Grüne Gewitterwolken
Für die anstehenden OB-Wahlen bewerben sich zwei grüne Kandidatinnen. Allemal Zündstoff also für die Konstanzer Grünen und ihre Anhängerschaft. Auch wenn es die Bewerberinnen ganz anders sehen.
Noch im Herbst 2011 suchten die Grünen per teurer Anzeige in der TAZ eine Kandidatin oder einen Kandidaten für den freiwerdenden OB-Sessel. Eine Findungskommission wurde einberufen, die monatelang keine Informationen über den jeweiligen Stand nach außen dringen ließ. Die Auswahl an überregionalen Berwerberinnen schien aber nicht üppig gewesen sein, denn es sind mit Christiane Kreitmeier und Sabine Seeliger zwei lokale Kandidatinnen, die sich am Mittwoch präsentieren werden. Beide wollen von einer „Kampfkandidatur“ nichts wissen, obwohl ihnen längst klar ist, dass es sich um eine solche handelt. Da hilft auch kein intern verordneter Schmusekurs.
Den Kandidatinnen ist insgeheim längst klar, dass sie sich mitten in einem Richtungskampf befinden, dem vor allem die Freie Grüne Liste (FGL) ausgesetzt ist. Hier Sabine Seeliger, die als Aktivistin in Verkehrsfragen vor allem den Handel und die bürgerlichen Parteien oft bis zur Weißglut reizt und außerdem vehement gegen das KKH aufgetreten ist. Dort Christiane Kreitmeier, die nach Kräften versucht, ihre auseinander driftende FGL-Fraktion zusammen zu halten. Eine Fraktion, die im Gemeinderat teilweise auch mit Kreitmeiers Stimme Entscheidungen mitgetragen hat, die kaum vermittelbar waren.
Mehrere Mitglieder der FGL ließen sich von Oberbürgermeister Horst Frank vor seinen Karren spannen und votierten für das KKH. Der deutliche Riß, der damals durch die stärkste Fraktion im Konstanzer Gemeinderat ging und sie schier gespalten hätte, wurde mit viel Aufwand notdürftig geflickt. Auch bei der Kündigung von Müller-Esch drehten Teile der FGL mit am rostigen Rad und trugen dazu bei, der Stadt einen Millionenschaden zu bescheren. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Für Beobachter der kommunalpolitischen Szenerie hat die FGL viel an Biss und Renommee verloren. Von ihrer einstigen Wächterposition in Richtung Verwaltung sei kaum etwas übrig geblieben, bedauern viele. Die FGL habe, ähnlich wie die Grünen in Bund und Land, ihren Peak überschritten. Nun zähle die nackte Besitzstandswahrung vor Ort, andere nennen das Machterhalt.
Und um einen solchen geht es bei der kommenden OB-Wahl. Der Sessel soll grün bleiben, obwohl er in den vergangenen Jahren immer schwärzer wurde. Nach Ansicht ihrer Unterstützer steht Sabine Seeliger mit ihren Vorstellungen, nicht nur in verkehrspolitischen Fragen, (autofreie Innenstadt/City-Maut) für mehr kommunalpolitischen Mut und frischen Wind als ihre Gegenkandidatin Christine Kreitmeier. Seeliger weiß aber sehr wohl, dass sie moderat auftreten muss, wenn sie mit ihrer Kandidatur überhaupt eine Chance haben will. So gesehen sind ihre aktuellen Aussagen: „Denkverbote vermeiden“, „offen und öffentlich über Lösungsansätze diskutieren“, nachvollziehbar. Wer auch immer bei den Grünen das Rennen macht: Eine Richtungsänderung steht zur Debatte.
Autor: H.Reile