Wenn Millionen Euro locken

Villa im Konstanzer Musikerviertel NeuhauserstrasseWas macht man, um erneut eine alte Villa im Konstanzer Musikerviertel in Betongold zu verwandeln? Richtig, man reißt sie ab, baut hässlich neu und verkauft die dann entstehenden Wohnungen für teures Geld. Dieses Schicksal droht in der Neuhauserstraße 2 (siehe Bild) einer Immobilie, die dort schon seit über hundert Jahren zu bewundern ist, aber aus schwer verständlichen Gründen nicht unter Denkmalschutz steht, und damit wohl frei gegeben wird zur profitablen Wiederverwertung.

Ortstermin am 30.3. Mitglieder des Beirats für Architektur und Stadtgestaltung finden sich zu einem öffentlichen Termin vor der Stadtvilla in der Neuhauserstraße 2 ein, die seit rund einem Jahr leer steht. Ein schönes Gebäude im sogenannten „Musikerviertel“ der Stadt Konstanz, dazu ein großzügiger Garten samt Garage und Schuppen, alles noch in einem guten Zustand. Es soll einen Wasserschaden im Dachbereich gegeben haben, mehr aber nicht. Nun will man das Gebäude „abtragen“, wie es verharmlosend heißt, und wohl ersetzt werden durch eine neue Bebauung mit mehreren Wohnungen.

Einige Mitglieder des Beirats äußerten ihr Unverständnis über das Vorhaben, aber rein baurechtlich könne man dagegen wohl nichts machen, da sich der Bauherr, nach seemoz-Recherche ein Immobilienmakler aus dem Landkreis Konstanz, an die dementsprechenden Vorschriften halte und das Gebäude ja nicht unter Denkmalschutz stehe. Somit wird der historischen Bausubstanz in bester Lage wohl der endgültige Todesstoß versetzt. Beraten wurde über das Bauprojekt anschließend in nichtöffentlicher Sitzung, vermutlich deswegen, weil dem Bauherrn an Öffentlichkeit nicht gelegen ist, und das Recht auf nichtöffentliche Behandlung hat er bedauerlicherweise.

Es wird wie immer sein in dieser bevorzugten Wohnlage, nur einen Steinwurf vom Bodensee entfernt: Alte Villen werden, so sie nicht denkmalgeschützt sind, an einen Bauträger verkauft, der dann, wie vor Ort wohl geplant, einen modernen Kasten mit bis zu acht Wohnungen hochziehen lässt, die dann wiederum für einen Quadratmeterpreis von schätzungsweise bis zu 10 000 Euro auf den Markt geworfen werden. Auch wenn der Kauf der alten Immobilie bis zu zwei Millionen Euro gekostet haben dürfte, rechnet sich das auch in diesem Fall für den neuen Bauherrn allemal. Die Nachfrage für hochpreisige Eigentumswohnungen in bester Lage ist enorm und potentielle KäuferInnen mit prallem Geldbeutel stehen vermutlich jetzt schon Schlange, vor allem aus Stuttgart oder München, die dann speziell am Wochenende gerne ihre sekundären Geschlechtsmerkmale am Bodensee schaukeln lassen wollen.

Und nun? Bald wird vermutlich die Abrissbirne anrücken und das historische Gebäude in seine Einzelteile zerlegen. Verhindern lässt sich das nicht, obwohl es in der gültigen Landesbauordnung im Paragraph 11 u.a. heißt: „Bauliche Anlagen sind mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten oder deren beabsichtigte Gestaltung nicht beeinträchtigen….“.

Dass aber dieser Paragraph zum Tragen kommt, ist wohl eher ausgeschlossen.

Text und Bild: H. Reile