Auch in Konstanz: Protest gegen das diktatorische Mullah-Regime
(hr) Rund hundert Menschen demonstrierten vergangenen Samstag auf dem Konstanzer Münsterplatz gegen das Terror-Regime im Iran. In mehreren Beiträgen wurde zum Widerstand aufgerufen: „Freiheit für das iranische Volk, nieder mit den Mullahs!“ Hier die Hauptrede im Wortlaut. (Den Namen des Vortragenden nennen wir aus Sicherheitsgründen nicht, denn der iranische Geheimdienst ist auch in Europa aktiv).
Lieber Bürgerinnen und Bürger,
Seit der Revolution im Jahr 1979 herrscht im Iran ein islamisches Regime, das das Land nach der islamischen Scharia führt. Alleine mit dieser Vorstellung, im 21. Jahrhundert ein Volk nach der Scharia-Regelung vor 1400 Jahren zu regieren, ist verstörend. Das Regime schlägt brutal jegliche kritische Äußerung nieder. Es gibt während der Herrschaft dieses Regimes zahlreiche durch Menschenrechtorganisationen bestätigte und nachweisliche Menschenrechtsverletzungen. Im Iran finden jährlich hunderte Hinrichtungen statt, darunter viele wegen politischer Aktivitäten und Drogendelikten. Auch zur Tatzeit minderjährige Straftäter werden hingerichtet. Grausame Körperstrafen wie Amputationen, Blendungen und Auspeitschungen werden gerichtlich angeordnet und vollstreckt. Die Strafen werden teilweise öffentlich vollzogen. Fälle von Verschwindenlassen sind dokumentiert.
Journalisten/-innen, Regierungskritiker/innen und Menschenrechtsverteidiger/innen und Aktivisten/-innen werden oftmals willkürlich festgenommen und ohne faire Gerichtsverfahren verurteilt, wobei diese politischen Häftlinge im Gefängnis besonders häufig unter Folter, Misshandlungen und fehlender medizinischer Behandlung leiden. Die Gefängnisse sind stark überfüllt und verschiedene Kategorien von Inhaftierten werden nicht voneinander getrennt. Einige politische Gefangene sind deshalb in den Hungerstreik getreten. Meinungsäußerungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden von den Behörden stark eingeschränkt. Internetseiten von sozialen Medien werden zeitweise blockiert und kritische Medienbetriebe geschlossen. Friedliche Proteste werden unterdrückt. Sämtliche Initiativen für mehr Frauenrechte werden im Keim erstickt. Vor allem im Hinblick auf reproduktive und sexuelle Rechte drohen weitere Verschlechterungen. Kinder, Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten sehen sich ebenfalls sowohl durch die Gesetzgebung als auch in der Gesellschaft Diskriminierungen ausgesetzt.
Das iranische Volk hat seit der Revolution sich zur Wehr gesetzt und versucht, dagegen zu kämpfen. Es wurden aber solche Unternehmungen wieder und wieder niedergeschlagen. Im Jahr 1988 nach der Beendigung des Iran-Irak Kriegs wurden über 10 000 politische Gefangene, die vorher verurteilt wurden und in ihrer Haftstrafe saßen, einfach hingerichtet. In den Jahren 2008, 2016 und 2018 gab es Aufstände im ganzen Land, die niedergeschlagen wurden. Resultat: Etwa 1500 Todesopfer.
Seit dem Tod der jungen kurdischen Frau Mahsa Amini, demonstrieren viele Menschen im Iran und verlangen nicht nur Aufklärung über diesen Todesfall, sondern auch den Sturz des Regimes. Die 22-jährige Mahsa wurde am 13. September 2022 von der Sitten- und Religionspolizei des Landes festgenommen. Sie sei nach den Angaben der Polizei unangemessen gekleidet gewesen. Kurz darauf fiel sie ins Koma und verstarb am Freitag in einem Krankenhaus Die Religionspolizei patrouilliert in den Straßen des Landes, um unter anderem das Verhalten und die vorschriftsmäßige Kleidung von Frauen zu überwachen. Sie besitzt ebenfalls eine „Interne Abteilung“, die das Schmuggeln von Alkohol und anderen Drogen bekämpft. Laut ihrer Familie haben Polizisten Masha Amini zu Tode geprügelt. Nach der Verhaftung sei ihr Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung geführt habe. Die Klinik, in der Mahsa Amini behandelt wurde, hatte auf einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschrieben, dass sie bereits bei der Aufnahme am Dienstag hirntot gewesen sei. Solche Frauenfestnahmen wegen der Verschleierung oder der Bekleidung sind seit 43 Jahren im Iran alltäglich.
Die Menschen demonstrieren seit 14.09 solidarisch auf den Straßen im ganzen Land. Dieser Aufstand zeigt, wie die jungen Leute trotz der Gefahren für Leib und Leben mutig auf die Straße kommen und ihre Freiheit verlangen. Besonders ist aber dieses Mal die Führungsrolle der Frauen und ihr Kampfwille. “Jin, Jiyan, Azadî” – “Frauen, Leben, Freiheit”, „wir wollen das islamische Regime nicht“ skandierten die Demonstrierenden auf der Straßen. Wir nehmen aus Respekt unseren Hut für diesen ungleichen Kampf ab. In diesen Tagen liefern die Menschen im Gegenteil zum letzten Mal einen Straßenkampf mit Sicherheitskräften.
Seit dem Anfang dieser Demonstrationen wurden Medien zufolge bis heute über 36 Personen von den Sicherheitskräften umgebracht. Mehrere Frauen sind unter den Toten. Die Sicherheitskräfte erschießen die Menschen, zielen auf den Kopf oder an die Brust.
Wir haben uns heute versammelt, um unsere Solidarität mit dem Volk im Iran zum Ausdruck zu bringen. Wir unterstützen die Freiheitsbewegung und die Aufstände im Iran und wünschen dem iranischen Volk einen baldigen Sieg im Kampf gegen das diktatorische Regime.
Bilder: H. Reile