Jobangebot zur OB-Wahl: Südkurier sucht „Kreuzritter“
Wer kam im Südkurier-Verlag nur auf die geschäftsschädigende Idee, von Nichtabonnenten für die Online-Berichterstattung über die OB-Wahl 2,99 Euro zu verlangen? Lokalchef Jörg-Peter Rau oder Geschäftsführer Reiner Wiesner? Aber unverständlicher noch: Online kann darüber abgestimmt werden, wer von den KandidatInnen bei der Wahl gerade die Nase vorne hat. Der Manipulation sind dabei Tür und Tor geöffnet, wie ein Selbstversuch zeigt
Die Bezahlschranke von 2,99 Euro kann nur einer Krämerseele entsprungen sein, die in einem früheren Leben auf Kaffeefahrten Heizdecken oder Pulswärmer verhökert hat. Die Hoffnung auf zusätzlichen Reibach ging wohl grandios daneben. Erich Gropper, ehemaliger Südkurier-Lokalredakteur, vermutet in seinem Blog „dornroeschen“, dass nicht mal zwei Dutzend Interessierte sich für das Angebot entschieden haben. Lassen wir es einige wenige mehr sein, es bleibt ein Fiasko, über das die halbe Stadt lacht.
Der unlängst verstorbene Südkurier-Chefredakteur und langjährige Lokalchef Werner Schwarzwälder würde sich wohl im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was aus seiner Zeitung, und da vor allem aus dem Lokalteil, geworden ist. Und auch sein Nachfolger als Lokalchef, Tobias Engelsing, steht dem journalistischen Treiben seines ehemaligen Arbeitgebers ziemlich fassungslos gegenüber. Aber das ist bei Weitem nicht alles, was gestandene Zeitungsleute schier auf die Palme treibt.
Seit mehreren Wochen bietet die Lokalredaktion noch einen ganz besonderen Service an. Online dürfen die Nutzer darüber abstimmen, wer von den OB-KandidatInnen in der Gunst potentieller WählerInnen vorne liegt. Die Umfrage sei nicht repräsentativ, war mehrmals zu lesen, und Manipulationen seien nicht auszuschließen. Stimmt. Sagen wir es mal deutlich: Diese „Umfrage“ ist völliger Quark und dient bestenfalls der Leserbelustigung. Vergangene Woche lag erneut ein „Glühwürmchen“-Kandidat mit rund 50 Prozent an der Spitze, der sich schon glücklich schätzen darf, wenn er bei der Wahl am 1.Juli an die drei Prozent kommt. Hinter ihm andere Kandidaten aus der Grauzone mit Aussichten auf einen ähnchen Stimmenanteil.
Die Erklärung für diese hanebüchenen Ergebnisse ist simpel: Man kann abstimmen, so oft man will. Ich habe mir übers Wochenende den Spaß erlaubt, insgesamt 46 Mal meine Stimme zu vergeben. Kein Problem, klappt bestens und wird nachweiich auch registriert. So gerät der OB-Wahlkampfteil der Tageszeitung ein Stück weit zum Tummelplatz für Außenseiter mit viel Tagesfreizeit. Sie hocken am Rechner und machen im Minutenabstand ein Kreuz neben ihrem Namen.
Es soll sogar schon OB-Kandidaten geben, die modernen „Kreuzrittern“ fünf Euro die Stunde bieten, wenn sie rund um die Uhr für sie tätig werden. Der Südkurier ist als Medienpartner mit im Boot. Ernsthafte Bewerbungen mit Lebenslauf nimmt die Geschäftsstelle am Fischmarkt gerne entgegen. Für Nachfragen steht auch jederzeit Lokalchef Jörg-Peter Rau zur Verfügung. Es geht eben nichts über eine seriöse Tageszeitung und eine innovative Leser-Blatt-Bindung.
Autor: H.Reile
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Wer hat eigentlich so einen dilettantischen Zugangs“schutz“ installiert? Lächerlich!