„Für mich zählt das bessere Argument, nicht das Lagerdenken“
Gestern noch beim Gassenfreitag in der Niederburg (s. Foto), heute wieder im Wahlkampf: Sabine Seeliger, OB-Kandidatin der Grünen in Konstanz, will keinen Lagerwahlkampf. Stattdessen fordert sie: „Ich wohne hier und bleibe auch nach der Wahl hier. Ich erwarte daher von allen Kandidatinnen und Kandidaten, dass sie sich mit der Situation vor Ort vertraut machen und anhand von Daten und Fakten ihre Vorschläge zur Diskussion stellen.“
Lagerwahlkampf sei eine Strategie für Glücksritter von außerhalb der Stadt, sagt Seeliger, die tagtäglich schon im Wahlkampf ist – in den Gassen, auf Festen und Sportveranstaltungen. Was sie ärgert: „OB-Bewerber/innen tauchen auf, starten einen Versuch und sind bei Misslingen wieder weg.“ Mit dieser Perspektive macht es nichts aus, im Wahlkampf die Stadt in Lager zu spalten. Doch das ist ihr Ding nicht.
Seeliger: „Ich wohne hier und bleibe auch nach der Wahl hier – egal wie sie ausgeht. Ich erwarte daher von allen Kandidatinnen und Kandidaten, dass sie sich mit der Situation vor Ort vertraut machen und dann anhand von Daten und Fakten ihre Vorschläge zur Diskussion stellen.“ Bei den Themen Verkehr in der Stadt, ausreichend bezahlbarer Wohnraum, Umweltschutz und Zusammenleben von Jung und Alt gebe es wichtige Fragen zu diskutieren. „Vernetzte Verkehrssysteme mit leichtem Umstieg zwischen Auto, Bus, Fahrrad und anderen Zubringern in die Stadt, Car-Sharing und Förderung des Radverkehrs sind meine Vorschläge für die Verkehrspolitik“ so Seeliger. „Zur Lösung der kommenden studentischen Wohnungsnot brauchen wir dringend gute Vorschläge – von der Ausweitung des Studitickets auf den VHB, damit sich Studierende auch in Radolfzell oder Singen eine Wohnung suchen können, bis zur befristeten Nutzung von leerstehenden Gewerbeimmobilien.“
Lagerdenken dagegen steht für Seeliger für ein Politikverständnis von gestern. Der Politikstil heutzutage orientiert sich an Bürgerbeteiligung, Meinungsbildung und Konsensfindung. Seeliger: „Große Projekte brauchen große Mehrheiten. Für mich zählt das beste Argument.“ So wie MdB Andreas Jung in der CDU erfolgreich für den Atomausstieg geworben habe und seine Überzeugung vermitteln konnte, so kann eine breite, parteiübergreifende Mehrheit in Konstanz für wegweisende Projekte gewonnen werden.
Diesen konsens-orientierten Politikstil bezeichnen manche als miefig, dunkelgrün und provinziell. Man kann es aber auch als Stärke der Region sehen. Seeliger: „Regionalität als Provinzialismus zu verunglimpfen, lehne ich ab. Gerade in den regionalen Besonderheiten liegen unsere Chancen.“ Vereine wie z.B. „Gutes vom See“ haben diese Chance erkannt. Hier setzen regionale Produzenten, Einzelhändler und Gastronomen auf heimische Produkte.
Das Kulturamt organisiert am 12. Mai ein Fest unter dem Titel „Heimat“ und bietet Gelegenheit, unverkrampft über die Bedeutung von Heimat nachzudenken. Seeliger: „Beim Kulturfest am kommenden Wochenende geht es um Besonderheiten, die unsere Heimat auszeichnen. Dazu gehören Bodensee und Streuobstwiesen genauso wie die Offenheit für andere Kulturen, die hier heimisch werden. Das ist ein Heimatbegriff, dem ich zustimme, der nicht provinziell, sondern selbstbewusst ist.“ Es sei richtig, dass Konstanz statt auf angestrengt weltläufige Austauschbarkeit auf Besonderes und Authentizität setzt.
Seeliger: „Wer einen Lagerwahlkampf ausruft, zeigt, dass er sich nicht zutraut, mit Konzepten zu überzeugen. Das ist zu wenig für ernsthafte OB-Kandidaten.“
Autor: PM/hpk