Was sind die Versprechen der Wohnungskäufer wert?
Herbert Weber lässt nicht locker: Der SPD-Stadtrat und Vorsitzende des Deutschen Mieterbunds Bodensee will endlich wissen, was es mit den Mieterhöhungen der „patrizia“-Wohnungen auf sich hat. Im Februar war bekannt geworden, dass die Landesbank LBBW in Baden-Württemberg rund 21.000 Wohnungen an das Augsburger Immobilienunternehmen verkauft hatte, darunter knapp 1000 Mietwohnungen in Konstanz und Friedrichshafen.
Über zwei Monate nach dem Verkauf der LBBW-Wohnungen an eine private Investorengruppe weiß noch niemand, welche Garantien der Käufer zugunsten der betroffenen Mieter abgegeben hat. (seemoz berichtete, s. link am Artikelende). Auch nach einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der LBBW-Immobilien, Dr. Christian Jäger, blieb der Wortlaut der sogenannten Sozialcharta unveröffentlicht. „Niemand kann derzeit beurteilen, was die Versprechungen der Wohnungskäufer wirklich wert sind“, kritisiert Herbert Weber diese Informationspolitik.
Konstanzer Mieter sind ungeschützt
Fest stehe dagegen, dass sich die betroffenen Konstanzer Mieter in der Jacob- Burckhardt-Straße, in der Schwaketenstraße und im Litzelstetter Kornblumenweg in den nächsten Jahren auf beträchtliche Mieterhöhungen einstellen müssen. Jaeger erklärte gegenüber dem Mieterbund, dass seine Gesellschaft, die weiter als Verwalter der „patrizia“-Wohnungen fungiert, die Mieten so weit erhöhen werde, wie es vom Mietrecht her möglich sei. Gegenüber der LBBW habe der neue Eigentümer zwar vertraglich zugesagt, die Mieten aller 21.000 Wohnungen maximal um drei Prozent zuzüglich der Inflationsrate anzuheben. Dies sei ein landesweiter Durchschnittswert.
„Damit schützt diese Regelung den einzelnen Mieter, vor allem in Konstanz, nicht,“ kritisierte Herbert Weber. Somit verhindere lediglich die gesetzliche Kappungsgrenze allzu große Steigerungen. Maximal um 20 Prozent dürfe die Miete innerhalb von drei Jahren angehoben werden. Bei Neuvermietungen verlange die LBBW bereits Mieten, die über dem Niveau des Konstanzer Mietspiegel liegen. Jaeger räumte auf Nachfrage ein, dass sein Unternehmen heute schon wisse, welche Mieter in den nächsten drei Jahren eine Mieterhöhung erhalten werden.
Die LBBW-Immobilien ändere in den nächsten Wochen ihren Namen, kündigte Jaeger an. Außerdem erhalte jeder Mieter ein Schreiben, in dem die Zusagen des Unternehmens garantiert werden. So verzichte man freiwillig auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs und verlängere bei ehemals öffentlich subventionierten Wohnungen die Mietpreisbindung. Jaeger erklärte, dass die Wohnungen keineswegs verkauft werden. So sei der Eigentümer verpflichtet, dauerhaft 18.000 Einheiten im Bestand zu halten. Lediglich „einzelne Objekte“ sollen auf den Markt gebracht werden, sagte Jaeger.
Was steht in der Sozialcharta?
Da der Verkauf von über 3000 Einheiten möglich sei, könne nicht mehr von Einzelfällen gesprochen werden, hielt ihm Weber vor. Der Verkauf großer Wohnungsbestände bringe für die Mieter in der Regel nur Nachteile, fasste er die vielfältigen Erfahrungen des Mieterbunds zusammen.
Jaeger sicherte weitere Investitionen der Gesellschaft zur Instandhaltung zu.16,80 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche seien im Jahr eingeplant. Dies sieht der Mieterbund zwar positiv, Sorgen macht sich Weber aber über die geplante Refinanzierung. Das Mietrecht erlaube es nämlich, die Kosten für die Sanierung auf die einzelnen Mieter umzulegen. Dies könne parallel zu einer normalen Mieterhöhung erfolgen, was Mieter außergewöhnlich stark belaste, kritisierte Weber. Der Mieterbund Bodensee fordert das Unternehmen auf, seine sozialen Zusagen endlich vollständig und im Wortlaut zu veröffentlichen. Selbst Mitgliedern des Landtags werde diese Information bislang vorenthalten, erfuhr der Mieterbund-Vorsitzende aus einer Antwort der Regierung auf einen Antrag der CDU.
Autor: PM/hpk
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Es ist ein Witz und pure Heuchelei, dass sich SPD-Grüne, die die LBBW-Wohnungen an die Heuschrecke Patrizia verkauft haben, sich jetzt als Interessenvertreter der Mieter aufspielen.
„FAIRWOHNEN – GENOSSENSCHAFT“ – jeder kann Genosse werden!
Warum haben SPD-Grüne diesen Wohnraum überhaupt erst an eine Heuschrecke verkauft??? Ein Genossenschaftsmodell wäre besser gewesen.
Meine Eltern haben früher bei der „Neuen Heimat“ gewohnt. Da war die Miete noch um die 1o % des Monatseinkommens – heute nachdem alles von der mutlosen SPD privatisiert wurde, beträgt die Monatsmiete über ein Drittel des Monatseinkommens. Viele müssen Wohngeld beantragen.
Die LINKE hat die Idee der Genossenschaft wieder in die Diskussion gebracht- auch für Schlecker, Banken und Energieversorger.
Ich wünsche der LINKEN bei der Gründung von Wohnungsbau-Genossenschaften viel Glück.