Die Lust der Schnäppchenjäger und der Frust der Arbeitslosen
Ende Juni ist Schluss. Dann schließen auch die letzten Schlecker-Filialen auch rund um den Bodensee. Doch während sich Schnäppchenjäger bei Preisnachlässen von bis zu 70 Prozent als Leichenflederer betätigen, sind Arbeitsplatz-Experten längst auf der Suche nach neuer Beschäftigung für die 86 betroffenen Schlecker-Frauen im Bereich der Arbeitsagentur Konstanz. Und es sieht nicht einmal schlecht aus, wie Roland Träger weiß.
„Wie schon bei der ersten Kündigungswelle im Frühjahr sind wir sicher, auch dieses Mal mindestens die Hälfte der gekündigten Frauen wieder im Einzelhandel unterbringen zu können“, sagt Roland Träger, Einzelhandelsbetreuer bei der Agentur für Arbeit in Konstanz, die auch für die Bezirke Singen, Stockach und Überlingen zuständig ist. „Nur müssen sich die Betroffenen rechtzeitig bei uns melden – die wenigsten Schlecker-Frauen haben das bisher gemacht“.
Doch die rechtzeitige Meldung ist wichtig. Denn die persönliche und frühzeitige Arbeitslosmeldung ist nicht nur unverzichtbare Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld, sondern hilft auch bei der zügigen Vermittlung eines neuen Arbeitsplatzes. Die Meldung der Arbeitslosigkeit muss spätestens am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit vor Ort erfolgen. Sie kann aber auch bis zu drei Monate vor dem zu erwartenden Jobverlust passieren. Dazu rät Roland Träger: „Je frühzeitiger wir vom Arbeitsplatzverlust erfahren, umso wirkungsvoller können wir helfen“.
Dabei denkt er nicht nur an die Vermittlung neuer Arbeitsplätze anderswo im Einzelhandel. So sind auch, wie in der vergangenen Woche bereits in Ravensburg, besondere „Schlecker-Tage“ geplant, an denen die Betroffenen in den Räumen der Agentur für Arbeit ausführlich informiert und beraten werden sollen. „Auch für weiter reichende Planungen wie individuelle Weiterbildungs- oder sonstige Qualifizierungsmaßnahmen ist eine solche Vorlaufzeit wichtig“, weiß Träger aus langer Erfahrung.
Zwar sind in dieser zweiten Kündigungswelle bei Schlecker mit 86 Arbeitnehmerinnen doppelt so viele betroffen wie während der ersten Kündigung im Frühjahr, dennoch ist Träger gedämpft optimistisch: „Am Bodensee gibt es keine Ballung der Schlecker-Filialen wie in den Großstädten. Höchstens in rein ländlichen Gebieten im Hinterland wird es mit der Vermittlung neuer Arbeitsplätze einige Probleme geben, vor allem, wenn die Arbeitsplatzsuchenden auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind“.
Und während die Schnäppchenjäger unter den Kunden die letzten Schlecker-Filialen stürmen, um in den Genuss der Preisnachlässe im Ausverkauf zu kommen (manchenorts hat das schon Züge von Leichenfledderei), bangen die Schlecker-Frauen um einen neuen Arbeitsplatz. Doch dank solcher Experten wie Roland Träger wird auch daran schon gearbeitet.
Autor: hpk