Konstanz bekommt keine/n Klimabürgermeister/in (I)
Der Konstanzer Gemeinderat debattierte sehr intensiv über die geplante Stelle eines/r Klimabürgermeisters, der dieses zentrale Zukunftsthema innerhalb der Verwaltung bearbeiten sollte. Doch daraus wird nichts, es bleibt bei der hergebrachten Struktur mit drei Dezernenten: Neben dem OB Uli Burchardt sind dies Andreas Osner (Soziales, Bildung, Sport, Gesundheit und Kultur) und Karl Langensteiner-Schönborn (Bau, Stadtplanung, Umwelt, Klimaschutz, Entsorgungsbetriebe, Technische Betriebe usw.).
In der Debatte gab es viele Argumente für oder gegen ein eigenes Klimadezernat, wir dokumentieren hier zwei gegensätzliche Positionen: Heute den Beitrag von Jürgen Ruff (SPD), morgen dann die Gegenposition, vertreten durch Simon Pschorr (LLK).
Teil 1/2
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
die Vorlage, die wir hier bekommen haben, ändert nichts an unserer ablehnenden Haltung gegenüber einem fünften Dezernat, auch wenn dieses Klimadezernat heißt – im Gegenteil:
Im Fazit heißt es: Die große Bedeutung des Klimaschutzes soll als Dezernat abgebildet werden. Was heißt das? Es geht eben nicht um konkreten Umweltschutz, es geht um Aufmerksamkeit generieren, das hat der Oberbürgermeister gerade selbst auch so formuliert; es geht um eine Signalwirkung, um Symbolwirkung, es geht darum, ein Aushängeschild zu haben. Und das ist eben genau das, was aus unserer Sicht nichts mit konkretem Klimaschutz zu tun hat, was uns auch nichts bringen wird, denn die Aufmerksamkeit für den Klimaschutz ist in der Bevölkerung groß und ist natürlich auch in der Verwaltung groß, wir reden ja schließlich seit Jahren über dieses Thema, es braucht also eigentlich keine weitere Werbung. Das heißt, wir sehen hier keine zusätzliche Notwendigkeit für weitere Symbolik.
Das kann man auch niemandem erklären, wieso für eine solche Symbolik zusätzlich viel Geld ausgegeben werden soll, wenn man auf der anderen Seite an allen Ecken und Enden sparen muss – wir haben die Diskussion um die Schwimmkurse für Kinder gehabt, – wir haben auch die Diskussion um die Grundsteuererhöhung geführt, und das bei schwindendem verfügbarem Einkommen unserer Bürger.
Die Vorlage macht leider keine wirklich konkreten Angaben über die Kosten eines solchen Dezernates. Überschlägig ist zwar von 90.000 Euro Mehrkosten pro Jahr die Rede, da geht es um die Dezernentenstelle selbst, aber wir wissen natürlich, dass es dabei nicht bleiben wird. Es wird auch nicht bei den 6,5 Stellen für das Dezernat bleiben, die werden sich sehr schnell vermehren und das ist auch in der Vorlage angedeutet, dass die Breite des Themas (Stadtwandel) natürlich auch in Zukunft mehr Personal erfordern wird. Das wird also kommen, das wissen wir heute schon und es wird auch nicht verschwiegen. Es wird also nicht bei den zusätzlichen 90.000 Euro bleiben, es wird viel mehr werden.
Und es sind ja nicht nur die Stellen, die etwas kosten, es ist auch die Arbeit, die über dieses Dezernat geleistet wird und bezahlt werden muss, beispielsweise Expertise, die von außen geholt werden muss, Gutachten, die erstellt werden müssen, etc. All das wird noch sehr viel Geld kosten, das letzten Endes dann dem konkreten Klimaschutz nicht zur Verfügung steht.
Es sind aber nicht nur die Kosten und damit das Geld, das für konkreten Klimaschutz verloren wäre. Ein solches Dezernat wäre auch regelrecht kontraproduktiv, denn zwangsläufig käme es zu Kompetenzüberschneidungen, zu Kompetenzgerangel, zu Reibungsverlusten zwischen den verschiedenen Dezernaten und natürlich auch zu einem weit größeren Abstimmungsbedarf als wir ihn eh schon haben.
[the_ad id=“87862″]Kollege Peter Müller-Neff (FGL) hat eben von kontroversen Meinungen gesprochen, die „ja toll wären“. Klar wird es die geben, es wird sie auch in dem zusätzlichen Ausschuss geben und dann wird der eine Ausschuss gegen den anderen Ausschuss argumentieren und ausgespielt werden. D.h. es erfolgen dann da Abstimmungen und dort Gegenabstimmungen und am Ende haben wir nichts weiter als lange Diskussionen und erheblichen Zeitverlust. Dabei erfolgt doch die konkrete Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen weiterhin wie auch heute schon in den Fachämtern sowie bei unseren Beteiligungen, also bei den Stadtwerken und bei der WOBAK. Und wer den Maßnahmenkatalog aus der Klimaschutzstrategie, über den wir heute gar nicht diskutiert haben, ansieht, der weiß, die Zuständigkeiten sind bereits klar geregelt, also wer welche Maßnahmen umsetzen soll, wer die Verantwortung hat und wie das geht und wie die Fortschritte erfolgen und wie man das zu bewerten hat. Es ist alles da, wir haben das Werkzeug, um so etwas gut zu koordinieren und umzusetzen. Aber ein Klimadezernat müsste ja beweisen, dass es nicht überflüssig ist; das heißt, es müsste Themen generieren, Diskussionen generieren, wo es sich einmischen kann, wo es sich auch in andere Dezernate einmischen kann, wo es sich sogar auf der unteren Ebene der Sachbearbeiter einmischen wird. Kollege Müller-Neff hat vorhin ja auch Beispiele genannt, wo er es sich sogar wünschen würde – und das wird es dann auch geben.
Und allein die Zeit, die es braucht, um ein solches Dezernat zu etablieren und die Abläufe effizient zu gestalten, bringt Verzögerungen für den Klimaschutz, wie wir ihn doch eigentlich schon auf den Weg gebracht haben. Also es ist eher eine Verzögerung als eine Beschleunigung der Umsetzung zu erwarten, trotz der schönen Bilder, die in der Vorlage gemalt werden, wie das Schnellboot und ähnliches – das ist halt Marketing.
Also kurz: Klimaschutz hat bei uns in dieser Stadt genug Aufmerksamkeit, es braucht nicht auch noch einen Klimaschutzprediger im Bürgermeisterrang! Ein Klimadezernat wäre nicht nur eine teure Fehlinvestition, es wäre auch kontraproduktiv und würde die dringend nötige Umsetzung längst beschlossener Klimaschutzmaßnahmen weiter verzögern.
Wer also effektiven Klimaschutz will, muss gegen das Klimadezernat stimmen!
Eher wirksam ist da eine Amtslösung, und da können wir noch gut diskutieren, wo dieses am besten anzusiedeln ist.
Vielen Dank!
Dr. Jürgen Ruff
Text: Jürgen Ruff/red. Bild: Archiv.
Die SPD befürwortet ein agiles Management für ein – virtuelles – Klima-Dezernat der Stadt Konstanz.
Agile Teams arbeiten dabei vor allem interdisziplinär und flexibel an den Klima-Herausforderungen. Der zeitliche Rahmen ist beim agilen Management vorgegeben und wird in Iterationen oder Sprints unterteilt. Regelmäßiger Austausch und Prozessverbesserungen stehen daher an der Tagesordnung.
Das agile Management zeichnet sich durch eine hohe Verantwortung jedes Einzelnen aus. Deshalb präsentieren die Projektbeteiligten regelmäßig Zwischenergebnisse, um damit das Ende einer Iteration zu markieren und schnellere und flexiblere Nachbesserungen zu ermöglichen.
guter Artikel der SPD ! Bin nun gespannt auf den Artikel der LLK morgen ! Wird sicher besser. 😉