„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen“

Den 8. Mai zum Feiertag machen: Das ist Ziel einer Kampagne, die die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano bereits vor einem Jahr angestoßen hatte. Nach Halle und Hanau ist das Anliegen, die Bedeutung des Jahrestags der Befreiung vom Nazi-Faschismus stärker ins öffentliche Bewußtsein zu rücken, dringlicher denn je. Die Konstanzer Kreisvereinigung der VVN-BdA möchte der Kampagne vor Ort mehr Unterstützung verschaffen. Den Auftakt macht eine Online-Veranstaltung mit der Bundesvorsitzenden der antifaschistischen Organisation.

Mehr als 122.000 Menschen unterstützen bislang die von Esther Bejarano und der VVN-BdA gemeinsam lancierte Online-Petition, den 8. Mai zum staatlichen Feiertag zu erheben. Da geht mehr, meint die Konstanzer VVN und will deshalb ihre Aktivitäten verstärken. So ist unter anderem eine Foto-Aktion in Planung, die der Kampagne regional Schwung verleihen soll (Infos sind unter vvn-konstanz@posteo.de zu erfragen), zudem wird man sich aktiv an der in Radolfzell geplanten Demo am Jahrestag selbst beteiligen. Bereits am morgigen Donnerstag, 15. April, hat die Kreisvereinigung die VVN-Bundesvorsitzende Conny Kerth zu einem digitalen Gespäch zu Gast, bei dem über das Thema informiert und diskutiert werden soll. Zu den Gründen, sich für einen Feiertag einzusetzen, der die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht als Befreiung von der Nazi-Diktatur würdigt, schreiben die lokalen VVN-Aktiven:

Am 8. Mai 1945 war nahezu ganz Europa von Faschismus und Krieg befreit. In Deutschland empfanden vor allem die Überlebenden des Holocaust, der Konzentrationslager und Zuchthäuser, die befreiten Zwangsarbeiter*innen und ihre Angehörigen den 8. Mai als den lang herbeigesehnten Tag der Befreiung. Aber auch wir alle, die wir heute leben, verdanken die Chance eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den alliierten Streitkräften.

Mehr als 55 Millionen Menschen fielen Naziterror, Holocaust und Vernichtungskrieg zum Opfer. Sie bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit unvorstellbarem Leid und ihrem Leben. 40 Jahre hat es gedauert, bis Richard von Weizsäcker als Präsident der Bundesrepublik den 8. Mai als Tag der Befreiung anerkannt und gewürdigt hat. Bis dahin hatte die Sicht der Nazis, der Profiteure, Mitläufer und Zuschauer das offizielle Vokabular geprägt: Zusammenbruch, Kapitulation, Niederlage, Besatzung.

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Mit Weizsäckers Rede 1985 wurde die Perspektive der Verfolgten des Naziregimes „gesellschaftsfähig“. Ein Tag der Erinnerung und Mahnung oder gar der Freude wurde der 8. Mai jedoch in der Bundesrepublik bis heute nicht.

Im Gegenteil: Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) wurde durch die Berliner Finanzbehörde die Gemeinnützigkeit abgesprochen und mit nationalistischen Organisationen wie der AFD werden wieder Stimmen laut, die eine „geschichtspolitische Wende“ fordern und damit meinen, das Gedenken an die Opfer des nationalsozialistischen Deutschlands zu beenden, da die 55 Millionen Toten ein „Vogelschiss der Geschichte“ seien. Doch unter Geschichte lässt sich kein ‚Schlussstrich‘ ziehen.

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“ (Primo Levi. Schriftsteller und Auschwitz-Überlebender)

Erinnern und Gedenken sind heute wichtiger denn je. Aus diesem Grund wollen wir darüber informieren und diskutieren, warum der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg endlich in ganz Deutschland ein offizieller Feiertag werden muss.

MM/red (Bild: Esther Bejanaro; © Oliver Wolters , CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons)


Was: Tag der Befreiung – 8. Mai Feiertag. Online-Veranstaltung mit Conny Kerth, Bundesvorsitzende der VVN. Wann: Donnerstag, 15.4., 19.30 Uhr. Anmeldung: per E-Mail unter vvn-konstanz@posteo.de.


Hier geht es zur Petition 8. Mai zum Feiertag machen!