzen mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass der SÜDKURIER seiner Ausgabe vom Donnerstag, 24.2.2021 eine „Wahlzeitung“ der AfD beigefügt hatte. Im KONSTANZER ANZEIGER fand sich ebenfalls diese „Wahlzeitung“ als Beilage. Die Aufmachung dieser Wahlzeitung erweckt ganz bewusst den Eindruck einer Nähe zum SÜDKURIER und den Printmedien aus dem Medienhaus SÜDKURIER: Format und Papierqualität sind identisch. Man hat dann schon einiges gelesen, bis auffällt, dass die Hetze gegen KandidatInnen anderer Parteien und auch vertretene Haltungen so nicht zum Stil des SÜDKURIERs passen.
Wahlwerbung zugelassener Parteien ist ein Grundrecht und die Meinungsfreiheit ein hohes Gut. Aber muss man solche Publikationen verteilen? Und wenn man es tut, warum besteht man nicht auf ein anderes Format und Design, damit die Inhalte dieser Wahlzeitung klar von der Berichterstattung durch den SÜDKURIER abgegrenzt sind? Oder ist diese klare Abgrenzung und Distanzierung gar nicht gewollt?
Der SÜDKURIER hat sich mit dieser Aktion keinen guten Dienst erwiesen – das verdiente Geld geht auf der anderen Seite schnell wieder verloren durch Kündigungen von empörten AbonnentInnen. Und apropos Geld – man fragt sich schon, wie die AfD zu dem Geldsegen kommt, mit dem sie solche Wahlwerbung und deren professionelle Verteilung finanziert.
Für eine aufschlussreiche Interpretation der inhaltlichen Seite der AfD-Wahlwerbung verweisen wir gerne auf den Artikel „AfD-Blättle: Südkurier leistet Wahlkampfhilfe“ auf Seemoz.
MM/red
Mehr zum Thema:
25.02.21 | AfD-Blättle: Südkurier leistet Wahlkampfhilfe
26.02.21 | Südkurier wegen AfD-Wahlwerbung schwer unter Beschuss
01.03.21 | Ganz dicke Luft beim Südkurier
04.03.21 | Werte im Ausverkauf
@link von Benni Tasdelen
Wow, das Wochenblatt gehört gefeiert!
Während es beim Südkurier weiter (zwangsweise) heißt: Geschäftsführer befiehl – wir folgen dir.
Die Einnahmen durch die „AFD Seesicht“ könnte man ja theoretisch an „Projekte gegen Rassismus, gegen das Vergessen des Holocausts und für die Integration von Geflüchteten“ spenden.
Ein Wochenblatt aus der Nachbarschaft, das neulich ebenfalls die „AFD Seesicht“ enthielt, ist auf diese interessante Idee gestoßen.
https://www.wochenblatt.net/heute/nachrichten/article/liebe-leserinnen-und-leser-49/
Dass sich die Chefetage des Südkuriers die ganze Zeit mit dem Stichwort „Überparteilichkeit“ als Helden in dieser Geschichte stilisieren möchten, ist schon wirklich schwer zu ertragen: Es wird niemand von der Linken zur Talkrunde ins Theater eingeladen, bei der OB Wahl wird eindeutig Stellung bezogen, aber jetzt wollen sie alle die überparteilichen Bewahrer der Demokratie sein – einfach nur krass.
Aber Leute, ich habe eine super Idee:
Wir fragen Herrn Prof. Dr. Dr. Nix, ob er noch Hakenkreuzbinden von der „Mein Kampf“-Inszenierung irgendwo im Keller hat. Jeder der die Binde trägt, darf kostenlos Südkurier lesen. Das ganze wird von einem Comedien zur Kunstaktion erklärt und als Sahnehäubchen darf Herr Osner die Berchenschule zumachen, um mit dem Geld eine Studie zu bestellen, die klärt, wer und was alles dem Image der Stadt schadet. Ergebnis: Luigi Pantisano. Die Studie erscheint eindeutig gekennzeichnet im Südkurier.
Ja, ich weiss, polemisch, tut mir leid – aber ehrlich, manchmal ist dass, was in dieser Stadt passiert nur mit Spott zu ertragen.