Das Geschäft mit dem OB-Wahlkampf

Der große Unbekannte ist, nein, nicht Horst Frank, sondern Thomas Linz, junger Familienvater und älterer Student in Konstanz. Und diese Information lesen Sie exklusiv und vor allem kostenlos bei seemoz. Sie müssen also nicht 2,99 hinblättern wie beim Südkurier, um Informationen zur OB-Wahl in Konstanz zu erhalten. Und das wird so auch bleiben, denn wir mögen Bezahl-Internet-Zeitung ebenso wenig wie Bezahlfernsehen. Linz also ist jener Kandidat, der seine Bewerbung nur anonym abgegeben hatte und über dessen Identität tagelang gerätselt wurde.

SK- Lokalchef Jörg-Peter Rau versucht seit Tagen, künstlich Spannung um die Kandidaten-Schar aufzubauen. Täglich werden neue Bewerber aus dem Hut gezaubert, täglich wird damit die erste Seite im Konstanzer Lokalteil gefüllt. Dass manche Kandidaten gar keine Kandidaten sind, wie z.B. Meinhard Schmidt-Degenhard, fällt dann kaum ins Gewicht – Hauptsache, die Zeilen werden gefüllt und Erwartungen geschürt. Spätestens seit vorgestern wissen wir, dass diese vermeintlichen Infos noch weniger als gedacht mit Journalismus zu tun haben, sondern nur eine Geldmaschine bedienen: Wer sich online beim Südkurier über die OB-Wahl informieren will, muss letztlich 2,99 blechen.

So wird Information zur Ware. Und man darf gespannt sein, was sich der Südkurier für den Livestream aus dem Rathaus bezahlen lassen wird – mit Werbeeinspielungen der Waschmittelindustrie hatten wir ja schon gerechnet, mit Eintrittsgeld bislang nicht.

Das Kandidaten-Wirrwarr

Nur zwei ernsthafte KandidatInnen, aber jede Menge Nobodies bewerben sich derzeit um den Konstanzer OB-Posten: Sabine Seeliger (Grüne, die einzige mit Mandat einer Partei) und Sabine Reiser (CDU-Mitglied aus Überlingen, ohne Unterstützung ihrer Partei). Dann noch Sylvia Grossmann (Einzelhändlerin aus Konstanz, die doch nicht in der SPD ist), Mykola Neumann (Anwalt aus Konstanz ohne Polit-Erfahrung), Martin Luithle (Anwalt aus Konstanz ohne Polit-Erfahrung), Klaus Springer (Dauer-Kandidat aus Weil am Rhein), Uli Burchardt (CDU-Mitglied und Ex-Manager aus Radolfzell, ohne Unterstützung seiner Partei) und Thomas Linz (Student aus Konstanz ohne Polit-Erfahrung)

Allein der Anonymus blieb bislang im Dunkeln. Dabei war es reichlich naiv von dem lange Unbekannten, seinen wahren Namen zu verschleiern. Spätestens beim Sammeln der Unterstützer-Unterschriften – 100 Unterschriften muss jeder Kandidat beibringen – sollte die Tarnung auffliegen. Und so war es: Seit Freitag ist Thomas Linz, 38, junger Familienvater und älterer Student aus Konstanz, als achter Kandidat um den OB-Sessel im Rennen.

Gebürtig aus Rottweil, aber seit zehn Jahren in Konstanz, gelernter Energie-Elektroniker und derzeit Soziologie-Student an der Konstanzer Uni, junger Familienvater aus Petershausen und aushilfsweise für die Veranstaltungsbetreuung im Kulturzentrum zuständig – Thomas Linz (s. Foto) hat bislang mit Politik nicht viel am Hut, aber dennoch recht konkrete Vorstellungen davon, wo den Konstanzern der Schuh drückt.

Den Personalabbau in der Stadtverwaltung möchte er umkehren, durch Unterstützung der Wobak für mehr bezahlbaren Wohnraum besonders für junge Familien sorgen, den Mietspiegel reformieren, die städtische Nachverdichtung stoppen und eine rechtzeitige Bürgerbeteiligung sicherstellen „gerade für solche, seit langem verdienstvolle Institutionen wie den Stadtseniorenrat zum Beispiel“.

Über ein Wahlkampf-Budget verfügt er nicht, Plakate in der Stadt wird er sich auch nicht leisten können, wohl jedoch eine website, die aber noch im Aufbau ist. Doch unverdrossen bekennt er im launigen seemoz-Gespräch: „Ich lebe hier und ich erlebe die Konstanzer Probleme und deshalb will ich etwas verändern“.

Autor: hpk