CO2-Preis: „Den Schaden haben die Mieter“

Klimapolitik nach GroKo-Art: Die durch den CO2-Preis steigenden Kosten für Öl und Gas sollen allein die Mieter:innen schultern, die Vermieter:innen bleiben verschont. Einmal mehr kann die Immobilien-Lobby damit Vollzug melden. Dabei haben zur Miete Wohnende gar keine Möglichkeit, für klimaschonende Lösungen zu sorgen, das liegt in der Verantwortung der Eigentümer. Ginge es mit rechten Dingen zu, müssten diese die Mehrkosten deshalb zur Gänze übernehmen. Doch selbst dem Vorschlag, sie zu teilen, erteilte die Union letztlich eine Absage. Der Mieterbund Bodensee nimmt sich deshalb den CDU-Wahlkreisabgeordneten Andreas Jung zur Brust, und auch die Konstanzer Linke-Bundestagskandidatin lässt kein gutes Haar an dem Entscheid.

Unwirksam, aber teuer für Mieter

„Der steigende CO2-Preis macht das Wohnen für Mieter teurer. Doch das Klima profitiert davon nicht“, kritisiert der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Herbert Weber, den Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (CDU) in einer Medieninformation. Denn auf Druck der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde eine Einigung innerhalb der Bundesregierung, den zusätzlichen CO2-Preis zwischen Mietern und Vermietern je zur Hälfte aufzuteilen, wieder aufgekündigt. „Den Schaden haben jetzt die Mieter,“ sagt Weber.

In einem offenen Brief an den Abgeordneten hatte Weber im Vorfeld nachdrücklich für eine Lastenteilung  zwischen Mieter Vermietern geworben. Denn der Co2-Preis sei eine Lenkungsabgabe, die zu Investitionen in klimafreundliches Verhalten anregen soll. Bei Wohngebäuden entscheiden jedoch Eigentümer und Verwalter, ob in neue energie-effiziente Heizung investiert werde oder nicht. Zahlen Mieter den CO2-Preis alleine, so gebe es keinen Investitionsanreiz.

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Die Mehrkosten für eine vierköpfige Familie seien nach einer Modellrechnung des Mieterbunds beträchtlich. Sie werde bei einer Ölheizung mit einem Betrag von 140 bis 180 Euro im Jahr 2021 belastet. Steigende Co2-Preise treiben diese Belastungen in den Folgejahren weiter. „Wohnungssuchende in unserer Region sind froh, überhaupt eine Wohnung zu finden. Sie können nicht wählerisch sein, auch bei der Heizung nicht,“ fasst Weber die Realität auf dem Wohnungsmarkt zusammen. Durch den persönlichen Verbrauch lasse sich nur ein kleiner Teil des drohenden Mehraufwands vermeiden.

Webers deutliche Kritik an der Bundesregierung: Solange Mieter für den CO2-Preis alleine aufkommen müssen, nütze dieser dem Klima nichts. Nur wenn auch die Hauseigentümer an den steigenden Kosten für die CO2-Emissionen beteiligt werden, kann überhaupt eine Lenkungswirkung entstehen. Ansonsten verursache die Politik im Gebäude-Energiebereich ein „Umverteilungsmodell“. Mieter subventionierten die umweltfreundlichen, aber teuren neuen Heizungsanlagen in den Einfamilienhäusern und Villengegenden.

„Nachhaltiger kann man Klimaschutz für weite Teilen der Bevölkerung nicht diskreditieren“, schrieb Weber an den Abgeordneten. Nachdem sich die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion beim CO2-Preis durchgesetzt habe, müsse der neue Bundestag diese Fehlentscheidung zu Lasten der Mieter korrigieren.

Röth versus Vermieter-Lobby

Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen und die Menschen gleichzeitig mitzunehmen, dürfen die Maßnahmen der Politik weder zu kleinteilig noch zu unausgewogen sein, kommentiert Sibylle Röth den Kabinettsentscheid in einer Pressemitteilung. Der gerade gescheiterte Kompromiss bei den CO2-Preisen, die nun einseitig den Mieter:innen übertragen werden, sei dafür ein Negativbeispiel. Röth: „Es ist ein Unding, die Kosten allein den Mieter:innen aufzubürden. Als ob die Miete nicht bereits jetzt schon für viele viel zu hoch wäre. Wieder mal vollzieht die Bundesregierung auf dem Rücken der Schwächsten eine Politik der Umverteilung von unten nach oben.“

Die Argumente der Christdemokraten sind laut Röth wenig überzeugend: „Die Idee, Menschen würden zum Spaß mehr verbrauchen, wenn es der Vermieter bezahlen müsste, ist eine absurde Unterstellung.“ Schließlich würden diese Kosten dann über eine erhöhte Miete ohnehin an sie zurückgegeben. Stattdessen müsste eine gesetzliche Regelung gerade solche Mehrbelastungen der Mieter:innen verhindern: „Zum einen ist es schäbig, die Vermieter:innen aus der Verantwortung für den Verbrauch zu nehmen, sind sie doch für den Zustand der Heizungsanlagen, Fenster und Wärmedämmung zuständig. Zum anderen führen Kostensteigerungen bei den heutigen Mietpreisen schlicht zu einem deutlich erhöhten Armutsrisiko.“ Denn viele Mietende könnten sich die ökologische Qualität ihrer Wohnung, für die sie nun allein die Rechnung präsentiert bekamen, schlicht nicht aussuchen.

Röth weist zudem auf eine Erhebung der Nicht-Regierungsorganisation „moreincommon“ hin, aus der die Mängel dieser Art von Klimapolitik hervorgingen: „Die Bürger sind mehrheitlich von der Notwendigkeit zum Klimaschutz überzeugt. Sie verlangen aber eine Politik aus einem Guss, die sie als gerecht und durchdacht anerkennen können. Genau das bietet das ständige Stückwerk, das die Koalition produziert, nicht.“ Auch das breit empfundene Missverhältnis der Mehrbelastung der einfachen Privathaushalte zugunsten der Großunternehmen, die sich aus der Verantwortung stehlen, werde durch den fehlgeschlagenen Kompromiss nur befördert. „Nur dann, wenn die Klimapolitik sinnvoll und langfristig gedacht wird und zugleich alle je nach ihren Kapazitäten belastet, nehmen wir alle Menschen mit. Genau das wollen sie auch!“ Anstatt sich in großkoalitionärem Kleinkrieg zu verlieren, brauche es eine Klimapolitik, die auf die Erwartungen und Interessen der Bevölkerung eingehe.

MM Mieterbund, Linke/jüg (Bilder: Bild: ri auf Pixabay; Mieterbund Bodensee; Archiv)