Initiative warnt vor erheblicher Fehlinvestition

Im März hat der Konstanzer Gemeinderat, beraten vom renommierten Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), das Klimaschutz-Plus-Szenario mit Zieldatum 2035 beschlossen. Gas wird demnach als Energieträger in Konstanz bis 2035 nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Deshalb hinterfragen die WissenschaftlerInnen und AktivistInnen von „Konstanz klimapositiv“ die geplante Investition in eine zweite Gasanbindung für Konstanz und befürchten eine Fehlinvestition.

Die Stadt Konstanz soll so schnell wie möglich klimapositiv werden, also der Umwelt mehr Treibhausgase entziehen, als sie verursacht. Auf dem Weg dorthin will „Konstanz klimapositiv“ Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft mit Druck, Know-how und Ideen begleiten … „Keiner weiß, ob es uns gelingt, bis 2030 klimapositiv zu werden. Aber wir wissen: Je später wir damit anfangen, desto schwieriger wird es!“

Hier die Erklärung der Initiative:

Die Wärmeversorgung von Häusern hat aktuell den größten Anteil an dem in Konstanz ausgestoßenen CO2. Für den Klimaschutz liegt hier also ein wichtiger Hebel. „Die Wärmeverluste von Gebäuden und damit die Energiekosten können durch Sanierungen massiv verringert werden. Damit ist bis 2035 auch ein schrittweiser Umstieg auf eine erneuerbare Wärmeversorgung möglich“, so Maike Sippel, Mitinitiatorin und Professorin für Nachhaltige Ökonomie an der HTWG Konstanz. In der vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) erarbeiteten und vom Gemeinderat beschlossenen Klimastrategie 2035 spielt Gas eine untergeordnete Rolle und wird auf ca. ein Zehntel des heutigen Gasbedarfs zurückgehen. Angesichts dieser Planung fragen sich die Klimaaktivisten, weshalb die Stadtwerke in eine zweite Gasleitung für Konstanz investieren wollen.

Die Wärmewende ist ein Grundpfeiler für den Klimaschutz. Die technischen Alternativen zum Gas wie z.B. Wärmepumpen, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden können, sind bereits seit Jahren weit verbreitet und etabliert. Die Förderprogramme des Bundes sind attraktiv. Gute Voraussetzungen also, dass es tatsächlich gelingt, den Gasverbrauch in Konstanz bis 2035 um 90 % zu senken. Der Initiative ist es wichtig, dass die anstehenden Veränderungen nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern auch kosteneffizient sind.

Investitionen in fossile Infrastruktur rechnen sich nicht

Prof. Claudia Kemfert, Energieanalystin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), warnt in einem aktuellen Beitrag im Deutschlandfunk genau davor: „Wir planen ja eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien und da ist die Frage, ob man überhaupt noch fossile Infrastruktur in dem Umfang benötigt. Gerade die fossile Erdgasinfrastruktur rechnet sich nur, wenn man sehr lange Zeiträume im Blick hat, also mehrere Jahrzehnte.“ Deshalb drohe eine zweite Gasleitung für Konstanz ein verlorenes Investment zu werden. Dies zeigten auch die politischen Entscheidungen zum Ausstieg aus Öl und Gas in Österreich und den Niederlanden. Vielmehr sei es wichtig, jetzt mutig Verantwortung zu übernehmen und mit gebündelten Kräften und starker Unterstützung durch die Stadtwerke den Umbau der Wärmeversorgung anzugehen.

MM/red (Symbolbild: Kyle McKaskle auf Pixabay)

Quellen

Hier finden Sie eine Zusammenstellung der angeführten Quellen durch „Konstanz klimapositiv“.
– Prof. Claudia Kemfert (DIW), Studie kritisiert milliardenschwere Investitionen in EU-Gasprojekte. Deutschlandfunk, 04.02.2020. (Zugriff 02.05.2021)
– DIW 2021. Am Klimaschutz vorbeigeplant – Klimawirkung, Bedarf und Infrastruktur von Erdgas in Deutschland. In der Reihe „Politikberatung kompakt“, S. 5: „Angesichts des knappen Zeitfensters sind Investitionen, bei denen zumindest unklar ist, ob sie Teil einer dekarbonisierten Zukunft sein können, nicht mehr vertretbar.“ (Zugriff 26.4.2021)
– Beschlussvorlage zur Gemeinderatssitzung vom 11.3.2021, Foliensatz zur Begründung. (Zugriff 02.05.2021)