Raubkunst und Naher Osten

Das digitale vhs-Programm läuft munter vor sich hin und hat einiges an Schmankerln zu bieten – auch und besonders, was politische Volkaufklärung angeht. Der Restmai wartet dabei mit zwei intellektuellen Großkalibern auf: Bénédicte Savoy spricht mit Arno Bertina im Rahmen ihrer Bücher über afrikanische Raubkunst in westlichen Museen; Navid Kermani und Michael Brenner klamüsern jüdisch-christlich-islamischen Glauben und den Orient als gefährdeten Kulturraum dieser drei Weltregionen auseinander.

Für die folgenden Veranstaltungen müssen Sie sich anmelden. Das ist jeweils bis zum Veranstaltungstag um 16 Uhr möglich. Am einfachsten schreiben Sie bei Interesse eine Mail an konstanz@vhs-landkreis-konstanz.de. Sie erhalten dann den Link zur Veranstaltung.

Bénédicte Savoy, Arno Bertina: Afrikas Kampf um seine Kunst

Di, 18.05.21, 19.30–21.00 Uhr, Online-Diskussion; gratis, aber auf Französisch mit Möglichkeit zur Simultanübersetzung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Noch immer steht der Kulturschatz kolonialisierter Länder in rauen Mengen in den Museen der westlichen Welt herum, damit diese sich am fremden Exotischen ergötzen und auf Weltbürgerïn machen kann. Der Kampf der kolonialisierten Länder um ihr kulturelles Erbe ist dabei so alt wie der Kunstraub der Kolonialnationen selbst. Er wurde in der Vergangenheit immer wieder mit hanebüchenen pseudowissenschaftlichen Argumenten abgetan („Wir müssen doch die Kunst vor den Afrikanerïnnen retten, das vergammelt doch alles bei denen im Wüstensand“). Auch deutsche Museen haben sich dieser Verbrechen schuldig gemacht und sind bis heute nicht bereit, ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten und Gerechtigkeit walten lassen (Stichwort: Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Humboldt-Forum).

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Schon vor 50 Jahren kämpfte Afrika um seine Kunst, die während der Kolonialzeit massenweise in europäische Museen gelangt war – und fand dabei durchaus auch Unterstützung im Westen. Am Ende jedoch war der Kampf nicht nur vergebens, er wurde auch erfolgreich von den Westmächten vergessen gemacht. Die Argumente aber, mit denen bereits damals versucht wurde, die Forderungen aus Afrika zu entkräften und Lösungen zu verhindern, ähneln auf frappierende Weise denen von heute.

Prof. Bénédicte Savoy ist Professorin für Kunstgeschichte an der TU Berlin und am Collège de France in Paris. Sie hat vielfältig zu Kunstraub und Beutekunst geforscht und ist eine der prominentesten Stimmen in der Debatte um die Rückgabe geraubter Kulturgüter in westlichen Sammlungen. Zusammen mit Felwine Sarr hat sie den vielbeachteten Bericht für Emmanuel Macron zur Restitution afrikanischen Kulturguts an die Herkunftsländer verfasst. 2021 erscheint bei C. H. Beck ihr neues Buch „Afrikas Kampf um seine Kunst: Geschichte einer postkolonialen Niederlage“.

Arno Bertina ist Autor von Romanen, Essays und Radiofeatures, in denen er häufig zeitgeschichtliche Themen aufgreift. So behandelt er in dem von Bénédicte Savoy ins Deutsche übersetzten Buch „Mona Lisa in Bangoulap: Die Fabel vom Weltmuseum“ (Matthes & Seitz 2016) ebenso spielerisch wie geistreich die Widersprüche der Museumsarbeit in der postkolonialen Weltgesellschaft. Das Gespräch zwischen Bénédicte Savoy und Arno Bertina wird moderiert von Michaela Wiegel, politische Korrespondentin der FAZ für Frankreich.

Constanze von Bullion, Nico Fried: Regieren in unsicheren Zeiten – Was kommt nach Merkel?

Di, 25.05.21, 19.30–21.00 Uhr, Online-Diskussion, gratis. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nach 16 Jahren Kanzlerschaft geht Angela Merkel im Sommer 2021, mitten in national wie international schwierigen Zeiten. Gerade jetzt, zum ersten Mal seit 1949, können die Bürgerinnen und Bürger bei der nächsten Bundestagswahl nicht über eine Amtsinhaberïn urteilen. Und erstmals könnte es auf Bundesebene eine Koalition aus Union und Grünen geben? Was auch immer auf Merkel folgt, muss eine Regierung zustande bringen, die vor größten Herausforderungen steht. Die Pandemie und deren soziale und wirtschaftliche Folgen werden Deutschland und die Welt noch lange beschäftigen; eine gesellschaftliche Spaltung muss verhindert werden; und der Klimawandel erfordert nicht nur einen Umbau der Wirtschaft, sondern fordert alle heraus.

Constanze von Bullion und Nico Fried arbeiten beide in der Parlamentsredaktion der Süddeutschen Zeitung.

Navid Kermani im Gespräch mit Prof. Michael Brenner

Do, 27.05.21, 19.30–21.00 Uhr, Online-Gespräch, gratis. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der religiös aufgeladene Nahostkonflikt hat durch die jüngsten Anschläge und Kampfhandlungen in Israel neuen Sprengstoff bekommen. Doch mit den Raketen hagelt es auch wieder die alten Klischees und Antisemitismen, die Israel als Terrorstaat diffamieren und eine ihrerseits illegitime Terrororganisation als Repräsentantin einer ganzen palästinensischen Volksgemeinschaft sehen wollen. Gleichzeitig verlieren sich die pseudoreligiösen Rechtfertigungen des Konflikts in den Verwirrungen der Vergangenheit und politischen Machtansprüchen von allen Seiten. Währenddessen brennen auch in Deutschland wieder Davidssterne und Israelflaggen, während dem „Judenstaat Israel“ das Übel der Welt angehängt wird.

Der Nahostkonflikt ist auch auf den deutschen Straßen sichtbar, wenn sich Linke, Rechte, Fatah- und Hamasanhängerïnnen zusammentun, um „Free Palestine“ zu skandieren und die Auslöschung von Israel und Jüdïnnen zu fordern. Argumente und sachliche Analysen verlieren sich dabei im Nirgendwo und auf beiden Seiten werden dadurch sinnlos Menschenleben verheizt.

Damit befassen sich unter anderem auch Navid Kermani, Schriftsteller und habilitierter Orientalist, und Michael Brenner, Professor für jüdische Geschichte und Kultur an der LMU München. Denn kulturell, gesellschaftlich und religiös sind Jüdïnnen, Christïnnen und Muslimïnnen sehr viel enger miteinander verwoben, als es bei diesen großen Konflikten für gewöhnlich den Anschein hat. Die beiden diskutieren dabei nicht nur die deutsch-jüdische Geistesgeschichte und deren Einfluss auf die Gegenwart, sondern auch über einen Kulturraum, der für Menschen jüdischen, christlichen und islamischen Glaubens ein absurdes Konstrukt aus Heimat und verbrannter Erde darstellt.

MM/jh (Bild: Amrei-Marie, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)