Engagiert und widerspenstig: Wer wars? (45)
Die selbstbewusste Maestra
„Wäre ich ein Mann, ich weiß nicht, ob er so davongekommen wäre“, empörte sie sich, als ein Kunde einen ihrer Entwürfe einfach von einem billigeren Maleratelier ausführen ließ. Sie hatte es nicht leicht als Frau in diesem von Männern dominierten Metier. Dabei ging es der 1593 in Rom geborenen Künstlerin besser als den meisten anderen begabten Frauen, denen aufgrund ihres Geschlechts von vornherein jedes Talent abgesprochen wurde. Ihr Vater, in dessen Malerwerkstatt auch Caravaggio verkehrte, war stolz auf die Begabung seiner Tochter, unterrichtete und förderte sie.
Und so malte sie bereits mit siebzehn Jahren „Susanna und die Ältesten“ – eine Bibelszene, in der eine junge Frau sich der Zudringlichkeit zweier alter Richter zu entziehen versucht. Dabei legte sie so viel Emotion in Haltung und Mimik der Protagonistin, dass manch einer persönliche Erfahrungen dahinter vermutete. Als sie zwei Jahre später tatsächlich als Vergewaltigungsopfer vor Gericht stand – in einem demütigenden Prozess, denn natürlich glaubte man ihr zunächst nicht –, bannte sie mit großer Virtuosität die biblische Enthauptung des Holofernes auf Leinwand: eine ungewöhnlich blutige Inszenierung mit kraftvoll zupackenden Heldinnen, in deren Gesicht sich leise Genugtuung spiegelt.
Nach dem gewonnenen Prozess heiratete sie einen Freund (und Schuldner) ihres Vaters in Florenz, wurde am Hof Cosimos II. de’ Medici eingeführt und 1616 aufgrund ihres außerordentlichen Talents in die Florentiner Akademie der Künste aufgenommen – als erste Frau überhaupt. Sie knüpfte wertvolle Kontakte, erhielt zunehmend Aufträge und brachte, während sie die Finanzlöcher ihres genusssüchtigen Mannes zu stopfen versuchte, einige Kinder zur Welt. Am Ende aber musste sich die Familie der Gläubiger wegen nach Rom zurückziehen.
Als sie sich 1630 im brodelnden Neapel niederließ – von ihrem Mann hatte sie sich getrennt –, war sie bereits eine international hoch geachtete Künstlerin und Inhaberin einer florierenden Werkstatt. Sie malte für Könige, Herzoginnen, Kardinäle und setzte dabei sehr naturalistisch meist mythologische und biblische Szenen um, in deren Mittelpunkt starke Frauen standen.
Wer war die mit etwa sechzig Jahren verstorbene und danach jahrhundertelang übersehene Barockmalerin, nach der auf der Venus ein Krater benannt wurde und der die feministische Künstlerin Judy Chicago in ihrer Installation „The Dinner Party“ ein Gedeck auflegte?
Text und Bildcollage: Brigitte Matern
Die Auflösung erscheint am kommenden Montag.