Mieterbund protestiert gegen Ruppaner & Co
Es ist längst bekannt: Wer eine halbwegs bezahlbare Wohnung im teuren Konstanz sucht, hat meist keinen Erfolg. Dennoch stehen viele Immobilien leer, in der Regel aus Spekulationsgründen. So auch im Ruppaner-Areal in der Hussenstraße. Darauf macht aktuell der Mieterbund in einem Offenen Brief aufmerksam, den wir nachstehend dokumentieren.
Sehr geehrte Frau Scheidtweiler,
sehr geehrter Herr Ruppaner,
seit vielen Jahren stehen mitten in der Konstanzer Innenstadt in dem ohnehin untergenutzten Areal Untere / Obere Sonne, dessen Eigentümer Sie sind, zwei Wohnungen leer. Es ist verwunderlich genug, wenn ein aktives und lokal verwurzeltes Unternehmen wie die Ruppaner Brauerei eine solche zentrale
Fläche mehr oder weniger ignoriert, anstatt sie gezielt zu entwickeln. Doch dies ist Ihre eigene Entscheidung.
Ihnen dürfte die Lage auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt bekannt sein: Mietwohnungen sind knapp und die Mieten, die verlangt werden, sind für Arbeitnehmer mit durchschnittlichen Einkommen nicht tragbar.
Dies betrifft sehr wahrscheinlich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Unternehmens. Fehlende Wohnungen haben sich schon länger zum wirtschaftlichen Nachteil für Konstanzer Betriebe entwickelt. Wer Wohnungen längere Zeit leer stehen lässt, verstößt somit nicht nur gegen die Satzung der Stadt Konstanz gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum, sondern schadet auch dem Wirtschaftsstandort.
Nur aufgrund einer Gesetzeslücke sind Ihre Objekte von dieser Satzung nicht betroffen. Planungen, die einer Vermietung entgegenstehen könnten, sind nicht bekannt oder existieren allenfalls auf dem Papier.
In ihrer Außendarstellung legt die Ruppaner Brauerei Wert darauf, sich als Unternehmen mit sozialer Verantwortung und großem Engagement für den Wirtschaftsstandort Konstanz zu präsentieren. Die Tatsache, dass Sie Wohnungen leer stehen lassen, passt nicht zu dem Bild, das sie gegenüber der Öffentlichkeit vermitteln wollen. Mehr noch: Die Ruppaner Brauerei wird so schlichtweg unglaubwürdig.
Wir erwarten daher, dass Sie die Wohnungen in einen vermietbaren Zustand bringen und nicht weitere Jahre auf die Gesetzeslücke verweisen, um so Ihrer sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit und der Stadt gerecht zu werden. Vermieten Sie Ihre Wohnungen so schnell wie möglich oder stellen Sie die Wohnungen der Stadt zur Verfügung, die sie übergangsweise als Wohnraum für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nutzen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Weber, Vorsitzender Mieterbund
Bild: seemoz-Archiv
@ Bernd Koebke
In der Tat ist es so, dass leerstehende Immobilien, die schon vor Erlass des Zweckentfremdungsverbotes 2015 leer standen, nicht davon betroffen sind. Da gibt es durchaus juristischen Nachholbedarf. Bspw. geht es auf unserem Terrain u.a. um Leerstand einer Immobilie der Familie Nissenbaum in der Neuhauserstr. und auch um das Haus des Schuhhändlers Uwe Rauhut, der sein Haus in der Brauneggerstraßs seit langen Jahren leerstehen lässt – 5 Wohnungen, die Platz bieten könnten für mehrere Familien. Was den Mann dazu treibt, sich dermaßen zu verhalten, ist schlichtweg ein Rätsel. Nach Beobachtungen von Nachbarn kommt er gerne in sein Haus und freut sich, dass ihm das alles gehört. Und ja: das Zweckentfremdungsverbot sollte diesem asozialen Verhalten schnell ein Ende setzen und nachgebessert werden.
@ Holger Reile
Vielen Dank für die Info betreffend der Halbtagsstelle aber das war mir bekannt.
Wenn die Info von Dirk Kirsten stimmt, dann sind ja „nur“ die Gebäude von und nach 2015 erfasst und hier eine rechtliche Handhabe gegeben.
Leider oder sehr zum Leidwesen der Wohnungssuchenden sind also Gebäude welche z. T. seit Jahrzehnten leer stehen nicht erfasst bzw. von der Regelung ausgenommen. Hier gäbe es juristischen Nachholbedarf oder sehe ich das falsch?
Schließt die Gesetzeslücke mit einer anderen Rechtsverordnung und fordert für betreffende Wohnungen endlich die Durchsetzung der Zweitwohnungssteuer. Das ist geltendes Recht auch in Konstanz. Ansonsten erklärt den Wohnungssuchenden oder MieterInnen, die wegen des Leerstands höhere Nebenkosten entrichten müssen, warum das unmöglich ist.
Soviel rechtlicher Sachverstand muss beim Mieterbund vorhanden sein. Ich hoffe auf euren Anspruch bezüglich Investigativjournalismus. Gleiches oder ähnliches gilt auch für die Tourismusabgabe bei leer stehenden Ferienwohnungen.
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https://www.konstanz.de/site/Konstanz/get/documents_E-438560775/konstanz/Dateien/Service/Ortsrecht/II%20Finanzen/II_02%20Satzung%20%C3%BCber%20die%20Erhebung%20einer%20Zweitwohnungssteuer%20in%20der%20Stadt%20Konstanz.pdf
@Dirk Kirsten:
Städte und Gemeinden werden durch das Gesetz des Landes gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum zum Erlass einer kommunalen Satzung ermächtigt, die die Zweckentfremdung verbieten kann. Die Stadt Konstanz hat davon 2015 Gebrauch gemacht und sie mehrfach verschärft.
Wohnungen, die bereits vor Beschluss der Satzung einer Kommune leer standen, werden von dem Zweckentfremdungsverbot nicht erfasst, entschied der Verwaltungsgerichtshof, denn dafür sei die Rechtsgrundlage des Landes nicht ausreichend.
Obwohl dieser Sachverhalt der grün-schwarzen Landesregierung seit Jahren vorgetragen wird, sah sie sich nicht in der Lage, das Gesetz so zu ändern, dass diese besonders ärgerlichen Leerstände bekämpft werden können.
Was ist denn die gesetzliche Lücke, die Ruppaner hier scheinbar ausnutzt, und auf die der Mieterbund hinweist?
@Bernd Koebke
Nach den zwei Fahrraddemos gegen Wohnraumleerstand ist einiges passiert. Wie Sie evt. wissen, wurde schon vor Jahren eine Halbtagsstelle eingerichtet, die die Verstösse gegen das Zweckentfremdungsverbot sichtet und abarbeitet. Was aus zum Teil juristischen Gründen oft sehr zeitraubend ist. Fakt ist: Die Immobilienbesitzer von leerstehenden Häusern und Wohnungen wurden und werden angeschrieben und darauf aufmerksam gemacht, dass sie mit Bussgeldern rechnen müssen, sollten sie ihre Liegenschaften weiterhin leer stehen lassen. Immerhin konnten dadurch in den vergangenen Jahren über 100 Immobilien wieder ihrer ursprünglichen Bedeutung zugeführt werden.. Also waren die Fahrraddemos beileibe kein „Srohfeuer“, wie Sie befürchten, im Gegenteil. Eine dritte Fahrraddemo gegen Leerstand wird vorbereitet.
Guter Beitrag
Kleine Frage hierzu:
Was ist den nach den Fahrraddemos vom Juli 2021 und September 2021 passiert?
Sind die Verantwortlichen alle Verschwunden?
und die Redner (politische aktive Personen) verstummt?
Das Schreiben kann mit Verlaub auch als Strohfeuer gesehen werden wie auch die Fahrraddemos vom vergangenen Jahr.