AfD-Beilage in Lokalpresse: AntifaschistInnen fordern öffentliche Entschuldigung
Mit Hetze, Antisemitismus und Verschwörungsmythen dürfe es keinen Wahlkampf geben, schreibt die Kreisvereinigung Konstanz der VVN-BdA mit Blick auf die Südkurier und Singener Wochenblatt beigelegte AfD-Wahlpropaganda. Die Antifa-Organisation wirft den Verantwortlichen in einer Pressemitteilung vor, zu einer von Faschisten und der AfD angestrebten Spaltung der Gesellschaft beizutragen. Eine öffentliche Entschuldigung und das Spenden der Erlöse sei angemessen.
Die Mitteilung der VVN-BdA Kreisvereinigung Konstanz im Wortlaut:
Mit großer Sorge sehen wir, wie im Wahlkampf dieser Tage in den Landtagswahlkreisen Konstanz (56) und Singen (57) einem faschistischen Welt- und Menschenbild und offenem Antisemitismus Türen zur gesellschaftlichen Mitte geöffnet werden.
Namentlich von dem zur Augsburger Mediengruppe Pressedruck gehörenden Südkurier und vom Verlag Singener Wochenblatt wurde eine Beilage des AfD-Kandidaten Thorsten Otterbach verteilt. Diese lagen den Südkurier-Regionalausgaben im Wahlkreis Konstanz und dem verlagseigenen „Konstanzer Anzeiger“ bei. Die gleiche Beilage wurde vom Verlag des Singener Wochenblatt mit der Radolfzeller Ausgabe verteilt. Im Singener Wochenblatt wurde außerdem eine Werbeanzeige für eine Veranstaltung in Rielasingen-Worblingen des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon abgedruckt.
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Gedeon wurde Aufgrund zahlreicher antisemitischer Äußerungen und Veröffentlichungen in der laufenden Legislaturperiode aus AfD-Landtagsfraktion und Partei ausgeschlossen.
Für uns als Verband der vom Nationalsozialismus Verfolgten und politischen Gefangenen des NS-Regimes ist ein solches Verhalten grundsätzlich und vor allem aus reinem Profitinteresse der Verlage unerträglich. Hier werden Grenzen überschritten, die in der seriösen Medienlandschaft und im breiten Teil unserer Gesellschaft auf keine Akzeptanz stoßen. Der Nationalsozialismus ist eben kein „Vogelschiss der Geschichte“, sondern stetige Mahnung genau hinzuhören oder hinzusehen und menschenverachtende Ideologien nie wieder Raum zu geben.
Südkurier und die VVN sind nach der Befreiung vom Nationalsozialismus unter gleichen Vorzeichen entstanden. Unter den ersten Herausgebern des Südkurier befinden sich die NS-Verfolgten Karl Julius Großhans und Rudi Goguel. Erster Chefredakteur war Johannes Weyl, den das Landesarchiv Baden-Württemberg als „Gegner des NS-Regimes“ benennt dessen journalistisches Wirken „an der Aufklärung über NS-Verbrechen“ orientiert war.
Weyl hatte 1950 auch das Rückgrat sich dem Nachkriegs-Oberbürgermeister Heinz Knapp und „Heimatdichter“ Wilhelm von Scholz zu widersetzen und Veröffentlichungen im Südkurier wegen der Nazi-Vergangenheit von Wilhelm von Scholz und seines antisemitischen Werkes zu verweigern.
Vor diesem Hintergrund wirkt das Handeln der Verantwortlichen beim Südkurier dieser Tage als geschichtsblind und trägt zu einer von Faschisten und der AfD angestrebten Spaltung der Gesellschaft bei. Volksverhetzung, Antisemitismus, Verschwörungsmythen und Hetze gegen Andersdenkende oder Geflüchtete sind keine Meinungen im Sinne eines demokratischen Diskurses, denen Raum zu verschaffen sei. Im Gegenteil: Sie erfordern klare Gegenrede der Zivilgesellschaft und gesellschaftliche Ächtung.
Selbstverständlich sind Südkurier und Wochenblatt nicht verpflichtet Wahlwerbung zu akzeptieren und entscheiden welchen Auftrag sie annehmen und welchen sie ablehnen. Andere Behauptungen sind haltlos und Augenwischerei. Die VVN-BdA Kreisvereinigung Konstanz hält eine Entschuldigung der Verantwortlichen für angemessen und ruft die Verlage auf, die Erlöse aus Druck und Veröffentlichung an soziale Projekte zu spenden. Der Freiburger Verlag der Badischen Zeitung hatte im Dezember ebenfalls eine AfD-Beilage verteilt, sich bei seinen Leserinnen und Lesern dafür entschuldigt und die Erlöse gespendet.
Die VVN-BdA Kreisvereinigung Konstanz hat die Zusammenarbeit mit den betroffenen Verlagen eingestellt und wir werden die Redaktionen von Südkurier, Konstanzer Anzeiger und Singener Wochenblatt nicht mehr mit Pressematerial oder Informationen versorgen.
Sprecherrat der VVN-BdA Kreisvereinigung Konstanz
MM/red