Konstanzer Offiziersball: Militärischer Frohsinn in Kriegszeiten
Offiziere aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden am 25. Juni 2022 ins Steigenberger Inselhotel kommen, die meisten in Begleitung ihrer Partnerinnen. Wirtschaftsvertreter und Politiker tragen „Smoking oder dunklen Anzug mit Fliege“. Für die Frauen ist „Uniform, Abend- oder Cocktailkleid“ verpflichtend. Es wird vornehm gegessen, klassisch getanzt und Smalltalk betrieben. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Zitat aus der Einladung: „Der Internationale Offiziersball am Bodensee findet seit 1994, mit einer kurzen Covid-Unterbrechung in 2020/2021, am Gestade des Bodensees statt. Der Anlass ist ein schönes Beispiel für regionale, grenzüberschreitende und freundschaftliche Begegnungen im Herzen Europas. Dieser Ball wird von aktiven und ehemaligen Armeeangehörigen, sowie Vertretern der Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz regelmäßig besucht.“
Zwei Militärkapellen werden auf dem Ball der Offiziere spielen: die Combo des Heeresmusikkorps Koblenz und der Reservemusikzug 28 aus Ulm.
In anderen Ländern gibt es ähnliche Militärbälle. In den USA werden sie „Army ball“ genannt, in Frankreich „Bal de l’Armée“.
Rüstungsfirmen als Sponsoren
Die Sponsorenliste 2022 war bei Redaktionsschluss noch nicht vollständig bekannt. In den vergangenen Jahren wurde der Offiziersball von mehreren Rüstungsfirmen unterstützt: Rheinmetall Air Defence AG (früher Oerlikon Contraves Defence), GDELS-Mowag (Radpanzer), SCHWEIZER SOLDAT (Militär-Zeitschrift), RUAG (Waffen und Munition), Airbus (Militärflugzeuge, Drohnen und Militärsatelliten), Territorial Division 4 (Schweizer Armee), Thales (Platz 14 der weltweit größten Rüstungsfirmen) und Safran Vectronix AG (Militär-Optik).
Worin besteht die Gegenleistung? Dürfen die Rüstungs-VertreterInnen einen Abend lang Kontakte zu anwesenden Offizieren und Politikern knüpfen? „Habt Ihr noch zusätzliche Radpanzer für uns?“
Kriegsverbrechen ausgeblendet
Offenbar sind auf dem Offiziersball die Kleidungsregeln und Umgangsformen wichtig. Es geht um Festlichkeit und gute Laune. Nichts erinnert an die Kernkompetenz des Militärs: Das Töten von Menschen im Krieg.
Auf der Website des Offiziersballs sieht man feiernde und vornehm gekleidete Menschen. Aber Fotos von Kriegsopfern sucht man vergebens. Auch findet man auf der Website keine Geschichten von Menschen, die mit Waffen beschossen wurden, die Bodensee-Rüstungsfirmen hergestellt haben. Aber das war auch nicht zu erwarten.
Kritik kommt von der Friedensbewegung
Roland Didra von der Konstanzer Friedensbewegung sagt zur geplanten Veranstaltung: „Dieser Ball ist blanker Zynismus. Es gibt in der Tat für Rüstung und Militär viel zu feiern in einer Zeit des weltweiten Wettrüstens. Die Konstanzer Friedensinitiative nimmt den Offiziersball zum Anlass, um zeitgleich im Rahmen einer Kundgebung die atomare Aufrüstung zu thematisieren – unter dem Motto: `Keine deutschen Atombomber – Tanz auf dem Vulkan´. Deutschland und besonders auch die Rüstungsregion Bodensee werden dadurch im Kriegsfall zum potenziellen Angriffsziel.“
Sein Mitstreiter Heinrich Schuster ergänzt: „Beim Offiziersball treffen sich Militärs, von denen die meisten auch Familie, Kinder und Enkel haben und die ihren Nachkommen bestimmt gerne eine bewohnbare Erde hinterlassen wollen. Ein Blick auf die Ukraine und die Reaktionen der deutschen Regierung darauf ist alles andere als Enkel-tauglich und Erd-verträglich. Ein Blick auf den Zustand unseres Planeten müsste auch den Offizieren klarmachen, dass die Menschheit ihre Konflikte künftig gewaltfrei lösen muss, wenn sie noch eine Zukunft haben will. Deshalb auch in ihrem Interesse: Unterstützen Sie den Ausbau einer sozialen Verteidigung. Das und eine Initiative zur Abrüstung aller Atomwaffen wären zwei aktuelle Gesprächsthemen für den langen Offiziersball-Abend am See.“
Text: Reiner Schmidt
Bild: Pixabay
Sehr geehrter Herr Sattler, dann schlage ich vor, sie gehen in die Ukraine und verhöhnen dort die ukrainischen und russischen Soldaten.
Sie schreiben, Frieden kann man nicht mit Waffengewalt erreichen. Dann schlage ich vor sie reisen umgehend nach Moskau und erklären das Wladimir Putin. Vielleicht hört er ja auf sie.
Ich schlage auch vor, dass sie vielleicht einmal in die Geschichtsbücher schauen. Der zweite Weltkrieg endete nicht durch Verhandlungen, sondern mit der Kapitulation Deutschlands, nach dem massiven Einsatz von Waffengewalt. Der Vietnamkrieg endete mit dem Abzug der amerikanischen Truppen, nachdem sie militärisch nicht weitergekommen sind.
Und genau dies ist auch die Strategie in der Ukraine, die russischen Streitkräfte so zu schwächen, dass sie entweder abziehen oder Russland bzw. Putin zu Verhandlungen bereit ist.
An diesem Punkt ist man aber noch lange nicht.
Wenn sie meinen Soldaten verhöhnen zu müssen, bitte ist ihre freie Meinung. Aber ohne die alliierten Soldaten würden sie heute nicht in einem freien Land leben. Vielleicht sollten sie auch mal darüber nachdenken.
Herr Sattler, ich habe versucht die Problematik aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Es töten in diesem Krieg mindestens zwei Parteien. Ich möchte heute nur noch versuchen auf ein Gespräch mit Oskar Lafontain hinzuweisen: https://kurzelinks.de/friedensbewegung / https://www.jungewelt.de/artikel/427019.folgen-der-nato-politik-die-usa-wollen-keinen-frieden.html
Sehr geehrter Herr Thomas Martin, ich möchte Ihnem widersprechen. Den Berufsstand der Soldaten sollte man viel stärker verhöhnen. Denn Soldaten verschwenden unsere Steuergelder. Soldaten beteiligen sich an kontraproduktiven Kriegen: Afghanistan, Mali und bald vielleicht auch in Osteuropa. Soldaten werden dazu ausgebildet, Menschen abzuschlachten. Das widerspricht allen christlichen Werten. Frieden – auch mit Russland – kann man nicht durch Waffengewalt erreichen. Freundliche Grüße! Micha Sattler
Warum nur kommt mir im Moment gerade mal wieder der Begriff „Maulhelden“ in den Sinn…?
Gebe Herrn Martin hier vollkommen recht.
Was hilft es einem, wenn man wie im Fall der Ukraine von seinem Nachbarn überfallen wird?
Man kann sich massakrieren lassen und unter der Knute des Besatzers leben, oder man kämpft eben.
Herr Gross,
was Kurt Tucholsky (selbst Weltkriegsteilnehmer) schreibt, hat viel Wahres – aber wie man leider feststellen muss, sind mit seiner Einstellung noch nie Kriege verhindert worden, da das Bestreben Kriege zu beginnen und zu führen irgendwie im Menschen steckt. Der Mensch ist eben nicht von sich aus gut und friedlich. Oder glauben Sie keine Kriegführende Partei hätte nie Tucholsky gelesen?
Ich möchte mit einer „Fundsache“, einem Leserbrief von Reinhard H. Berlin ( junge Welt, 13.06.2022) an Kurt Tucholsky erinnern:
Der Graben Mutter, wozu hast du deinen aufgezogen? Hast dich zwanzig Jahr mit ihm gequält? Wozu ist er dir in deinen Arm geflogen, Und du hast ihm leise was erzählt? Bis sie ihn dir weggenommen haben. Für den Graben, Mutter, für den Graben. Junge, kannst du noch an Vater denken? Vater nahm dich oft auf seinen Arm. Und er wollt dir einen Groschen schenken, Und er spielte mit dir Räuber und Gendarm. Bis sie ihn dir weggenommen haben. Für den Graben, Junge, für den Graben. Drüben die französischen Genossen Lagen dicht bei Englands Arbeitsmann. Alle haben sie ihr Blut vergossen, Und zerschossen ruht heut Mann bei Mann. Alte Leute, Männer, mancher Knabe In dem einen großen Massengrabe. Seid nicht stolz auf Orden und Geklunker! Seid nicht stolz auf Narben und die Zeit! In die Gräben schickten euch die Junker, Staatswahn und der Fabrikantenneid. Ihr wart gut genug zum Fraß für Raben, für das Grab, Kameraden, für den Graben! Werft die Fahnen fort! Die Militärkapellen Spielen auf zu euerm Todestanz. Seid ihr hin: ein Kranz von Immortellen – Das ist dann der Dank des Vaterlands. Denkt an Todesröcheln und Gestöhne. Drüben stehen Väter, Mütter, Söhne, Schuften schwer, wie ihr, ums bißchen Leben. Wollt ihr denen nicht die Hände geben? Reicht die Bruderhand als schönste aller Gaben Übern Graben, Leute, übern Graben ! (Kurt Tucholsky, 1926)
Nun ja, dass hie Kritik am Offiziersball kommt, war zu erwarten. Auch das Sponsoring durch Rüstungsfirmen wir natürlich angeprangert.
Wer soll sonst einen Offiziersball sponsoren, die Heilsarmee? Das Unternehmen ihre potenziellen Kunden umwerben ist nicht neu. Dies gibt es in allen Branchen.
Das die Friedensbewegten wieder ihren Tanz aufführen müssen überrascht nun auch niemanden so wirklich.
Aber wir leben in einer Demokratie und auch hier dürfen und sollen sie ihre Meinung äußern. Man muss sich ja nicht ihre realitätsfernen Träume mitträumen.
Natürlich wäre es schön in einer friedlichen Welt zu leben, die Realität ist aber eine andere.
Schwerter zu Pflugscharen funktioniert halt nur solange sich alle daranhalten. Der, der sein Schwert behält, bekommt am Ende halt die Ernte.
Sehen wir leider an den aktuellen Geschehnissen rund um die weltweite Verteilung von Getreide, die dank einem Irren im Kreml, wohl zu einer Hungersnot in ärmeren Ländern führen wird.
Genau daher sind aber solche treffen im Moment wichtiger den je. Ich freue mich persönlich auf den Ball, da ich zum ersten Mal teilnehmen werde.
Ein wahrlich saublöder Artikel, kann ich nur bemerken. Wie es scheint haben es immer noch zu viele nicht kapiert, dass wir eine wehrhafte Armee zur Landesverteidigung dringend benötigen. Der Berufsstand des Soldaten gilt es zu ehren und zu respektieren, nicht zu verhöhnen.