Ein „Kriegsheld“ weniger
Geht es nach den Vorstellungen der Straßenbenennungskommission, dann wird der Konstanzer Gemeinderat am morgigen Donnerstag entscheiden, die „Von-Emmich-Straße“ in „Georges-Ferber-Straße“ umzubenennen. Der Vorschlag wurde von FGL-Rat Werner Allweiss eingebracht und überzeugend begründet. Damit findet eine Diskussion ihr vorläufiges Ende, die aktuell auch in Radolfzell begonnen hat – auch dort will man Straßennamen nicht weiter nach „Kriegshelden“ benennen. Demnächst dazu mehr auf seemoz.
Das Andenken an den „Kriegshelden“ Otto von Emmich (1848 – 1915), so Werner Allweiss, sei „heute in unserer Stadt nicht mehr vertretbar“. Und das FGL-Urgestein und Kenner der Konstanzer Stadtgeschichte führt weiter aus: „Otto von Emmich war wenige Jahre von 1897 bis 1901 Regimentskommandeur des 6. Badischen Infanterieregiments Nr. 114 in Konstanz. Nach verschiedenen militärischen Positionen wurde er im Jahr 1909 zum General der Infanterie und zum Kommandierenden General des 10. Armeekorps in Hannover befördert. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges war Otto von Emmich der erste deutsche General, der mit seinen Truppen am 4.August 1914 die Grenzen zum neutralen Belgien überschritt, der Überfall auf die neutralen Staaten Belgien und Luxemburg war eindeutig eine völkerrechtswidrige Invasion. In den folgenden Kämpfen um die belgische Stadt Lüttich tat sich Otto von Emmich besonders hervor. Lüttich wurde am 7. August 1914 eingenommen, die letzten der 12 umgebenden Forts kapitulierten am 16. August 1914. Bei den Kämpfen um Lüttich kam es erstmals zur Erschießung von Zivilisten, dies war der Beginn einer langen Reihe von schrecklichen Kriegsverbrechen des deutschen Militärs an der belgischen Zivilbevölkerung“.
Für Allweis ist somit klar: „Der damals als „Eroberer von Lüttich“ gefeierte Otto von Emmich gilt heute als typisches Beispiel eines militaristischen, nationalistischen Heldenkults. Die Ehrung des Invasionskriegers durch eine Straßenbenennung erfolgte in Konstanz im übrigen während der Nazi-Herrschaft (so die Auskunft des Konstanzer Historikers Arnulf Moser).“
Anfangs hatte die Straßenbenennungskommission dafür plädiert, die Bruder-Klaus-Straße um den Abschnitt der bisherigen Von-Emmich-Straße zu verlängern. Davon kam man ab, denn dann hätte man alle Hausnummern auch in der bisherigen Bruder-Klaus-Straße ändern müssen. Diesen großen, auch finanziellen Aufwand wollte man umgehen, außerdem befürchtete die Verwaltung Einsprüche der Anwohner.
Nun also wird Georges Ferber, Ehrenringträger der Stadt Konstanz, mit einer Straßenbenennung geehrt. Ferber hat – neben Andre Noel, nach dem bereits eine Straße benannt ist – als ehemaliger Kultur- und Informationsoffizier der französischen Militärregierung in Konstanz ab 1945 die Aussöhnung und Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich vorangetrieben.
Eine Auffassung, der sich auch die „Deutsch-Französische Vereinigung Konstanz“ (DFV) vorbehaltlos anschließen kann. DFV-Präsident Claus-Dieter Hirt zeigte sich erfreut über die Umbenennung und spricht von einem „überregionalen Zeichen“: Wer übrigens mehr wissen will über das Wirken des Elsässers Georges Ferbers, dem sei das kürzlich erschienene Buch der DFV „Französische Spuren in Konstanz“ empfohlen.
Andere Vorschläge für künftige Straßenbenennungen wurden vorgemerkt. Darunter Friedrich Hecker, Emma Herwegh, Ignaz Vanotti und auch Amalie Struve. Diese „Revolutionäre, Freiheitskämpfer und Frauenrechtlerinnen“, so die Vorlage, sollen bei einem der nächsten Neubaugebiete „gemeinsam berücksichtigt“ werden.
Autor: H.Reile
Sauber bleiben Ekkehard Faude. Man kann nicht Diskussionen um Scholz, Helmle u.w. führen, ohne nachzudenken welche Ehrungen noch andere Verstrickte in Konstanz bekommen haben. Auch das mittelalterliche Umfeld von Johannes Hus soll ja sogar für vier Jahre bald befeiert werden. Alles abhaken?
Sind diese retrograden Diskussionen nicht so langsam ein Zeichen dafür, dass den Konstanzern die Zukunft zu unsicher wird? Ist es wirklich von Bedeutung, Straßenschilder, bei denen sowieso die wenigstens wissen, wem sie gelten, neu zu beschriften?
Ich plädiere für die Umbenennung der Moltkestraße in Blücherstraße. Leberecht von Blücher, zwar ein Militär, aber einer der mitten in einer Schlacht gegen Napoleon meinte, er sei schwanger… Entspannt euch, Jungens…
Dass die von Emmich-Straße unkoscher ist, hat Tobias Engelsing übrigens in seinem etwa vor 30 Jahren erschienenen Buch „Straßen und Namen in Konstanz“ schon festgestellt. Das hätte also weitere 30 Jahre Zeit.
Und die Moltkestraße?
Die Moltkestraße führt von Nr. 3 des St.-Gebhard-Platzes in die Gustav-Schwab Straße. Sie wurde 1876 nach Generalfeldmarschall Graf Hellmut von Moltke (l800-l891) benannt. Moltke ist eine Symbolfigur für den aggressiven deutschen Militarismus. Er wird als Vorbild in der Führung moderner Massenheere betrachtet. Die vom Generalstab unter Moltkes Führung entwickelte Miltärdoktrin prägte den inneren „Geist“ des Militärs: Kadavergehorsam auf der einen, Kastengeist auf der anderen Seite.
Doch schon etliche Jahrzehnte zuvor sammelte er einschlägige Erfahrungen in der Durchführung blutiger Gemetzel. So war Moltke ab 1834 für einige Jahre militärischer Berater bei den Osmanen und in dieser Zeit hauptsächlich am Krieg gegen die kurdische Nationalbewegung beteiligt. Die Grausamkeiten in der Niedermetzelung der KurdInnen nahmen unvergleichbare Ausmaße an, wie Moltke selbst in seinen „Briefen über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835-1839“ bestätigt.
Seit 120 Jahren ehrt die Stadt Konstanz diesen deutschen Militaristen mit einem Straßennamen.