Tourismus- und Klimaschutzabgabe lässt Zoff erwarten

Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) soll am Donnerstag als Ersatz für die bisherige Kurtaxe über eine neue Tourismus- und Klimaschutzabgabe (im Volksmund auch „Bettensteuer“ genannt) beraten, die das Konstanzer Beherbergungsgewerbe bei seinen Gästen einziehen und an die Stadt weiterleiten soll. Das verspricht einige erregte Diskussionen, denn es geht um Geld.

Der Zustand der städtischen Finanzen gibt zur Besorgnis Anlass wie selten, und die Stadtspitze schwört den Gemeinderat auf strikteste Sparmaßnahmen ein. Das Bodenseeforum, von der zukunftsträchtigen Kongresshaus-Milchkuh zur zuschussverschlingenden Daseinsnotwendigkeit umetikettiert, soll scheint’s ungeschoren bleiben, aber ansonsten steht so ziemlich alles zur Disposition, was so machen KonstanzerInnen, ihren Verwaltungsmenschen und auch den StadträtInnen lieb und teuer ist. Es ist zudem bald in vielen Bereichen ein allgemeines Hauen und Stechen zu erwarten, und in das Wehgeschrei gerade der etwas Bessergestellten werden sich bald auch geharnischte Protestnoten von Vereinen, Verbänden und anderen Institutionen mischen.

Am Ende werden sich vermutlich die Bürgerlichen und Großbürgerlichen durchsetzen, und es wird statt am pompösen Bodenseeforum und anderen Prestigeobjekten, bei denen bei Butterbrezel und Prosecco Networking betrieben werden kann, am Sozialen, der Bildung und der Kultur gespart. Sollen sie am Theater doch einfach keine Premieren mehr auf die Bühne bringen, soll das Orchester doch mal auf ein wenig Gehalt verzichten, um nicht aufgelöst und mit dem Orchester in Reutlingen verschmolzen zu werden; und dass Pflege und Kinderbetreuung in den Händen von Freiwilligen besser aufgehoben sind als in professionellen städtischen Pflegeeinrichtungen, das pfeifen die Spatzen eh seit langem von den nur allzu liberalen Dächern. „Es lebe das Ehrenamt“ ist die neue Devise, wenn’s ums Soziale geht. Und wenn die Kinder keinen Schwimmunterricht mehr kriegen, sind sie halt selbst schuld, wenn sie beim Baden im See ersaufen.

Zu den allerersten, die dran glauben sollen, zählt jetzt nach dessen eigenem Bekunden das Konstanzer Beherbergungsgewerbe, das bei seiner Kundschaft statt der bisherigen Kurtaxe eine neue, weit wohltönendere Abgabe einziehen soll. Dass das den Konstanzer Hotelliers ganz und gar nicht behagt, sondern von ihnen als existenzvernichtende Attacke auf die Stützen der Konstanzer Wirtschaft verstanden wird, wie sie in einem Brief, den seemoz hier veröffentlicht, beklagen, war nicht anders zu erwarten.

Doch worum geht es dabei? In der Vorlage für die Sitzung des HFA heißt es, man wolle eine „Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Konstanz einzuführen und den Steuersatz auf 5,6 vom Hundert des Bruttoübernachtungspreises festzusetzen und im Gegenzug die Erhebung einer Kurtaxe“ einstellen. Dass das Ding nicht „Steuer“ heißen soll, ist verständlich, denn dieser Begriff stimmt den Zahlungsverpflichteten missmutig, und gerade der Tourist soll ja frohen Mutes an den Bodensee eilen. Die ganze Angelegenheit ist aber aufgrund verschiedener Gerichtsurteile und rechtlicher Bedenken derart kompliziert, dass sie bereits zum zweiten Mal vor den HFA kommt, ehe dann eines Tages der Gemeinderat darüber befinden wird.

Wie hoch soll die Bettensteuer (die übrigens aus juristischen Erwägungen auch Schwerbehinderte zu entrichten haben) ausfallen? „Der Steuersatz von 5,6 vom Hundert auf Bruttobetrag entspricht bei der aktuellen Umsatzsteuer für Übernachtungen den vorgeschlagenen 6 Vom Hundert auf Nettobetrag“, so die Verwaltung.

Der Charme an der neuen Tourismus- und Klimaschutzabgabe: Es bleibt der Stadt mehr netto vom brutto: „Die aktuellen Einnahmen aus der Kurtaxe belaufen sich bei 900.000 Übernachtungen, davon rund 790.000 kurtaxenpflichtige Übernachtungen, auf rund 1,975 Mio. €. Wie bereits erwähnt sind diese Einnahmen zu versteuern, was zu Ausgaben in Höhe von rund € 310.000,- führt. Die Nettoeinnahmen betragen folglich rund € 1,665 Mio. Eine Erhöhung der Kurtaxe um € 0,50 würden zu Nettomehreinnahmen von rund € 325.000,- führen.“

Wenn man jetzt aber statt der Kurtaxe eine als „Tourismus- und Klimaschutzabgabe“ aufgehübschte Aufwandsteuer erhebt, „entfällt die o.g. Besteuerung der Einnahmen. Zugleich besteht nach geänderter Rechtsprechung auch die Möglichkeit, beruflich veranlasste Übernachtungen zu besteuern. Der durchschnittliche Bruttoübernachtungspreis liegt bei € 65,- pro Person. Bei Ansatz von 900.000 steuerpflichtigen Übernachtungen und einem Steuersatz von 5,6 vom Hundert ergäben sich geschätzte Einnahmen von rund € 3,27 Mio. zuzüglich o.g. steuerbasierter Minderausgaben.“

Die Zauberformel: Mehr Steuerpflichtige plus geringere eigene Steuern ist gleich mehr Zaster für die Stadt. Und das Beste dran: Bezahlen sollen’s die Auswärtigen.

Allerdings hat die Hotellerie erhebliche Zweifel daran, dass die Auswärtigen auch weiterhin nach Konstanz strömen werden, wenn man sie hier derart offensichtlich schröpft. Allerdings darf man auch gar nicht versprechen, das Geld tatsächlich für Tourismus und Klimaschutz auszugeben, wie der Name der Steuer ja eigentlich nahelegt: „Es ist beabsichtigt, die bisherige Gästekarte beizubehalten und hinsichtlich des Geltungsbereiches auszuweiten. Entsprechende Verhandlungen zwischen MTK, Stadtverwaltung und beteiligter Nahverkehrsunternehmen laufen bereits. Damit soll auch die Nachhaltigkeit des Tourismus gefördert werden. Eine Aufnahme dieser Förderung in die Satzung erscheint rechtlich kritisch. Steuern sind Kraft Gesetzes so definiert, dass es keine Gegenleistung hierfür gibt und dass sie in den allgemeinen Topf fließen. Folglich sind sie nicht zweckgebunden und die Bindung an einen Zweck bietet eine rechtliche Anfechtungsmöglichkeit.“

Der einzige Wermutstropfen: Die Verwaltung benötigt mindestens eine halbe neue Stelle, aber auch die ist bei den Mehreinnahmen wohl locker drin.

Also immer rein damit ins notleidende Stadtsäckel. Wie auch immer das Kind am Ende heißt: Es bleibt auf jeden Fall genug hängen, um damit die Verluste des Bodenseeforums auszugleichen und vielleicht noch ein paar PR-Maßnahmen zu finanzieren.

Text & Symbolbild: O. Pugliese