KandidatInnen zu CETA: Grünes Herumeiern

Als die Grünen noch mehrheitlich gegen CETA waren: Großdemo in Stuttgart, September 2016

Wie die Landtagswahl am Sonntag ausgeht, kann nicht nur Folgen für die Politik im Südwesten haben. Eine neue Regierungskonstellation würde womöglich auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat ändern. Der spricht auch in Bundesangelegenheiten mit und entscheidet bald etwa über CETA, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Grund genug für das lokale Bündnis für gerechten Welthandel, die Kandidierenden der beiden Wahlkreise im Landkreis nach ihrer Position zu fragen.

Das Abkommen wird in Teilen zwar schon umgesetzt, nicht in Kraft getreten sind aber bisher die Investitionsschutzbestimmungen, die unter dem Vorbehalt der Zustimmung der parlamentarischen Gremien in den 27 EU-Mitgliedsstaaten stehen. Hierzulande gehört dazu neben dem Bundestag auch die Ländervertretung. Lehnt auch nur eines dieser Gremien die Ratifizierung ab, ist der gesamte CETA-Vertrag hinfällig. Eine Chance also, das Abkommen doch noch zu Fall zu bringen, meint das Bündnis.

Warum die Konstanzer AktivistInnen als Teil einer weltweiten Bewegung seit Jahren gegen CETA und andere Freihandelsabkommen kämpfen, und wie die Antworten der Landtags-KandidatInnen ausgefallen sind, skizzieren sie in einer Pressemitteilung zur Kandidierenden-Befragung:

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Was CETA bedeutet

CETA ist ein demokratiefeindliches Handelsabkommen, da es bei der vollständigen Unterzeichnung durch alle europäischen Mitgliedsländer die staatliche Souveränität untergräbt, viele Umwelt-, Klima-, Verbraucherschutz-Richtlinien unterminiert und Arbeitnehmerrechte gefährdet. Außerdem eröffnet es transnationalen Konzernen die Möglichkeit, Staaten in seinem Geltungsbereich auf entgangene Gewinne in Millionen- oder Milliardenhöhe vor Schiedsgerichten zu verklagen, wenn beispielsweise gesetzliche Klimaschutzmaßnahmen die Konzerngewinne zu verringern drohen oder gentechnische Lebensmittel gesetzlich verboten würden.

Seit Ende 2017 wird das Abkommen in Teilen vorläufig angewandt – mit der Folge, dass z.B. deutlich mehr kanadisches Teersand-Öl auf den europäischen Markt kommt. Dieses mit hohem Aufwand der Umwelt abgetrotzte Öl hat die dreckigste Klimabilanz aller Ölgewinnungstechnologien und zerstört die Förderregionen auf Jahrhunderte; aufgrund des CETA-Handelsvertrags muss es von der EU abgenommen werden. Mit diesem Abkommen sind die Pariser Klimaschutz- Ziele nie und nimmer einzuhalten.

CETA ist zudem ein Abkommen, das den Konzernen alle Vorteile sichert, die Staaten aber dazu verpflichtet, immer mehr Privatisierungen auch in Bereichen anzustreben, die eigentlich in der öffentlichen Hand bleiben sollten (einige Beispiele sind Gesundheitswesen, Bildung oder Kultur). Diese dürfen nicht mehr rückgängig gemacht werden, auch wenn die Qualität der Dienstleistungen durch die Privatisierung sinkt.

Noch in diesem Jahr werden Bundestag und Bundesrat über das CETA-Abkommen abstimmen. Entscheidend dürfte das Votum im Bundesrat sein, an dem die künftige Baden- Württembergische Landesregierung beteiligt ist. Das heißt: Ob das internationale Abkommen dauerhaft in Kraft tritt, entscheiden auch die BürgerInnen und WählerInnen vor Ort. Und deshalb haben wir die KandidatInnen befragt.

Was die Kandidierenden sagen

Kurz zusammengefasst nahmen sie wie folgt Stellung:

– Grundsätzlich gegen CETA sprachen sich aus: die beiden KandidatInnen der Partei Die Linke, Antje Behler (Konstanz) und Franz Segbers (Singen) sowie Franz Weber (Konstanz) von der Ökologisch-demokratischen Partei ÖDP. Sie würden im Bundesrat gegen CETA stimmen.

– Grundsätzlich für das EU-Kanada-Handelsabkommen sind Levin Eisenmann (CDU) und Jürgen Keck (FDP). Sie befürworten eine weitere Liberalisierung des Handels trotz der Gefahren und Nachteile für die Zivilgesellschaft und die Demokratie. Ihre Haltung ist insofern widersprüchlich als beide die Pariser Klimaziele unterstützen, deren Einhaltung durch CETA unmöglich gemacht wird.

– Weniger eindeutig ist die Position der beiden grünen Kandidatinnen Nese Erikli (Konstanz) und Dorothea Wehinger (Singen). Obwohl die Grünen noch vor ein paar Jahren CETA und das geplante EU-USA-Abkommen TTIP vehement abgelehnt hatten und bei den großen Demonstrationen mit der Zivilgesellschaft dagegen auf die Strasse gegangen waren, würden beide Kandidatinnen wahrscheinlich für CETA stimmen, da Ministerpräsident Winfried Kretschmann eigenen Aussagen zufolge CETA befürwortet. Damit verrät die Landespartei in diesem Punkt ihre bisherige Haltung und begeht Wortbruch, zumal die Bundespartei CETA in seiner jetzigen Form ablehnt.

– Nicht geantwortet haben die KandidatInnen Petra Rietzler (SPD/Konstanz), Hans-Peter Storz (SPD/Singen), Tobias Herrmann (CDU/Singen), Markus Bumiller (FDP/Singen) und Michael Hinzen (ÖDP/Singen).

Die Antworten im Wortlauf finden Sie auf der Website des Konstanzer Bündnisses für gerechten Welthandel.

MM/red (Foto: P. Wuhrer)