#Druck.Machen. Das Video
Wie erreicht man Leute für die gewerkschaftliche Ideen des gemeinsamen Handelns, die nicht einmal wissen, was eine Gewerkschaft ist? Viele Junge haben bekanntlich von dieser organisierten Form des solidarischen Druck-Aufbauens noch nie gehört. Gute Frage also. Aber was tun? Also haben sich Mitglieder des Konstanzer ver.di-Ortsvereins Medien+Kunst und Kolleg:innen was Neues überlegt – und ein Video produziert.
Ein Dachboden irgendwo in Konstanz. Links steht ein vollbeladener Karren, dahinter ein Schrank mit den Bänden der Marx-Engels-Werke und Bildern von Konstanzer Gewerkschafter.innen. Daneben befindet sich eine alte Reliefkarte des deutschsprachigen Europa. Über einer Stange geworfen hängt das rote Banner des Konstanzer Ortsvereins der IG Druck und Papier; darunter signalisieren zwei kleine Nationalfähnchen die nahe Grenze.
An ihr war der Hitler-Attentäter Georg Elser festgenommen worden. Ein Fernschreiber – vergleichbar jenem, über den am Abend des 8. November 1939 die Nachricht von der Verhaftung Elsers in Konstanz nach Berlin tickerte, steht ebenfalls auf dem Dachboden. Und mittendrin ein Tisch mit leerer Weinflasche, Zeitungen, Fugblättern, Büchern und ein Halmaspiel.
Und an diesem Tisch sitzt Hanswurst in seinem Ohrensessel, der gerade aus dem Tiefschlaf erwacht, geweckt von seinem hungernden Kumpel Fred, die Ratte. Und beide unterhalten sich darüber, was eigentlich zu tun wäre.
Dass man sich auch früher schon wehren musste, um mehr zu bekommen als bloß die Krümel vom Tisch der Reichen. Dass Solidarität auch brüchig werden kann, aber ohne ein Zusammenstehen nichts erreicht wird. Dass in der Konstanzer Geschichte Anordnungen von oben immer wieder mit viel List und Mut unterlaufen wurden. Dass Flucht und Schmuggel immer wieder das Leben engagierter Demokrat:innen, Sozialist:innen, Gewerkschafter:innen prägten …
Nicht nur Geschichte
Das alles erzählen sich Fred und der etwas derangiert aussehende, aber kenntnisreiche alte Mann. Sie gehen die Geschichte der Konstanzer Demokratie- und Gewerkschaftsbewegungen durch, korrigieren einander, erzählen sich historische Episoden von der demokratischen Revolution 1848/49 bis heute und bringen so auf den Punkt, dass mensch zusammen mehr erreichen kann als es das Individuum vermag.
Produziert wurde der Film mit viel ehrenamtlichem Engagement vom Hauptdarsteller Albert Kümmel-Schnur (Skript, Regie) und André Beckersjürgen (Kamera, Endbearbeitung); die Musikuntermalung stammt von Achim Pantles. Gefördert wurde die Herstellung unter anderem aus Mitteln des Bürgerbudgets der Stadt Konstanz. Gefilmt wurden die Szenen übrigens in den Räumen der früheren Telefonsammlung von Hans-Dieter Schmidt im ehemaligen Telefongebäude.
Unterbrochen wird die Erzählung historischer Begebenheiten von sechs Interviews mit engagierten Konstanzer:innen, die von gegenwärtigen Zuständen, aktuellen Konflikten und eigener Erfahrung berichten: Susanne Albrecht, Erzieherin im Waldkindergarten, schildert, dass Kinder schon früh per se solidarisch handeln. Hucky Fette beschreibt die Lage freier Journalist:innen heute. Franca Söllner, ehemalige Einzelhandelskauffrau, erzählt, warum sie ihren Job hingeworfen hat. Noel Matausch verrät, warum er sich zum Krankenpfleger am Klinikum Konstanz ausbilden lässt und weshalb er gewerkschaftlich aktiv wurde. Rolf Walter wiederum legt dar, wie ihn und andere Beschäftigte des Cinestar Konstanz die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen während der Corona-Krise gebeutelt hat und wie wichtig der solidarische Zusammenschluss ist. Und Jehona Miftari legt dar, weshalb sie bei der Initiative seebrücke Konstanz aktiv wurde.
Die Interviews sind in voller Länge auf der Website des ver.di-Ortsvereins Medien+Kunst Konstanz abrufbar. Und das ganze Video ist hier zu sehen:
PS: Der Geschichtsteil des Videos – also die historienbezogene Unterhaltung auf dem Dachboden, ohne die Interviews – eignet sich auch für den Geschichts- und Gemeinschaftskundeunterricht. Mitglieder des ver.di-Ortsvereins Medien+Kunst Konstanz sind gerne bereit, Unterrichtseinheiten mit zu gestalten und dabei zu sein. Eine E-Mail genügt: mail@druck-machen.net
Text und Foto: Pit Wuhrer