Rosgartenmuseum: Konstanz im Nationalsozialismus. 1933 bis 1945
Der Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg mit den deutschen Angriffskriegen gegen benachbarte Staaten und der singuläre Völkermord an den europäischen Juden und anderen Minderheiten liegen für jüngere Menschen in fernster Vergangenheit: Keine Großmutter erzählt mehr von der Angst um den Sohn an der Front, kein Großvater überschlägt eilig die Seite im Familienalbum, die ihn in SA-Uniform zeigt. Auch die meisten der überlebenden Opfer sind nicht mehr am Leben. Eine bemerkenswerte Dauerausstellung im Konstanzer Rosgartenmuseum, die ab 25.6. zu sehen ist und auf die wir gern vorab hinweisen.
Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist eine neu-alte Form des Imperialismus wieder zu einem bestimmenden Faktor der europäischen Gegenwart geworden. Der Krieg und seine wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verwerfungen sind auch in unserem Alltag und in der künftigen Sicherheitspolitik der europäischen Demokratien wieder präsent.
Wer die Geschichte kennt, kann die eigene Zeit besser verstehen. Deshalb macht das Rosgartenmuseum Konstanz mit seiner neuen Dauerausstellung die Vergangenheit von Totalitarismus und Krieg sichtbar: Sie zeigt, wie Freiheit und Rechtsstaat untergingen, erinnert an Verfolgung und Widerstand. Konkrete Beispiele machen anschaulich, was Menschen erlitten: Da ist die 20-jährige Konstanzerin, die zwangssterilisiert wurde, der Künstler, der Flüchtenden im Ruderboot über den See half, die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Kreuzlingen, die den 1940 deportierten Konstanzer Juden unermüdlich Hilfsgüterpakte ins Lager Gurs schickten.
Während die Bevölkerungsmehrheit dem „Führer“ Adolf Hitler zujubelte, weil er Wohltaten versprach, wurden Oppositionelle, mutige Helferinnen und jüdische Menschen vor aller Augen ausgegrenzt und verfolgt. An diese Wenigen, an die Mutigen erinnert die Ausstellung. Sie sind Vorbilder an Zivilcourage und Menschlichkeit.
Emotional aufgeladene Erinnerungsstücke, Filme, Fotos und Originalobjekte der Zeit vermitteln einen lebendigen Eindruck vom Alltagsleben in Zeiten des Terrors.
Der neue Dokumentarfilm (Regie: Teresa Renn) führt in das Konstanz der Nazizeit: Er zeigt heute noch sichtbare Zeugnisse der NS-Diktatur im Stadtbild, erzählt von Tätern, Opfern und Widerständigen und macht eindrucksvoll deutlich, dass historische Ereignisse zwar weit zurückliegen, aber immer noch in die Gegenwart heutiger Menschen hineinwirken können. Der ca. 45-mütige Film ist im Museumskino zu sehen.
Öffnungszeiten:
Di – Fr: 10 – 18 Uhr
Sa, So & Feiertag: 10 – 17 Uhr
Weitere Informationen: https://www.rosgartenmuseum.de
Text und Bild: Rosgartenmuseum Konstanz
Zum Rosgartenmuseum fällt mir beispielsweise ein, dass es ein Ort in Konstanz ist der Geschichte anspruchsvoll, trotz bescheidener Mittel, eindrucksvoll vermitteln kann. Ein Ort wo man umsonst, („frech wie Oscar“) einen Tag in der Woche, Kultur und Geschichte hemmungslos in sich aufsaugen kann, einem Blatt Löschpapier vergleichbar – und das auch noch mit seinem Kind oder seinen Kindern ab dem Grundschulalter. Meine Konstanzbesuche haben sich, wenn das Geld wieder einmal knapp war, auf diesen Tag konzentriert. Um so mehr frage ich nach der Sinnhaftigkeit einer Friedrichshafener Flugzeugausstellung, die auf Wunsch von Sigmar Gabriel (SPD) und verwöhnt mit einem 12-Millionen-Euro-Etat aus Bundesmitteln scheinbar nicht mehr auf die Beine gestellt hat als im Rahmen eines Volksfestes einen Blick in das ehemals entführte Flugzeug namens Landshut zu ermöglichen.
Sehr geehrte Herren Engelsing und Venedey wie auch alle weiteren Beteiligten, es mag Ihnen ein kleiner Trost sein, das jedem Kind und allen Besucher*innen wichtige Geschichtskenntnisse vermittelt werden, die ihresgleichen suchen und da finde ich es nicht einmal schade, dass die genannten Stadtoberen Burchardt, Osner und Langensteiner-Schönborn, wohl den Anblick eines Glases Gerstensaft in einer Schankwirtschaft vorzogen. Bei ihnen scheint mehr als Hopfen und Malz verloren zu sein.
Das Ernst Jünger Zitat erinnert mich an hunderte amerikanische GI´s, die ihre vorübergehende Stationierung in Berlin (West) nutzten, nach Schweden zu desertieren und so dem Vietnamkrieg zu entgehen. Sie waren die Generation „Wir um Zwanzig“ und das Kriegsgeschehen hatte, wie alle Kriege, ihnen das Herz „umgedreht“. Ihnen folgten zahllose bundesdeutsche Kriegsdienstverweigerer, die Demokratie und Freiheit in der Mauerstadt suchten. Ihnen würden heute sicher viele junge Russen und Ukrainer folgen.
Ich erinnere mich noch gut die Umstände des Todes von Ohnesorg, Dutschke, sowie den Menschen die ihnen in der Folge von Hassbotschaften der Presse und der vom (Nachkriegs-) Faschismus geblendeten Staatsorgane und Bundesbürger*innen, folgten.
Beispielsweise Hans-Jürgen Rattay, der unter einem Berliner Bus verblutete, dessen Blumen von Polizeistiefeln wiederholt zertreten wurden und dessen, von Bürger*innen gestiftete, Gedenktafel immer wieder zerstört wird. Es gab nach dem Krieg bis in die 90er Jahre eine Zunahme von menschlicher Anteilnahme und Nächstenliebe die, wie mir scheint, in der aktuellen Kriegsbegeisterung gegen Russen und Ukrainer wieder schwindet. Ich hoffe, dass viele Suchende in dem Film, wie auch der Ausstellung, zum Mensch sein zurückfinden.